Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Thomas Pröpper: Gottes Freundschaft suchen

Mit der zweibändigen „Theologischen Anthropologie“ (2011) legte der Münsteraner Dogmatiker und Fundamentaltheologe Thomas Pröpper (1941–2015) ein Opus Magnum vor. Ein kapitales Stück theologischer Reflexion, das freilich ob seines Umfangs und seiner Gelehrsamkeit den Nichtfachmann zu entmutigen vermag. Umso dankbarer kann sich der Leser jetzt Pröppers Gedanken nähern, die in einem von seinem Professorenkollegen und Freund Klaus Müller herausgegebenen und eingeleiteten Predigtband zu finden sind. Es sind knapp 60 Predigten, die Pröpper in der Münsteraner Dominikanerkirche St. Joseph vor der Katholischen Universitätsgemeinde gehalten hat – Predigten, die auf ihre Art die fundamentale Kunde vom Menschen und der christlichen Hoffnung ausbuchstabieren. „Wir alle sind Geistliche“, so der Titel...

Klaus Viertbauer / Heinrich Schmidinger (Hg.): Glauben denken

Das junge Christentum hat sich primär als eine Philosophie verstanden, und zwar im antiken Verständnis von Erkenntnislehre und Lebensführung. In diesem Sinn hat es sich als eine Alternative zu den philosophischen Schulen der Zeit präsentiert. „Ich zeige euch jetzt noch einen anderen Weg, einen, der alles übersteigt“, ist bei Paulus an prominenter Stelle zu lesen – im Einleitungssatz zum Hohelied der Liebe in 1 Korinther 12,31b. Mit der Verchristlichung der Gesellschaft ist dieser Weg dann alternativlos geworden. Erst aus dieser religiös-politischen Einheit heraus hat seit dem Mittelalter die Philosophie im Westen zunehmend ihre eigene Autonomie gegenüber der Theologie gewonnen – ohne dabei zunächst ihre Ancilla-Funktion zu verlieren, nämlich die Vernünftigkeit des Glaubens zu belegen. „Rec...

Martin Schleske: Herztöne

„Der Ton der Musik ist nicht wie der Ton des Wortes dem Schweigen entgegengesetzt, er ist dem Schweigen parallel. (…) Musik ist Schweigen, das, träumend, anfängt zu tönen.“ Mit diesen Worten von Max Picard ließe sich auch die Intonation des vorliegenden Buches beschreiben. Nach Der Klang. Vom unerhörten Sinn des Lebens (2010) und Klangbilder. Werkstattgedanken (2011), nähert sich Martin Schleske, Geigenbauer und diplomierter Physikingenieur, mit Herztöne. Lauschen auf den Klang des Lebens (2016) erneut den wechselvollen Rhythmen von Handwerk und geistlicher Lebenskunst. In acht Kapiteln, die wie symphonische Sätze abwechslungsreich und spielerisch ein Motiv aufgreifen und variieren, nimmt Schleske den Leser bei der Hand und führt ihn in sein Atelier, das ihm Arbeits-, Klang- und Gebetsraum...

Dionysius Areopagita: Über alles Licht erhaben

Dass die Athener Mission des Apostels Paulus nicht folgenlos blieb, davon berichtet die Apostelgeschichte (Apg 17, 34) „Einige Männer aber schlossen sich an und wurden gläubig, unter ihnen auch Dionysius, der Areopagit“. Es war dieser neutestamentliche Konvertit, dem in der mittelalterlichen Theologie und Philosophie als Autor von vier prägnanten Texten größte Autorität zugesprochen wurde: Dionysius Areopagita.

Seine auf Griechisch verfassten Schriften wurden zunächst von der östlichen Christenheit rezipiert und verbreiteten sich als Übersetzungen ins Syrische, Altgeorgische und Kirchenslavische; sie gelangten um die Mitte des 9. Jahrhunderts durch die erste vollständige lateinische Übertragung des Corpus Dionysiacum (Hilduin, Johannes Scotus Eriugena) auch in den Westen und avancierten...

Jan Assmann: Das Oratorium Israel in Egypt von Georg Friedrich Händel

Während der evangelische Theologe Notger Slenczka im vergangenen Jahr den Vorschlag geäußert hat, das Alte Testament aus dem biblischen Kanon zu entfernen, zeigt der Ägyptologe Jan Assmann in immer neuen Anläufen, welch breite Wirkungsgeschichte der alttestamentliche Exodusmythos nicht nur religions-, sondern auch kultur- und individualgeschichtlich entfaltet hat. In seinem großen Werk „Exodus“ (vgl. Eulenfisch 15, 119–123) hat er dies u.a. an Arnold Schönberg, Sigmund Freud und Thomas Mann verdeutlicht, für die jeweils der Blick auf Israel in Ägypten ein identitätsbildendes Schema bereitstellte, um ihre Situation im politischen Exil zu verarbeiten. Dieser gedächtnisgeschichtliche Zugang zum Exodusmythos ist als solcher weniger von dem Wunsch geleitet, historisch zu klären, was es mit dem...

Stefan Knobloch: Lebenszeichen

Es gibt einen Strudel, in den muss man geraten, um etwas zu schaffen: das Nachtmärchen zum Eindämmern, der tolle Run bei der Mathearbeit, das Musiküben ohne Päuschen. Es trägt einen dann. Und der Strudel garantiert, dass ich an der Sache bleibe, nicht abgelenkt werde. Ich werde immer präziser in dem, was ich will. Wer einen solchen Elan erlebt, entdeckt eine Struktur, einen Code und lernt hoffentlich eine Aufmerksamkeit.

Wir befinden uns hier am Arbeitsplatz von Lehrern. Was hier passiert, ist kein Einzelereignis, kein Super-Event, sondern tagtägliche Übung der Lebendigkeit, geradezu ein Ritual. Entdeckt wird, was jetzt dran ist und was das Ding (der Schlaf, die Logik, die Musik) mir wirklich zeigen kann und will. Und jeder Lehrer weiß: Solche Aufmerksamkeit fällt nicht von Himmel, das...

Julia Knop / Magnus Lerch / Bernd J. Claret (Hg.): Die Wahrheit ist Person

Leser sind Austernfischer. Sie durchwühlen schwarzen Wörter-Schlick nach harten Bedeutungen, brechen manches auf und finden nur selten Sinn. Und freuen sich, selbst wenn die Perle nur aus einem kleinen Artikel, nicht einmal einem Originalartikel besteht. Das ist der Fall von „Gestorben für unsere Sünden – Stellvertretung ohne Sühnetod?“ von Hansjürgen Verweyen, eine Serie von klaren Fragen und überzeugenden Antworten der historischen, spirituellen und dogmatischen Art. Es geht um die Frage, ob Jesu freiwillig ertragene Hinrichtung geschuldete Ersatzleistung für das Versagen der Menschen war. Das Antworten geschieht differenziert: Zuerst wird an Texten gezeigt, dass dieses Ersatz-Modell tatsächlich vorhandene Probleme löste, dann wird gezeigt, welche weitertragende Geschichte der...

Eugen Drewermann: Jan Hus im Feuer Gottes

Das Buch beinhaltet ein ausführliches und facettenreiches Gespräch Jürgens Hoerens mit dem Kirchenkritiker Eugen Drewermann. Es ist besonders hilfreich, dass der Gesprächsband anlässlich des Gedenkjahres zum 600. Todestag von Jan Hus erschienen ist. Übersichten im Anhang des Buches zur Biografie von Jan Hus und zur zeitgeschichtlichen Situation im Kontext des Konstanzer Konzils bieten eine anschauliche Orientierung für alle, die mehr wissen und darüber diskutieren möchten.

Wie bei ähnlichen Gesprächsbänden Drewermanns auch liest der Dialog sich leicht. Komplexe historische und theologische Sachverhalte sind verständlich dargeboten und existentiell vertieft. Dadurch regt die Darstellung zur persönlichen historischen und theologischen Beschäftigung mit den aufgeworfenen Fragen an.

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