Der Eulenfisch bestreitet bekanntlich seinen Stoffwechsel
mit den Grundnahrungsmitteln Glaube und
Vernunft. Offenbar verfügt er außerdem über ein beachtliches
Riechorgan. Er hält die Nase in den Wind,
und schon ist sein Thema auf der Tagesordnung der
aktuellen Debatte: Religionsfreiheit.
Freiheit ist wahrlich ein Stichwort, besonders für
den Religionsunterricht. Als res mixta zwischen Staat
und Kirche braucht er Freiheit für sich selbst. Anno
2008 hatte unser damals frisch eingeführter Bischof
Franz-Peter seine Position zum Religionsunterricht
am „Tag der Religionspädagogik“ in einem viel beachteten
Vortrag entfaltet. Als erster deutscher Bischof
formuliert er in eingehender Würdigung aktueller pädagogischer
Veränderungen seine Erwartungen an den
Religionsunterricht: Auf die Inhalte kommt es an! Gerade
weil der Staat kein Mandat in Religionsdingen
hat, sind die Religionsgemeinschaften weitgehend frei,
diese Inhalte einzutragen. Wir freuen uns, dass diese
Rede zum Starter einer neuen Schriftenreihe gewählt
wurde.
Religionsfreiheit ist ein Kerngedanke, der hinter Art.
7 Abs. 3 des Grundgesetzes steht. In wünschenswerter
Klarheit hat Heinz-Wilhelm Brockmann, Staatssekretär
im Hessischen Kultusministerium, ein Jahr später
seine Sicht des Faches – geradezu komplementär zum
Votum des Bischofs – von staatlicher Seite dargelegt.
Er macht klar, wie wichtig religiöse Bildung auch aus
gesellschaftlicher Perspektive ist. Wir dokumentieren
seine Rede in diesem Heft.
Zum 5ojährigen Jubiläum des Limburger Kreuzfestes
hat Verfassungsrichter Udo di Fabio sich in die aktuelle
Debatte um Religionsfreiheit eingeschaltet. Er wendet
sich gegen einen Trend in der Rechtswissenschaft,
der das Individuum und seine Freiheiten wie einen
archimedischen Punkt behandelt, nach dem sich alle
anderen Rechtsgüter und öffentlichen Werte zu richten
haben. So macht sich derzeit in fast allen Parteien
ein Denken breit, das religiöse Symbole und religiöse
Feiertage aus dem öffentlichen Raum herausdrängen
will. Da bezieht man sich auf den „weltanschaulich
neutralen Staat“. Offensichtlich befördert der religiöse
Pluralismus den Gedanken, der Staat müsse gleichen
Abstand zu allen Religionen halten, und wenn die Moslems
bestimmte Voraussetzungen für die Kooperation
nicht erfüllen, müsse aus Gründen der Gleichbehandlung ebenso über die Stellung der Kirchen neu nachgedacht
werden. Aber ist Religion gleich Religion?
Für den Religionsunterricht heißt ein großes Pensum:
Wie gehe ich mit religiösen Differenzen um? Wer
im Leben und Sterben auf Jesus – den Weg, die Wahrheit
und das Leben – setzt, wie kann der mit konkurrierenden
Wahrheitsansprüchen verfahren? Die ganz
großen Begriffe gravitieren auf einen gemeinsamen
Glutkern hin: „Was ist Wahrheit?“ Für Christen ist die
Pilatusfrage beantwortbar; ihre Wahrheit heißt Liebe.
Und was wäre das für eine Liebe, die ihrem Gegenüber
die Freiheit vorenthielte?
Auf dem II. Vatikanischen Konzil war Religionsfreiheit
ein großes Thema und ein Glanzpunkt in der kirchlichen
Lehrentwicklung. Wir dokumentieren Robert
Spaemanns Kommentar zur Konzilserklärung. Sein
Plädoyer für einen legitimen Wandel der Lehre schärft
nicht nur unser Verhältnis zur doktrinalen Tradition,
es liefert dem Schulmeister einen starken Text für den
Unterricht in der Sekundarstufe II.
Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. In der Diskussion
um Moscheebau und um islamischen Religionsunterricht
taucht immer wieder die Frage auf, wie
es denn mit der Religionsfreiheit der bedrängten und
oft genug verfolgten Christen in den mehrheitlich muslimischen
Ländern bestellt sei. Religionsfreiheit ist
unteilbar. Wir schulden den verfolgten Christen jede
mögliche Unterstützung. Sie kann darin bestehen, dass
wir muslimische Mitbürger hierzulande bitten, sich in
ihren Herkunftsländern für die Freiheit der Christen
einzusetzen. „Die Christen glauben an die Wahrheit ihrer
Religion und sie glauben an die Freiheit. Wie wäre
es, wenn man den Christen in der Türkei und anderswo
dieselben Freiheiten gewährte?“ Eine Bedingung
für die Gewährung von Religionsfreiheit hierzulande
kann dies aber nicht sein. Politische Reziprozität würde
hinter den eigenen Anspruch zurückfallen, denn ein
Menschenrecht wird nicht gewährt oder vorenthalten,
es ist gleichsam angeboren. Freiheit schöner Gottesfunke...