Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Alois Prinz: Teresa von Ávila

Die Biographie

In den Morgenstunden des 14. Mai 1569 wurden zwei alte Frauen, die in einem der verschachtelten Häuser des ehemaligen Judenviertels von Toledo lebten, von dumpfen Hammerschlägen aus dem Schlaf gerissen. Schlimmer noch, nach einer Weile brach eine Mauer zusammen und durch das Mauerloch stiegen verstaubte schwarze Gestalten und ein Mann. „Es war Teresa mit zwei Schwestern und einem Handwerker. Sie hatte wieder eine ihrer überraschenden Hausbesetzungen durchgeführt.“

Man mag diese Szene, die sich in der Teresa von Ávila-Biographie von Alois Prinz findet, aber letztlich auf Teresas „Buch der Gründungen“ zurückgeht, für so frivol wie charakteristisch halten. Frivol, weil sie so gar nicht den üblichen Vorstellungen von einer Heiligen, einer Kirchenlehrerin und Mystikerin entspricht. Charakteristisch, weil Teresa, wie der Leser in weiten Teilen der Biographie entdecken kann, alles andere als das beschauliche Leben einer mystisch begabten Ordensschwester führte. Sie war vielmehr eine höchst komplexe, unruhige Persönlichkeit, eine nie verzagende Madre Fundadora vor allem, eine „Mutter Gründerin“, die dafür sorgte, dass „ihre“ Reform des Karmelitenordens nicht an den Widerständen der in jeder Hinsicht dominierenden Männerwelt scheiterte. Mit dieser Dominanz hatte wohl schon ihr Ordenseintritt im Jahre 1535 zu tun. Denn in der spanischen Gesellschaft des 16. Jahrhunderts, in der sich so vieles um „reines Blut“ und um „Ehre“ drehte, gab es für eine junge Frau nur die Option, „standesgemäß“ zu heiraten, oder in ein Kloster zu gehen. Das traurige Schicksal ihrer Mutter vor Augen, entschied sich Teresa für das Kloster, auch wenn diese Option ihren „natürlichen Neigungen“ (A. Prinz) widerstrebte. Die Folge waren Ohnmachtsanfälle, Lähmungen, „Schmerzen in der Brust“ – langandauernde Leiden, die man heute wohl als psychosomatisch bezeichnen würde. Von allerlei Krankheiten blieb Teresa ihr Leben lang geplagt, ihr „Mut gegen sich selbst“ führte aber nach und nach zu spirituellen Entdeckungen, die nicht nur ihr eigenes Leben in der Tiefe veränderten, die sie vielmehr auch zu einer Ordensreformerin und Verfasserin von epochalen geistlichen Werken machten.

Über diese Entdeckungen und ihre Folgen informiert die Biographie von Alois Prinz auf eine anschauliche, gut lesbare und in großen Teilen gar spannende Weise. Denn Teresas Anliegen, in die eingefahrenen Klosterwelten einen frischen Wind hineinzutragen, das klösterliche Leben von Formalismen zu befreien und es auf die Begegnung mit Christus zu zentrieren, war permanent der Gefahr des Scheiterns ausgesetzt. „Die Schwierigkeiten nahmen kein Ende“, so ein vielfach variierter Satz in dieser Biographie. Wer von diesen Schwierigkeiten und noch mehr von den Erfolgen der Frau aus Ávila Genaueres erfahren möchte, der greife zu diesem Buch. 

Und vielleicht ergibt sich daraus auch die Motivation, in Teresas eigene Werke, in „Das Buch meines Lebens“ oder in „Die Wohnungen der inneren Burg“, hineinzuschauen. Des 500. Geburtstages von Teresa in diesem Jahr wäre auf diese Weise würdig gedacht.
 

Berlin: Insel Verlag. 2014
276 Seiten mit Abb.
29,90 €
ISBN 978-3-458-17618-3

 

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