Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Thomas Meyer: Hannah Arendt. Die Biografie

„Hannah ist der einzige Mensch, den ich habe denken sehen," sagte die amerikanische Schriftstellerin Mary McCarthy in ihrer Totenrede auf Hannah Arendt im Dezember 1975 in New York. Sie erinnerte sich an Arendts Augen, als ob Strahlen der Intelligenz aus ihnen hervorgingen, die aber auch gedankliche Tiefe verbargen. In Hannah, so McCarthy, lag etwas Unergründliches, das sich in den spiegelnden Tiefen dieser Augen zu verbergen schien.

Hannah Arendt erscheint als prägende Figur des letzten Jahrhunderts und steht für vieles: Philosophie, Politik, Menschlichkeit, Freiheit und Verantwortung. Doch Arendt war mehr als nur diese großen Begriffe. Thomas Meyer unternimmt auf gut fünfhundert Seiten den Versuch, das Gesamtbild dieser Denkerin zu verfassen. Wer sich auf seine Darstellung einlässt,...

Konfuzius: Gespräche. Neu übersetzt und kommentiert von Hans van Ess

Hans van Ess, Professor für Sinologie an der LMU München, legt mit diesem Buch eine Neuübersetzung des am zweithäufigsten übersetzten chinesischen Buches vor: der „Gespräche“ (Lunyu) des Konfuzius. Eine solche sei aus mehreren Gründen geboten: Zum einen seien die Übersetzer „bis zum 2. Weltkrieg fast durchweg christliche Missionare“ gewesen, weshalb damit eine – nicht zutreffende – „christliche, zum Teil humanistische Begrifflichkeit“ bis in die heutige Zeit vorherrsche. Zum anderen lieferten die neueren Übersetzungen „fast ausnahmslos keine wirklich neuen Erkenntnisse“, sondern spiegelten vielmehr die „persönlichen Vorlieben der Übersetzer“ wider. Überdies sei Lunyu – entgegen der bisherigen Annahme – kein „aus weitgehend unzusammenhängenden Sentenzen“ bestehendes Werk, sondern bis ins...

Catrin Misselhorn: Künstliche Intelligenz – das Ende der Kunst?

Das Ende der Kunst wäre eingeläutet, wenn entweder der Künstler als Urheber eines Kunstwerkes obsolet wäre, weil eine maschinelle Intelligenz an seiner statt Objekte hervorbrächte, die von Menschen als Kunst rezipiert würden, oder die Bedeutung von Kunst sich erschöpft hätte, weil Künstler letzte Bilder geschaffen hätten, über die hinaus keine weiteren von Bedeutsamkeit geschaffen werden könnten (Kasimir Malewitsch, Ad Reinhardt, u.a.), oder ein technisch erzeugtes Bild wie eine Photographie das künstlerisch geschaffene bei weitem überträfe oder die Kunst als „Magd“ der Philosophie letztlich dieser die Deutung der Welt allein überlassen müsste (Hegel).

Mit Arthur C. Danto definiert Catrin Misselhorn Kunst als Weltdeutung in Form einer Metapher, die eine Bedeutung transportiere, die sich...

Manuel Trummer: Highway to Hell. Das Satanische im Heavy Metal

Wie die beiden ersten Bände der noch recht jungen Reihe „Metalbook” hebt sich die Veröffentlichung Manuel Trummers bereits durch die äußere Gestaltung angenehm von der sonst im Kohlhammer Verlag üblichen Optik ab. Gleichermaßen hinterlässt das für den Umfang handlich gewählte Format des Buchs einen positiven Eindruck. Es ist ein Buch, das man gerne zur Hand nimmt.

Mit „When Monsters roar and Angels sing” von Hartmut Rosa gelang der Reihe ein äußerst beachtenswerter Auftakt (siehe Rezension von Alexander Schüller in EULENFISCH Literatur 01_2024), der eine gewisse Erwartungshaltung an das vorliegende Werk erzeugt. Mit Blick auf den Klappentext erfährt diese noch eine Steigerung: In „Highway to Hell” befasst sich der Verfasser auf knapp 160 Seiten mit der für die Ideologie und Ästhetik der...

Raphaela Brüggenthies: „Heilge Schwelle“ Der frühe Heine – ein jüdisch-christliches Itinerarium

Wenn man lesend den Kosmos Heinrich Heines (1797-1856) betritt, nähert man sich gleich zwei Welten: einmal der eines der herausforderndsten deutschsprachigen Dichter seiner Epoche, darin ganz und gar individuell und einzigartig; gleichzeitig aber auch dem Leben einer repräsentativen Gestalt, hin- und hergerissen zwischen den Welten des ererbten Judentums und der durch Konversion erschlossenen Welt des (evangelisch geprägten) Christentums.

Dass Heines Konversion kaum einer wirklich religiösen Überzeugung entsprochen hatte, dass er sie umgehend bereuen und später herunterspielen würde, das war bekannt. Auch, dass diese Taufe ihm primär als billet d’entrée zur kulturellen Zugehörigkeit dienen sollte – eine Wunschvorstellung, die sich nicht erfüllen würde –, gehörte zum Allgemeinwissen über...

Cornelia Franz: Goldene Steine. Roman

Im Januar 2024, in dem Jahr, in dem das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 75 Jahre alt wird und das seit seiner Verabschiedung die Grundlage dafür bildet, dass in diesem Land nach dem Zweiten Weltkrieg und den Gräueltaten der Nationalsozialisten das Leben in Freiheit und Würde möglich ist, erscheint der Jugendroman „Goldene Steine“ von Cornelia Franz.

Der Jugendroman erzählt die Geschichte von Yara (13), Leon (14) und Nikolai (15), die sich zufällig begegnen und die infolge antisemitisch bedingter Konfrontationen mit Rechtsradikalen und deren Auswirkungen eine besondere Freundschaft zueinander entwickeln. Ein verbindendes Element zwischen den Dreien, die in völlig verschiedenen Familiensituationen leben, stellt die unterschiedlich bedingte Einsamkeit in ihren Familien dar und das...

Dietmar Mieth: Ketzerflammen in Paris. Marguerite Porete, Meister Eckhard und die Intrigen der Inquisition. Roman

Meister Eckhart ist in aller Munde, die Begine Marguerite Porete und ihr damaliger Bestseller „Der Spiegel der einfachen Seelen“ stehen dagegen immer noch im Schatten; die historischen und spirituellen Kontexte beider sind nur Fachleuten bekannt. Diesem Notstand hilft dieses originelle Buch ab, informativ und unterhaltsam, nicht ganz leicht zu lesen, weil mit viel Basisinformationen gefüllt, aber im Verlauf immer spannender und sehr ergiebig. Wer Meister Eckharts Denken historisch genauer verstehen will, erfährt viel Neues; und die ekstatische Geist- und Freiheitsmystik der Begine ist allererst noch zu entdecken.

Etienne, der Sohn des Bürgermeisters und Polizeichefs von Paris, als Leutnant in Armee und bei Hofe bestens vernetzt, ist inzwischen als Zisterziensermönch in Südfrankreich...

Simone Hirth: Malus. Roman

Das Unheil springt die Leser schon zu Beginn des Romans mit dem Titel „Malus" an und beschleicht sie von Seite zu Seite mit zunehmend düsterer Ahnung.

Verfremdend erzählt wird jene auf den alttestamentlichen Sündenfall zurückgreifende Geschichte von Adam und Eva, die mit einem Mord endet. Inhalt ist nicht der von Kain verübte Mord an seinem Bruder Abel. In dieser Erzählung wird Eva von ihrem Mann Adam getötet. Da Eva gegen das ausdrückliche Verzehrverbot Gottes die Frucht vom Baum der Erkenntnis genoss, ist Adams Verhältnis zu ihr zerrüttet. Er betrachtet sich von ihr zum Sündenfall genötigt und bemitleidet sich in seiner ihm lieb gewordenen Opferrolle. Eva ihrerseits konnte, durch die Einflüsterungen Satans neugierig geworden, der Verheißung nicht widerstehen, nach dem Verzehr der...