Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Jehoschua Ahrens: Mit der Tora durch das Jahr

Bereits in der Einleitung legt der Autor dar, dass die jüdische Auslegung der Tora äußerst flexibel und vielfältig sei und es deshalb kein „richtig oder falsch“ gebe. Auch werde sie niemals als alleinstehender Text gelesen, sondern immer im „Spiegel“ der rabbinischen Literatur. Das Buch macht zudem deutlich, dass die Tora auch heute noch in die Gegenwart hineinwirkt und den Menschen Orientierung geben kann. Die Tora, die fünf Bücher Mose, wird im Laufe eines Jahres gelesen. Sie ist in 54 Parschiot (Wochenabschnitte) eingeteilt. Jeder Parascha (Sg.) wird eine Kurzzusammenfassung vorausgestellt, an die sich die Exegese anschließt.

In der ersten Parascha „Bereschit“ (Gen 1,1–6,8) behandelt der Autor gleich ein sehr diffiziles Thema, um das sich schon viele Religionsphilosophen bemüht haben,...

Michael Fishbane: Einstimmung auf das Heilige. Eine jüdische Theologie

Vom 3. bis 4. November 2019 gab es in Berlin eine gemeinsame Fachtagung der Deutschen Bischofskonferenz mit der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD). Im Laufe der Tagung kristallisierte sich immer mehr heraus, dass das jeweilige Verständnis von Theologie, ihren Methoden und ihren Gegenständen unterschiedlich ist. Leider konnte dieser Thematik aus Zeitgründen nicht mehr vertieft nachgegangen werden; sie ist aber weiterhin ein zentraler Diskussionspunkt im jüdisch-christlichen Dialog in Deutschland, der aber bisher wenig bearbeitet wurde. Von daher ist Michael Fishbanes Buch „Einstimmung auf das Heilige – Eine jüdische Theologie“ ein Glücksfall, der konstruktiv von christlicher Seite aufgenommen werden sollte. Wie die Einleitung von Markus Krah zeigt, sind im nordamerikanischen...

Peter Schäfer: Das aschkenasische Judentum

Innerhalb weniger Jahre erscheint mit Peter Schäfers epochaler Arbeit im deutschsprachigen Raum die zweite große Monographie zur Geschichte des Judentums, diesmal in der renommierten neuen Historiensammlung der Gerda Henkel Stiftung beim Beck Verlag, wo schon Jill Lepores „Geschichte Amerikas“ und Jürgen Osterhammels „Geschichte des 19. Jahrhunderts“ erschienen sind. Während Martin Großmann auf 750 Seiten 4.000 Jahre jüdische Weltgeschichte bearbeitet, konzentriert sich der namhafte Judaist und ehemalige Leiter des „Jüdischen Museums Berlin“, Peter Schäfer, auf die Aschkenas, also den Teil des europäischen Judentums, dessen Kultur inklusive seiner inzwischen weltweit verbreiteten Sprache – Jiddisch – im Römischen Reich Deutscher Nation bereits in der Antike entstanden, seinen Schwerpunkt...

Judith Koelemeijer: Mit dem ganzen Herzen. Das furchtlose Leben der Etty Hillesum 1914-1943

Vor fünfzig Jahren hörte ich das erste Mal von Etty Hillesum: Der hellsichtige Religionspädagoge Hubertus Halbfas hatte ihre Sätze zitiert, Gott könne uns nicht helfen und wir müssten endlich ihm helfen und ihm einen Unterschlupf bei uns verschaffen, dann würden wir auch uns selbst helfen. Inzwischen sind diese Sätze aus ihrem großartigen Tagebuch (jüngst erst ungekürzt auf Deutsch erschienen) viel zitiert. Aber erst aus dieser mitreißenden Biographie wird richtig plastisch, in welchem Kontext diese Sätze geschrieben wurden, nämlich angesichts einer weiteren bösen Eskalationsstufe von Nazi-Gewalt mitten in Amsterdam. Glänzend recherchiert und spannend geschrieben, gelingt eine unglaublich detailreiche und trotzdem stringente Gesamtdarstellung von Etty Hillesums Leben und Werk, die fortan...

Christian Ströbele u.a. (Hg): Rechtspopulismus und Religion. Herausforderung für Christentum und Islam

Die Europawahl 2024 hat gezeigt, dass sich die politischen Kräfteverhältnisse verschieben. Spätestens seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 finden in Deutschland politische Diskursverschiebungen verbunden mit teils scharfen öffentlichen Meinungsbekundungen statt. Solche Diskursverschiebungen werden häufig mit dem Stichwort „rechtspopulistisch“ beschrieben, weil sie Kriterien erfüllen, die diese Kennzeichnung nahelegen. Dazu gehört, dass diese Diskurse behaupten, einzig die Stimme „des Volkes“ zu repräsentieren. Dafür müssen solche Diskurse notwendig einen Gegensatz bzw. eine Feindschaft zwischen „den falsch regierenden Politikern“ und den normalen Menschen aufbauen, den „richtigen“ Angehörigen des Volkes und den „weniger richtigen“. Dazu kommen eine Affinität zu autoritären Haltungen...

Jan Loffeld: Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt. Das Christentum vor der religiösen Indifferenz

Bereits der einem Oxymoron ähnliche Titel erzeugt Aufmerksamkeit und unterbricht ein flüchtiges Überfliegen des Titels: „Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt.“ War die Pastoral bis vor wenigen Jahren noch der Meinung, dass etwas fehlen müsse, wenn Gott im Leben von Menschen keine Rolle spielt, und dass es die missionarische Aufgabe der Kirche sei, die Menschen für diese Leerstelle zu sensibilisieren, so zeigt das Buch von Jan Loffeld einmal mehr, dass es einer deutlichen Haltungsänderung bedarf. Mit einer bislang kaum ernsthaft beachteten Option schließt Loffeld, Professor für praktische Theologie an der Tilburg University School of Catholic Theology in Utrecht, gut an seine Habilitationsschrift des nicht notwendigen Gottes (2020) an, indem er „die ,säkulare Option‘ des Apa-Theismus“ (34) ins...

Gregor Maria Hoff: In Auflösung. Über die Gegenwart des römischen Katholizismus

Die Kirche ist zweifelsohne in der Krise. Dies zu bestreiten, wäre realitätsfern. Wie weit diese Krise geht, ist umstritten. Der Salzburger Fundamentaltheologe Gregor Maria Hoff geht mit seinem nicht als systematisch angelegte Ekklesiologie, sondern als pluriperspektivischer Essay konzipiertem Buch gezielt in das Zentrum des Katholizismus – nach Rom. Dort ist dieses Werk auch in großen Teilen entstanden. Die Leitidee ist: Der römische Katholizismus ist in Auflösung. Das bedeutet nicht das Ende des Katholizismus, es könnte sogar zu seiner Wiederentdeckung führen. Dieser vorsichtigen Prognose am Ende des Buches gehen acht luzide und komplexe Analysen voraus, die Hoff anlehnend an die Kameraführung „Blenden“ nennt. Eingerahmt von einer Einblendung und Abblendung, die den Begriff „Auflösung“...

Hermann Wohlgschaft: Dich gibt es nicht, wenn doch, dann komm! Gott in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur

Wen der paradox-prätentiöse Titel nicht abschreckt, der begibt sich in eine spannende Lektüre. Hermann Wohlgschafts Werk bietet einen Überblick über die deutschsprachige Gegenwartsliteratur, fragt aus theologischer Sicht, wie die Gottesfrage thematisiert wird, und hält Anregungen bereit, persönliche Glaubensfragen zu klären, ohne dass der fachlich-literarische Anspruch der Darstellung darunter litte.

Der Autor ist promovierter Theologe, Priester der Diözese Augsburg, war dort in unterschiedlichen herausgehobenen Ämtern tätig und veröffentlichte zahlreiche Sachbücher zu theologischen und pastoralen Themen, zur Gegenwartsliteratur, aber auch eine Biografie Karl Mays.

In der vorliegenden handbuchartigen Veröffentlichung untersucht Wohlgschaft 53 Autoren der Gegenwartsliteratur von Thomas...