Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Antonia Gottwald / Holger Zaborowski (Hg.): Hans Kock. Bild des Glaubens

Der Verlag Schnell & Steiner ist ein auf Kunst und Kulturgeschichte spezialisierter Verlag, der sich in besonderer Weise auch der christlichen Kunst und Architektur verpflichtet weiß. Seine Kunstbücher zeichnen sich aus durch eine handwerklich sorgfältige und ästhetisch ansprechende Buchgestaltung, die auch für das hier zu besprechende Buch zutrifft: Hardcover-Einband, Fadenbindung, Kunstdruckpapier, gutes Fotomaterial und ein ansprechend gestaltetes und leserfreundliches Layout.

„Bild des Glaubens" ist eine Hommage an den Maler und Bildhauer Hans Kock zu seinem hundertsten Geburtstag, eine Dokumentation der Renovierung der Feldsteinkirche St. Cyriacus in Kellinghusen durch diesen Künstler und darüber hinaus ein überzeugendes Beispiel für die künstlerische Gestaltung einer Kirche, bei der christlicher Glaube und Kunst aus dem Geist der Moderne eine vorbildliche Symbiose eingegangen sind.

Mit dem Künstler Hans Kock (1920-2007) befassen sich die Beiträge von Antonia Gottwald und von Hinnerk Egge. Kock wurde in Kiel geboren, studierte zunächst Architektur, wechselte dann zur Bildhauerei und arbeitete seit 1953 als freischaffender Künstler in Kiel und Hamburg. In seinem umfangreichen Schaffen nehmen Arbeiten in Kirchen einen breiten Raum ein.

Die Feldsteinkirche St. Cyriacus ist eine der ältesten Kirchen Schleswig-Holsteins. Zwei verheerende Brände in den Jahren 1686 und 1929 hatten die Kirche und alles wertvolle Inventar zerstört, so dass Kock auf dieser „tabula rasa" seine künstlerischen Vorstellungen verwirklichen konnte. Er verwandelte den düsteren Raum in eine lichte Farb- und Bildkomposition und gestaltete auch den Außenbereich neu, indem er eine großzügige Treppenanlage mit skulptural gefassten Geländern und Laternen schuf. Auf diese Weise entstand in der Verbindung von Altem und Neuem ein einzigartiges Gesamtkunstwerk, dem überregionale Anerkennung zuteil wurde.

Als Dokumentation enthält der Band weitere Beiträge u. a. zur Baugeschichte von St. Cyriacus (Hans-Georg Bluhm), Erinnerungen an die Zusammenarbeit mit Hans Kock (Harry Timmermanns) und eine eingehende Beschreibung und Deutung der Bilderwelt und der Ausstattungsstücke, wie Altar, Kanzel, Orgelprospekt, Deckenleuchten und Metallleuchter (Katrin Plümpe).

Auf zwei Abhandlungen sei besonders hingewiesen: Thomas Menges erinnert an die  Glasmalerin und Paramentenkünstlerin Elisabeth Coester (1900-1941). Diese hatte in den Jahren 1935/36 für St. Cyriacus Glasfenster im expressionistischen Stil geschaffen, die von Hans Kock als künstlerisch wertvoll erachtet wurden und deshalb erhalten blieben. Die kenntnisreiche und einfühlsame Beschreibung dieser Fenster und ihre Einordnung in ein bedeutendes Lebenswerk sollte Anstoß sein, diese vergessene Künstlerin wiederzuentdecken.

Eine grundsätzliche ästhetisch-theologische Abhandlung steuert der Philosoph und Theologe Holger Zaborowski bei. Zaborowski entwickelt einen erfahrungsbezogenen Schönheitsbegriff, den er als „Stimmigkeit" unter zwei Aspekten definiert: als Stimmigkeit des Schönen selbst (z. B. einer schönen Landschaft) und als Zustimmung des vom Schönen betroffenen Rezipienten. Für diesen offenbart das Schöne Stimmigkeit in einer unstimmigen Welt, zeigt die Versöhnung von Gegensätzen und legt den Gedanken von Schuld, Vergebung und Gnade nahe. Hans Kocks Renovierung der Kirche von Kellinghusen ist in dem Sinne schön, dass sie stimmig ist und zugleich vom religiös aufgeschlossenen Besucher als Bild des Glaubens und als Zeugnis der Versöhnung und Erlösung wahrgenommen werden kann.

Das Buch über Hans Kock und die Kirche St. Cyriacus in Kellinghusen richtet sich zunächst an die Verehrer des Künstlers, an die Freunde und Förderer der von ihm gestalteten Kirche in Kellinghusen, an Künstler und Architekten, die mit ähnlichen Aufgaben betraut werden, aber auch an alle, die darüber nachdenken, welche Rolle Kirchenräume heute spielen können: Als Orte der Entschleunigung und der Stille, der Einkehr und der Meditation können sie auch Orte religiösen Erlebens in einer entsakralisierten Umwelt sein.

Die Neugestaltung der Feldsteinkirche St. Cyriacus in Kellinghusen 1974/75

und 1993
Regensburg: Schnell & Steiner Verlag 2020
176 Seiten m. s-w u. farb. Abb.
24,95 €
ISBN 978-3-7954-3464-9

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