Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

BasisBibel. Die Kompakte

Mit der BasisBibel hat die Deutsche Bibelgesellschaft eine neue Übersetzung der Heiligen Schrift herausgebracht, die auf den Wunsch der evangelischen Jugendarbeit nach einer zeitgemäßen Fassung der Texte antwortet und in einem langjährigen Prozess mit evangelischen Fachleuten entstanden ist. Dass die BasisBibel als gelungene Antwort gilt, zeigt die Empfehlung des Rates der Evangelischen Kirche: Die neue Übersetzung sei in Ergänzung zur Lutherbibel vor allem für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie für die „Erstbegegnung mit der Bibel“ geeignet.

Das lässt aufhorchen und macht neugierig auf die Ausgabe, deren Markenzeichen „kurze Sätze, eine klare und prägnante Sprache und ihr einzigartiges Design innen und außen“ sind. Die Übersetzung in „zeitgemäßem Deutsch“ wird ergänzt durch Erklärungen von Begriffen und Sachverhalten, „deren Kenntnis nicht vorausgesetzt werden kann“, und zeigt bereits auf den ersten Seiten, dass ihre Zielgruppe junge Menschen sind, die sich evangelischen Kirchen nahe fühlen. Diese Leser werden direkt und persönlich und mit „du“ angesprochen. Bevor der Text einsetzt, führen kurze Inhaltsangaben und Visualisierungen in die Bücher ein. Ein Punktesystem informiert die angehenden Leser zudem über den Schwierigkeitsgrad: Ein Punkt kennzeichnet Bücher, die sich für den Einstieg eignen – hier finden sich Genesis und Exodus, Rut, die Samuelbücher und Jona sowie die Evangelien, die Apostelgeschichte, der Philipper- und der Philemonbrief. Bei zwei Punkten brauche es schon mehr Hintergrundwissen, Bücher mit drei Punkten beinhalten deutlich komplexere Passagen und Bücher mit vier Punkten seien mit ihren Spezialthemen etwas für Fortgeschrittene. In diese Kategorie fallen Levitikus und Numeri, Ezechiel, Nahum, Habakuk, Sacharja, Maleachi, der zweite Petrusbrief und der Judasbrief. Auch wenn sich über manche Einteilung diskutieren ließe, überzeugt die Idee insgesamt und bietet eine hilfreiche, erste Orientierung. Wer nicht mit ganzen Büchern anfangen möchte, bekommt für seine Entdeckungsreise Alternativrouten angeboten: einen Kurztrip für zwei Wochen (14 Tageslesungen aus Ex/Dtn und dem Joh) oder eine Entdeckungsreise in zwei Monaten (Passagen aus der Geschichte Israels und der frühen Jesusnachfolger). Sechs Listen mit jeweils zehn Tipps, wie man gut leben kann, den schönsten Gebeten, verrücktesten Geschichten, wichtigsten Personen, bekanntesten Texten und Themen zum Nachdenken wecken Interesse und liefern en passant bibelkundliches Wissen.

Mehr Einführung braucht es nicht, und die Macher verzichten folglich auf Einführungen vor oder in den Texten. Abgesehen von strukturierenden und rezeptionssteuernden Zwischenüberschriften spricht also nur der biblische Text. Die Bücher sind einspaltig gesetzt, sodass nicht direkt das typische Bibel-Gefühl einsetzt, sondern die Freude am Text im Vordergrund stehen kann. Das Glossar am Rand erläutert Begriffe, ohne dabei moralisieren oder missionieren zu wollen. Das ist zweifellos eine der Stärken des Projekts: Auch wenn die BasisBibel eine evangelisierende Pragmatik hat, gibt sie sich zurückhaltend und sachlich. Das hat Vor- und Nachteile: Dass in Genesis 1 und 2 zwei Erzählungen von der Erschaffung der Welt direkt nacheinander stehen, können die Leser selbst entdecken, müssen den Gegensatz aber nicht wahrnehmen; das gleiche gilt für die eher versteckte textkritische Notiz zum sekundären Markusschluss (Mk 16,9-20). Manchmal gehen synoptische Feinheiten in den Überschriften unter, wie bei Judas als „Verräter“, oder die Ausgabe harmonisiert Überschrift und Text nicht, wie in Lev 19, wo unter dem „Gebot der Nächsten- und Feindesliebe“ dazu aufgerufen wird, den Mitmenschen zu lieben. Die „Mitmenschenliebe“ wirkt hier genauso merkwürdig wie in den Reprisen im Neuen Testament. Andererseits scheut sich die BasisBibel nicht, theologisch problematische Konzepte wie „Umkehr/Buße“ im Einklang mit dem Urtext durch „Sinnesänderung“ zu ersetzen. Insgesamt liest sich der Text flüssiger und einfacher als die Luther- oder Einheitsübersetzung: Sätze sind gewöhnlich nicht länger als 16 Worte und haben höchstens einen Nebensatz. Selbst Eph 1,3-14 lässt sich nun bewältigen, und das gelingt, ohne dass man der BasisBibel „leichte Sprache“ vorwerfen könnte.

Dass eine Ausgabe, die zur Erstbegegnung gedacht ist, Kompromisse machen muss, ist offensichtlich. Dennoch schmerzt manche Entscheidung, wie z. B. die Übertragung des Johannesprologs, dessen poetisch-theologische Kraft in der Vereinfachung verlorengeht. Dass die Figur des Lieblingsjüngers nicht im Glossar erscheint, nährt zudem den Verdacht, dass die Ausgabe bestimmte heikle Fragen umgehen möchte. Der unverstellte Zugang zum Text, der durch einen Verzicht auf literarische, historische und theologische Einführungen erreicht wird, ist einerseits die Stärke, aber andererseits auch die größte Schwäche des Projekts. Die BasisBibel vermag auch deshalb ein großes Spektrum von evangelischen bis evangelikalen Gemeinschaften zu erreichen, weil sie zentrale Fragen nach der Entstehung und den historischen Kontexten der Texte gerade nicht stellt. Wer die BasisBibel liest, kommt weder auf die Idee, dass die Bücher von anderen Autoren verfasst sein könnten, als es Buchüberschriften angeben, noch wird er damit konfrontiert, dass das, was in den Texten nach Geschichtsschreibung aussieht, de facto Theologie ist.

Zahlreiche Begleitmaterialien bieten religionspädagogische Hilfen für den Einsatz in Katechese und Schule. Gerade die Spiele dürften die Begegnung mit dem Text lebendiger machen und helfen, sich in die narrativen Welten der biblischen Texte einzufinden. Für die Evangelisierung ist die BasisBibel in der Tat geeignet, und es ist zu hoffen, dass die Neulinge, an die sich die BasisBibel wendet, nicht dabei stehen bleiben, sondern ermuntert werden, kritisch nachzufragen.

Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft. 2021
1968 Seiten m. s-w Abb.
25,00€
ISBN 978-3-438-00911-1

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