Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Christine Hubka / Ramazan Demir: Abraham – Ibrahim

Interreligiöses Grundschulmaterial zum Stammvater von Juden, Christen und Muslimen

Überzeugend und innovativ sind Idee und Konzept dieses interreligiösen Arbeitshefts für die Grundschule. Eine evangelische Pfarrerin mit großer religionspädagogischer Erfahrung, Dr. Christine Hubka, und ein führender Imam der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreichs, Ramazan Demir, erarbeiteten eine Materialsammlung zum Stammvater der abrahamischen Religionen: Abraham – Ibrahim.

Bereits dieser Doppelname ist Programm. Die Autoren scheinen damit zu spielen, doch tatsächlich signalisiert der Name in den Kapitelüberschriften, welche Abraham-Tradition jetzt zu Wort kommt. Die Autoren erklären das ihren Grundschulkindern so: „Wir nennen ihn Abraham, wenn ein Abenteuer in der Thora und der Bibel steht. Kommt die Geschichte aus dem Koran, nennen wir ihn Ibrahim. Und wenn die Geschichte sowohl in der Thora und der Bibel als auch im Koran steht, dann nennen wir ihn Ibrahim-Abraham oder Abraham-Ibrahim.“

So kommt es, dass von 17 (Mini-)Kapiteln stattliche 7 von Ibrahim-Abraham bzw. Abraham-Ibrahim erzählen, weil sie in allen drei heiligen Büchern vorkommen. In 5 Kapiteln geht es um Abraham in der jüdisch-christlichen Tradition, in zwei Kapiteln um Ibrahim (nur) im Koran. Davidstern, Kreuz und Halbmond zeigen in der jeweiligen Überschrift an, aus welcher Quelle geschöpft wird.

Das Arbeitsheft hat drei Teile: Teil 1 erzählt insgesamt 17 Geschichten. Durch Skizzen und Bilder werden die Kinder zum Beschreiben, Erzählen und Ausmalen aufgefordert. Thematisch wird Abrahams Lebensweg begleitet: Auszug aus der Heimat – Segnung durch Gott – Trennung von Lot – Geburt Ismaels und Isaaks – Hagar und Ismael in der Wüste – Abrahams Prüfung – Abrahams Bestattung. Besonders interessant wird es, wenn eine „Ibrahim-Seite“ einer „Abraham-Seite“ gegenüber steht und zum Vergleich zwischen der islamischen und der jüdisch-christlichen Erzählung aufgefordert wird. – Teil 2 bietet ergänzendes Bild- und Arbeitsmaterial sowie Kopiervorlagen an. Auch Lied- und Gebetstexte, z.B. das jüdische Sch’ma Israel, die Sure 1 des Korans und das Vaterunser, finden sich hier. – Teil 3 gibt zu jedem Kapitel und zu jeder Geschichte knappe, aber hinreichende theologische Anmerkungen, pädagogische Anregungen und didaktische Hinweise. Interessanterweise orientiert sich das Arbeitsheft am niedersächsischen Lehrplan von 2006 – Kerncurriculum für die Grundschule. Zeigt sich hier, dass es immer noch keine Grundschul-Curricula für interreligiöses Lernen gibt? – Der 3. Teil des Werkhefts schließt mit einem umfangreichen Aufgaben-Teil. Zu jedem der 15 Kapitel werden konkrete Aufgaben angeboten. Darunter finden sich neben Fragestellungen, Gesprächsimpulsen und Spielmöglichkeiten auch anspruchsvoll anmutende Arbeitsformen wie „Theologisieren mit Kindern“, Recherchieren im Internet oder Konfliktlösung durch Rollenspiele.

Insgesamt ist es eine reichhaltige Materialsammlung für interreligiös interessierte Lehrkräfte. Die Verknüpfung der drei Heftteile erfordert anfangs viel Blättern und Nachschlagen. Hier wären deutlichere Querverweise oder die Zusammenfassung von Teil 1 und 2 zu echten Kapiteln wünschenswert. Dem Buch ist zu wünschen, dass es in vielen Klassen und Lerngruppen zum Einsatz kommt. Es füllt eine Lücke im interreligiösen Materialangebot für die Grundschule.

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 2017
48 Seiten mit s-w Abb.
15,00 €
ISBN 978-3-525-70232-1

 

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