Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Christoph Dohmen / Thomas Hieke: Das Buch der Bücher

Die Bibel ist kein einzelnes Buch, sondern vielmehr eine Bibliothek. Zugleich ist die Bibel eine Einheit, denn bestimmte Themen durchziehen die Schriften und stiften einen übergreifenden Zusammenhang. Das Zusammenspiel von Einheit und Vielheit bringen Christoph Dohmen und Thomas Hieke bereits durch den Haupttitel ihrer Einführung in die Bibel zum Ausdruck: „Das Buch der Bücher“. Die Einheit und die Vielfalt der Bibel stellen sodann auch die inhaltliche und formale Leitlinie ihrer Einführung dar. Das Ziel wird im Vorwort beschrieben: Die Einführung will helfen, den Zugang zur Bibel zu erleichtern. Sie ist bereits seit 2005 in vier Auflagen im Topos plus Verlag erschienen. Nun ist im Friedrich Pustet Verlag eine gründlich überarbeitete Neuauflage erschienen.

Beide Autoren sind katholische Alttestamentler. In ihrer Einführung nehmen sie eine christliche, genauerhin eine katholische Perspektive ein. Sie behandeln alle 73 Schriften des katholischen Bibelkanons (vgl. Kap. 4). Dabei reflektieren sie ausführlich das Verhältnis der christlichen zur jüdischen Bibel (Tanach) und zeigen die Unterschiede des katholischen Bibelkanons zum protestantischen auf (vgl. Kap. 1.3).

Die Einführung in die Bibel lässt sich inhaltlich in zwei Teile gliedern. Die Kapitel eins bis drei enthalten Ausführungen, die zum Verstehen der Bibel als Ganze beitragen. Die Kapitel vier und fünf wiederum geben einen Überblick zu den einzelnen biblischen Schriften und wollen zum Lesen der Bibel motivieren. Gerade diese Verbindung von Hermeneutik, Bibelkunde und Lesehilfe macht die besondere Eigenart dieser Einführung aus.

Das erste Kapitel nimmt vor allem die Wachstumsgeschichte, den Umfang der Bibel(n) und die Geschichte der Kanonisierung in den Blick. Ein zweites Kapitel widmet sich dem Verstehen der einen zweigeteilten christlichen Bibel. Das Verhältnis zwischen Altem und Neuem Testament wird reflektiert und der Vorrang des Alten Testaments erklärt. Dabei wird ausführlich die Verbundenheit der Christen zu Israel erörtert – die im Unterschied zu Israel nicht Erstadressaten, sondern Zweitadressaten des Alten Testaments sind. In einem dritten Kapitel wird die Bedeutung der Bibel für heute reflektiert. Das Kapitel erörtert die Problematik von Bibelübersetzungen und stellt antike und neuzeitliche Methoden der Bibelauslegung vor.

Der zweite Teil lässt sich als kleine Bibelkunde (Kap. 4) mit einer Reflexion auf das Bibellesen (Kap. 5) beschreiben. Das vierte Kapitel stellt alle 73 Schriften des katholischen Bibelkanons der Reihe nach vor. Die Präsentation der einzelnen Schriften erfolgt in neun Unterkapiteln (4.2 - 4.10). Einige von ihnen werden mit einem Einleitungstext eröffnet, so zum Beispiel das Unterkapitel „Die Bücher der Propheten“ (4.5) oder das Unterkapitel „Evangelien“ (4.6). Zudem gibt es einen kurzen Einleitungstext, der zum größeren Part „Das Neue Testament“ überleitet (vgl. 165-166). Die Rezensentin fragt sich allerdings, warum die Autoren solche einleitenden Texte nicht z.B. für die „Bücher der Lehrweisheit“ und für die „Paulinischen Briefe“ darbieten. Auch für diese beiden Fälle wäre eine einführende Orientierung sicherlich hilfreich und sinnvoll gewesen.

Bei der Vorstellung der einzelnen Schriften liegt der Schwerpunkt auf Inhalt und Struktur. Dabei geht es Dohmen und Hieke vor allem darum, die großen thematischen Linien und Vernetzungen zwischen den einzelnen Büchern aufzuzeigen. Die Darstellung wird ergänzt durch informative Exkurse. Gelegentlich schalten die Autoren kleine Zusammenfassungen ein. Das „Nacherzählen“ der Bibel will das Bibellesen nicht ersetzen. Vielmehr regen Lesetipps zum Lesen der Bibel an. Die Einführung hilft, den literarischen Kontext der einzelnen Bibelstellen leichter zu erfassen, was zu einem besseren Leseverständnis führt. Abgeschlossen wird die Einführung in die Bibel mit Hinweisen auf weiterführende Literatur und Internetressourcen und einem Glossar.

Die Einführung in die Bibel ist in einer leicht verständlichen Sprache verfasst. Wichtige Fachbegriffe, wie z.B. Tanach, deuterokanonisch, apokryph, Literarkritik oder Randmasora, werden eingeführt und erklärt. Auf die Darstellung von detaillierten und komplexen Modellen – etwa zur Entstehung der Bibel – oder auf detailreiche Strukturierungen der einzelnen Schriften wird verzichtet. Den Autoren geht es um die Vermittlung von Basiswissen und um ein grundsätzliches Verstehen. Die Einführung eignet sich daher gut für Studierende der (katholischen) Theologie im ersten Semester und für alle, die die Bibel auf einem reflektierten Niveau lesen und verstehen möchten. Darüber hinaus enthalten die hermeneutischen Ausführungen in den ersten beiden Kapiteln einige wichtige Impulse für den jüdisch-christlichen Dialog.

Die Bibel – Eine Einführung
Regensburg: Friedrich Pustet Verlag. 2019
216 Seiten
16,95 €
ISBN 978-3-7917-3114-8

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