Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Cornelia Dockter / Martin Dürnberger / Aaron Langenfeld (Hg.): Theologische Grundbegriffe

Der Titel dieses Handbuchs ist auf den ersten Blick irreführend, denn es geht ihm nicht um Grundbegriffe der Theologie, sondern speziell um solche der systematischen Theologie. Dies ist auch legitim, weil gerade deren Disziplinen – zumindest dem Anspruch nach – diejenigen Forschungsergebnisse in einen übergreifenden Horizont fügen, zu dem die historischen und exegetischen Teildisziplinen gelangen. Dieses Konzept begegnet dann auch einer spezifischen Gefahr, in die sich derjenige schnell verfängt, der in den Zeiten von Wikipedia noch mit dem „Lexikon für Theologie und Kirche“ arbeitet. Wer sich nämlich hier ein Thema erschließt, muss aufpassen, dass mit der Anzahl der irgendwann durchgearbeiteten Begriffe nicht die Anzahl derjenigen Stichworte überproportional ansteigt, auf die man beim Lesen verwiesen wird. Vielmehr sind in vorliegendem Werk, das bezeichnenderweise eben auch kein Lexikon sein will, die Verweisungszusammenhänge auf eine sinnvolle Weise überschaubar. Das zeigt sich etwa beim Thema „Theodizee“, wo der entsprechende Artikel die Problematik und ihre Lösungsansätze vorstellt, Letztere aber in eigenen Artikeln wie „Bonisierung“, „Depotenzierung“, „Free Will Defense“ oder „Natural Law Defense“ durchgearbeitet werden. Gleiches gilt für die „Theologie der Religionen“, die das exklusivistische, das inklusivistische und das pluralistische Deutungsmodell vorstellen.

Weniger ausgewogen stellt sich das Verhältnis derjenigen Artikel zueinander dar, welche die Sakramentalität der Kirche und ihrer Vollzüge behandeln. Der Artikel „Eucharistie“ kommt ohne den Begriff „Opfer“ aus, und der Leser erfährt nicht, warum der Priester betet: „Der Herr nehme das Opfer an aus deinen Händen …“ Hingegen erfahren wir im Artikel „Liturgie“, dass das Wort „Gottesdienst“ im Sinne eines Genitivus subiectivus und eines Genitivus obiectivus zu verstehen sei. Gemeint ist hier also offensichtlich, dass unsere Gaben mit der Selbsthingabe Jesu in Kreuz und Auferstehung verschmelzen und im zweifachen Sinne sich ein Opfer vollzieht. Warum aber Jesus Christus „für uns“ und „für unsere Sünden“ gestorben ist, wird wiederum nicht so recht deutlich, wenn im Artikel über die Satisfaktionslehre das Opfer Jesu primär als eines gesehen wird, in dem Gott sich „mit den Opfern der Geschichte“ solidarisiert. Eine Verkürzung im Verständnis liturgischer Vollzüge zeigt sich auch in den Beiträgen zur Theologie des kirchlichen Amtes. Hier erfahren wir zwar, dass der Priester liturgisch „in persona Christi“ handelt. Doch hätte dabei noch deutlicher werden können, dass dieses Amtes von seinem sakramentalen Wesen her nicht der ideologischen Fundierung eines Klerikalismus dient, den die entsprechenden Beiträge zu Recht kritisieren. Denn dieses Amt hat von seiner eigentlichen Intention einen kirchenkritischen Charakter, der auch seinen Träger nicht ausnimmt, und soll verhindern, dass eine Kirche, die sich zunächst einmal zu Recht als „Leib Christi“ versteht, dabei ihre eigene Vergöttlichung vollzieht. In diesem Sinne markiert das Amtspriestertum eine bleibende Differenz zwischen Jesus Christus und einer Kirche, die aufgerufen ist, sich in der Wendung zu ihrem Ursprung immer wieder zu erneuern. Die Schriften des Neuen Testaments und die Tradition der Kirche fassen dieses Verhältnis in das Bild von Jesus Christus als dem Bräutigam, der seine Kirche als seine Braut liebend umwirbt und sie auch dort noch durch seine Liebe heiligt, wo sie untreu wird. Es ist offensichtlich dem geschlechtertheoretischen Diskurs der Gegenwart geschuldigt, wenn diese Gestalt der Differenzmarkierung nicht in der möglichen Deutlichkeit zur Sprache gelangt. Entsprechend dünn gerät dann auch der Beitrag zum Thema „Ehe“, deren Sakramentalität doch darin besteht, dass Mann und Frau einander versprechen, diese Gestalt der Liebe im Umgang miteinander wechselseitig zu bezeugen. Um in diesem Zusammenhang nun zu erfahren, dass trotz der steigenden Anzahl von Singlehaushalten die Ehe immer noch eine verbreitete Lebensform ist und dass nach deutschem Recht es sich hier um eine Verbindung zweier Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht handelt, brauche ich jedoch kein theologisches Lexikon aufzuschlagen.

Vor diesem Hintergrund verwundert es dann nicht, dass die „Beiträger*innen“ des vorliegenden Werkes – gemeint sind mit dieser verbalen Kreation die männlichen und weiblichen Autoren – ihre Texte konsequent „gendern“. Entsprechend lesen wir nicht nur von „Christ*innen“ und „Theolog*innen“, sondern auch von „Neurophilosoph*innen“ oder „Semipaternalist*innen“.

So liefert dieses Handbuch überwiegend hilfreiche und sinnvoll aufeinander abgestimmte Erläuterungen von wichtigen Begriffen der systematischen Theologie. Wo es aber um die Sakramentalität der Kirche und ihrer Vollzüge geht, hätte manchen Beiträgen mehr Deutlichkeit gutgetan.

Ein Handbuch
Grundwissen Theologie
Paderborn: Ferdinand-Schöningh Verlag. 2021
185 Seiten
20,00 €
ISBN 978-3-8252-5395-0

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