Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Hermann Stinglhammer / Bernhard Kirchgessner (Hg.): Einführung in das Christentum – für heute

Die beiden Herausgeber legen mit „Der Glaube an Gott“ den ersten eines auf drei Bände konzipierten Glaubenskurses vor. Am Apostolischen Glaubensbekenntnis orientiert, sind sie Joseph Ratzingers Buch „Einführung in das Christentum“ verpflichtet, wollen heutigen Adressaten die grundlegenden Inhalte des Glaubens aus unterschiedlichen Perspektiven vermitteln. Sie werden in sechs interessanten Kapiteln als Beiträge verschiedener Autoren klar und übersichtlich dargestellt.

Noch vor ihren Ausführungen steht das Gespräch der beiden Herausgeber mit dem Passauer Bischof Stefan Oster: „Ich glaube, wir glauben“ (13-33): Glaube ist als ein personales Verhältnis zu Jesus Christus zu verstehen, in dessen Heiligem Geist der Einzelne gemeinsam mit anderen in der Beziehung zu Gott, dem Vater, leben kann.

Im folgenden Beitrag (35-62) zeichnet Ludger Schwienhorst-Schönberger die Entstehung des Glaubens an den einen Gott nach: Israel vertraut Jahwe, dem bildlosen Befreier aus der ägyptischen Knechtschaft. Der Monotheismus bedeutet den „Göttersturz“. Im Kontext der Diskussion über die Bedeutung des Bilderverbots im Christentum hebt der Autor hervor: Christus ist die inkarnierte Ikone des unsichtbaren Gottes. Die Menschwerdung steht darum der Vermenschlichung Gottes entgegen. Das eröffnet die Möglichkeit zum Gespräch mit dem Islam über den Monotheismus.

Im nächsten Kapitel (63-93) thematisiert Bernhard Klinger die Beziehung Gottes zur Welt im christlichen Schöpfungsglauben. Dem für das Nachdenken über Gott und die Schöpfung grundlegenden christologischen „Anweg“ folgt der philosophische. Dem dritten in Liturgie und Spiritualität folgen als der vierte Anweg Verstehensmodelle zum Verhältnis zwischen dem Schöpfungsglauben und den Naturwissenschaften. Sie werden in konziser Information referiert. Seine Ausführungen vertieft der Autor, indem er das mit den unterschiedlichen Denkansätzen jeweils verbundene Verhältnis Gottes zur Welt begrifflich kennzeichnet: deistisch, theistisch, pantheistisch, panentheistisch. Lebensbedrohliche und lebensförderliche Manifestationen der Schöpfung führen zu der Frage, ob das Schauspiel der Welt das Spektrum Gottes ist. Der fünfte Anweg bezieht sich auf die Eigenart biblischer Schöpfungserzählungen im Umfeld des Alten Orients und anderer Schöpfungsmythen. Bernhard Klinger will mit den vorgestellten Gedankengängen dazu anregen, theologisch und philosophisch intensiver über die Schöpfung zu reflektieren.

In den beiden nächsten Kapiteln geht es um eine Verhältnisbestimmung des Glaubens. Hermann Stinglhammer beschäftigt sich in seinem theologischen Versuch mit Glaube und Vernunft (95-112): Glaube kommt als Vernehmen der Wahrheit Gottes in den Blick. Er ist eine Lebensform. In ihr öffne ich mich aufmerksam für Gottes Anspruch. Dieser bewährt sich als mein Lebensexperiment. Es gilt deshalb, den Menschen in eine gelebte Gottesbeziehung einzuführen. Darin kann er sich den Glauben schenken lassen.

Johannes Prantl thematisiert das spannungsvolle Geschwisterverhältnis zwischen Glaube und Zweifel (113-131). Zum Glauben als Begegnungsgeschehen gehört der Zweifel in Konfrontation mit den Lebensunsicherheiten, aber auch der Gewissenszweifel. Angesichts dessen erscheint der offene Austausch mit anderen besonders bedeutsam.

Die Frage, ob das Christentum eine Buchreligion sei (133-145), beantwortet Andrea Pichlmeier mit dem Bild der Ellipse: Wer der Auferstandene ist, den sie im Brot empfangen, begreifen die Christen durch das Wort. Damit es nicht gestaltlos wird, bleibt das Wort Gottes auf das Buch, die Bibel, verwiesen.

Am Schluss des Buches (147-174) stellt Isidor Baumgartner existentiell zugespitzt die doppelte Frage: „Quält Gott die Menschen? Warum trifft Menschen Leid?“. Nachdem unterschiedliche Versuche referiert werden, die Theodizeefrage zu dekonstruieren, problematisiert der Autor die Allprädikate, kennzeichnet die göttliche Allmacht mit Kierkegaard als Selbstzurücknahme Gottes. Diese eröffnet einen Beziehungsraum, der die Freiheit des Geschöpfs begründet. Richtungsanzeigen für die offen zu haltende Frage nach Gott im Leid stehen am Ende des Kapitels: Der christliche Glaube besteht auch darin, die eschatologische Hoffnung auf die Überwindung des Leids wachzuhalten. In Werken der Barmherzigkeit kann ich die Leiden lindernde und überwindende Liebe Gottes schon jetzt in Wort und Tat bezeugen. Die Theodizeefrage offenzuhalten bedeutet zuletzt, mit den Fragen zu leben.

Anspruchsvoll, jedoch gut lesbar, bereichert diese komplexe Einführung das Glaubenswissen. Das Buch bietet in jedem Kapitel vielfältige Anstöße zur Vertiefung des eigenen Glaubens und zum Gespräch darüber.

Teil 1: Der Glaube an Gott
Regensburg: Friedrich Pustet Verlag. 2020
175 Seiten
19,95 €
ISBN 978-3-7917-3178-0

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