Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Holger Brülls / Gunther Sehring: Johannes Schreiter

Anzuzeigen ist ein besonders schönes Buch – zu berichten ist über eine Ausnahmeerscheinung unter den zeitgenössischen Künstlern.

Es handelt sich um den dritten Band des Werkverzeichnisses von Johannes Schreiter, in dem Glasfenster, Glasbilder, Collagen und Zeichnungen des Künstlers aus den Jahren 1995 bis 2012 dokumentiert sind. Der von den Kunsthistorikern Holger Brülls und Gunther Sehring betreute und kommentierte Katalog enthält neben 307 weithin farbigen Abbildungen Einführungen in das Gesamtwerk und in die einzelnen Werkgruppen des Künstlers, außerdem Selbstzeugnisse und Anhänge mit biografischen Daten, Ausstellungsverzeichnissen, einer Bibliografie und einer Auflistung von Standorten, an denen Werke Schreiters zu besichtigen sind. Druck und Wiedergabe der Bilder auf Kunstdruckpapier sowie Buchgestaltung mit Fadenheftung, festem Einband und ansprechendem Layout lassen keine Wünsche offen. So ist dieses Buch als Dokumentation und Quelle ein unverzichtbares Arbeitsmittel für Kunst- und Architekturhistoriker, aber auch für den Liebhaber, der sich mit modernen Kirchenfenstern, speziell mit denen Schreiters, beschäftigen möchte und nicht zuletzt ein Geschenktipp für Kunst- und Bücherfreunde.

Für den kunstliebenden Theologen ist die vorliegende Veröffentlichung ebenfalls lesenswert. Denn Schreiter ist ein Künstler, der sich nicht nur als Privatmann, sondern auch in seinen Werken zum christlichen Glauben bekennt und dessen Glasfenster die (wörtlich verstandenen) Glaubensmysterien der Bibel in überzeugende Bilder umsetzen. Seine Religiosität wird u.a. deutlich in den Werkbezeichnungen, die der Künstler mit dem Kürzel „S.D.G“ (Soli Deo Gloria), beginnt – ein Bekenntnis zum Ruhme Gottes und Ausdruck des Dankes für die Gnade künstlerischer Inspiration. Freilich ist Schreiter in seinen Ausdrucksformen ein moderner Künstler, der sich stilistisch absetzt von den kleinteilig gearbeiteten Glasfenstern des Mittelalters wie auch vom Farbenrausch, mit dem viele Glaskünstler der 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts den Kirchenbesucher in ihren Bann schlugen. Schreiters Kunst ist eine nicht figurative, eher minimalistische Kunst mit einer restringierten Farbenskala, die Tendenzen der konkret-konstruktiven Kunst und der amerikanischen Farbfeldmalerei weiterentwickelt. Ein persönliches Vokabular von Zeichen, Chiffren, Symbolen und wenigen gestischen Linien, die einen bewegten Kontrast zu den eher strengen Farbfeldern und geometrischen Formen bilden, machen Schreiters Formensprache unverwechselbar. Die von ihm gestalteten Sakralräume versetzen den aufgeschlossenen Betrachter in eine Sphäre, die magisch anzieht, zur Ruhe und Meditation anregt, aber zugleich die intellektuelle Neugierde weckt, die Zeichen- und Symbolwelt des Künstlers zu entschlüsseln. Dabei erweist sich der Beitrag von Gunther Sehring „Wie die Bilder zu(m) Wort kommen“ als hilfreicher Zugang und nützliche Verstehenshilfe.

Seine religiöse Entschiedenheit und seine künstlerische Authentizität machen Schreiter zu einem der wichtigsten Glasmaler der Gegenwart, der mit Arbeiten an zahlreichen bedeutenden Sakral- und Profanbauten beauftragt wurde. Zeugnisse seines Schaffens sind im Ulmer Münster, in der Lübecker Marienkirche, in den Domen von Limburg, Essen, Frankfurt, Mainz und Augsburg wie auch in den Synagogen von Kassel, Chemnitz und Aachen zu sehen.

Die vorliegende Veröffentlichung ist eine Hommage an einen großen Künstler und lädt dazu ein, die Glasmalerei, die im allgemeinen Kunstbetrieb eher ein Nischendasein fristet, neu zu entdecken.

 

Lindenberg im Allgäu: Josef Fink Kunstverlag. 2013

324 Seiten

29,90 €

ISBN 978-3-89870-687-2

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