Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Hubert Wolf: Konklave

Detailliert und kenntnisreich beschreibt Hubert Wolf die Entwicklung der Papstwahl im Laufe der Jahrhunderte. Sieben Leitfragen markieren seine Durchblicke. Die Wähler waren ursprünglich Klerus und Volk von Rom; seit 1059 sind es – mit Ausnahme der Besonderheit des Konstanzer Konzils – die Kardinäle. Papst kann ebenfalls nur ein Kardinal werden. Nachdem im Mittelalter die Papstwahl an verschiedenen Orten stattgefunden hatte, ist seit der Frühen Neuzeit die Sixtinische Kapelle der Platz für die Papstwahl – unter dem Jüngsten Gericht Michelangelos und mit immer stärkerer Sakralisierung. Aus verschiedenen Möglichkeiten der Wahl hat sich seit 1179 die Zweidrittelmehrheit als unabdingbar herausgestellt, die durch Skrutinien, also schriftliche Abgabe der Stimmen, erhoben wird. Über Jahrhunderte wurde der Papst zum Papst durch die Krönung mit der Tiara, der dreifachen Krone; geblieben ist ein feierliches Zeremoniell, das dem byzantinischen Hofgebrauch nachgebildet war und heute durch Gottesdienste zelebriert wird. Bis in die jüngste Zeit sind trotz der Geheimhaltung viele Einzelheiten aus den Konklaven in die Öffentlichkeit gelangt; der Historiker Wolf bedauert deshalb zu Recht, dass Johannes Paul II. die Wahlunterlagen der Konklave sowie päpstliche Personalentscheidungen von der Zugänglichkeit der Archive ausgenommen hat. Kritisch betrachtet der Autor den Rücktritt Benedikts XVI. und vergleicht ihn mit den Rücktritten zweier Päpste des 15. Jahrhunderts, die danach wieder in das Kardinalskollegium zurückgetreten sind.

Hubert Wolf wäre nicht er selbst, wenn die aus den Studien zum mittelalterlichen Symbolhandeln und dem frühneuzeitlichen kurialen Zeremonialwesen gewonnenen Erkenntnisse nicht der Kritik der gegenwärtigen Praxis des Konklaves dienen würden. Seine Wünsche an eine Neugestaltung der Papstwahl finden sich im letzten Kapitel, in dem er eine fiktive Papstwahlordnung aus dem Jahr 2059 skizziert. 1000 Jahre nach der ersten Ordnung Nikolaus‘ II. 1059 würde ein Papst Hadrian VII. an das Schuldbekenntnis Hadrians VI. von 1521 anknüpfen und eine radikale Reform der Kurie ankündigen und einleiten. Die wichtigste Veränderung wäre eine Rückkehr zur Praxis der ersten Jahrhunderte, nach der ein Bischof nicht von einer Diözese zur anderen versetzt werden dürfe, der Papst als Bischof von Rom also vorher kein Bischof in einem anderen Bistum gewesen sein dürfe. Wolf schlägt analog zur Bundesversammlung ein Gremium von Kardinälen und gewählten Laienvertretern aus aller Welt vor. Sein Hadrian VII. würde als zentralen Akt der Amtsübernahme die Bischofsweihe in der Lateranbasilika anordnen. Die Archive wären wieder vollständig zugänglich und dem neuen Papst würde bei seiner Einsetzungsliturgie durch das Verbrennen von Werg die Vergänglichkeit seiner Herrlichkeit vor Augen geführt.

Bei aller visionären Schau des Autors: Auch bereits unter Papst Franziskus muss die Kirche mit Überraschungen rechnen, vielleicht auch für die hoffentlich nicht so bald erforderliche Wahl seines Nachfolgers.

München: C.H.Beck Verlag. 2017
220 Seiten mit s-w Abb.
19,95 €
ISBN 978-3-406-70717-9

 

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