Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Martin W. Ramb / Holger Zaborowski (Hrsg.): Advent trotz(t) Corona

Was bedeutet Advent, wenn das unsichtbare Corona-Virus Leben bedroht und menschliche Begegnungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden müssen? Tastende Antwortversuche wurden zwischen dem 1. und dem 25. Dezember 2020 auf www.kath.de veröffentlicht, die von Martin W. Ramb und Holger Zaborowski in dem vorliegenden Buch zusammengestellt wurden. Es ist ein schönes Buch geworden, denn jeder Text wird von einem Foto einer in St. Agnes in Hamm erstmals gezeigten Krippeninstallation des „Instituts für Inszenierung“ begleitet: Kugeln aus unterschiedlichem Holz und in verschiedener Größe und Anordnung sowie ein herabschwebendes Licht ermöglichen einen ungewöhnlichen Blick auf das weihnachtliche Geschehen; zwei Beiträgen widmen sich dem Konzept dieser abstrahierenden Krippe.

Die 25 kurzen „Impulse und Meditationen mit Blick auf Weihnachten“ wurden vornehmlich von katholischen Autorinnen und Autoren verfasst; Texte haben die evangelische Theologin Margot Käßmann, der muslimische Theologe Mouhanad Khorchide und der jüdische Theologe und Rabbiners Walter Homolka beigesteuert. Der Buchtitel „Advent trotz(t) Corona“ gibt den Tenor der Beiträge treffend wieder.

Die weltweite Pandemie – die, wie die Autoren nicht wissen konnten, Weihnachten 2020 ihren Höhepunkt erreichte – erzwang ein paradoxes Verhalten: Nicht zwischenmenschliche Nähe, sondern Distanz waren geboten, um Gesundheit und Leben anderer nicht zu gefährden. Corona verdunkelte das Leben Vieler und konfrontierte jenseits sicherer Alltagsroutinen mit der radikalen Endlichkeit menschlicher Existenz. Zu Recht ergänzt Notker Wolf, dass gleichzeitig weitere Bedrohungen wie Klimawandel, Terror und Krieg sowie Bedrohungen der Demokratie fortbestehen.

Staatsministerin Monika Grütters hält es für einen „Segen“, unter diesen Umständen ein gläubiger Mensch zu sein; Christen können auf die Ankunft des Immanuel im Stall warten. Zwei Autoren weisen darauf hin, dass die beiden bekannten Weihnachtslieder „O Heiland, reiß die Himmel auf“ von Friedrich Spee (GL 231) und „Macht hoch die Tür“ von Georg Weißel (GL 218) in apokalyptischen Zeiten – während des Dreißigjährigen Kriegs – entstanden sind – und dennoch die Hoffnung nicht fahren lassen.

Indem die Pandemie den alljährlichen Weihnachtstrubel verunmöglichte, ermöglichte sie anderes: Entschleunigung, Zeit für Achtsamkeit und ein Nachdenken über die Zusage Gottes an seine Welt. Der „Ich-bin-da“, so Philippa Rath, lässt seine Geschöpfe auch in Corona-Zeiten nicht allein oder – wie Martin Werlen – formuliert: „Immer im Jetzt ist die Ankunft des Herrn.“ (47)

Rabbi Homolka deutet die Kerzen des Chanukkaleuchters und auf dem Weihnachtsbaum als das Licht Gottes im Dunkel der Welt. Und der Muslim Khorchide erinnert daran, dass im Koran im Kontext der Geburt Jesu die göttliche Barmherzigkeit besonders betont wird.

Vielleicht sollte man im Advent des Jahres 2021, der bei fortgeschrittener Impfung „heller“ sein wird, noch einmal ganz bewusst diese „Impulse und Meditationen“ aus dem vergangenen Jahr nachlesen und sich auf Weihnachten freuen.

Impulse und Meditationen mit Blick auf Weihnachten
Sankt Ottilien: EOS-Verlag
78 Seiten m. farb. Abb.
14,95 €
ISBN 978-3-8306-8067-3

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