Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Mathias Schickel / Daniel Zöllner: Evolution – Geist – Gott

Es gibt vor Ort immer wieder löbliche Diskussionszirkel, die sich regelmässig treffen, um philosophische oder theologische Fragen zu besprechen. Der Eine liest dies, der Andere jenes und so versucht man gemeinsam, sich auf eine vernünftige Po­sition zu einigen. Solche informellen Zirkel sind für ihre Mit­glieder erfreulich und erhellend.

Anders ist es, wenn aus solchen informellen Gesprächen ein Buch werden soll, das sich anschickt, mit der Fachliteratur zu konkurrieren. Dies ist nun offenbar geschehen aufgrund der Ge­spräche, die Mathias Schickel und Daniel Zöllner miteinander geführt haben. Interessante Themen, die sie durchdiskutierten, wurden zu kurzen Artikeln verarbeitet und dann in Buchform ge­bracht, wobei sich Vieles wiederholt oder an einer ganz fal­schen Stelle untergebracht wird, weil halt doch ein Buch ent­stehen sollte.

Die dabei zur Geltung gebrachten Positionen sind durchaus ver­nünftig, was etwa das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Re­ligion anbelangt, ontologische Fragen wie die nach dem Ver­hält­nis zwischen Geist und Materie usw. Aber trotz ausführ­li­cher Literaturliste und reichlich Fussnoten ist daraus kein wissenschaftliches Werk geworden. Dazu fehlt den Autoren ein­fach der Überblick.

So verzichten sie völlig auf das Begriffsinstrumentarium, das in der Leib-Seele-Debatte inzwischen Standard geworden ist. Man fin­det z.B. nichts über den Gegensatz der ersten und dritten Per­sonperspektive, über das Verhältnis zwischen Libertarianismus und Kompatibilismus, über schwache und starke Emergenz usw. Ob­wohl die beiden Autoren den Pan­psychismus akzeptieren, feh­len die relevanten Vertreter wie Thomas Nagel oder David Chal­mers. Man wird auch keinen Be­zug zur science-and-religion-De­batte finden, also einen Bezug auf relevante Autoren wie John Polkinghorne, Jan Barbour oder Arthur Peacocke.

Selbst gewichtige Philosophen, die entscheidende Monographien vor­gelegt haben, werden nur aufgrund peripherer Artikel zi­tiert, die den beiden zufällig vorlagen, also Philosophen wie: Godehard Brüntrup, Regine Kather, Uwe Meix­ner, Michael Pola­nyi, Robert Spaemann, Jörg Splett, Béla Weissmahr. Beson­ders lästig ist dies in Bezug auf Karl Rahner, von dem die Au­toren nur ein kleines Büchlein über das Gebet wahrgenommen ha­ben, nicht aber die systematischen Schriften über Selbst­trans­zen­denz – ein Konzept, das sachlich bei ihnen sehr häufig vor­kommt und das eine entscheidende systematische Last tragen soll.

Warum könnte man solche Überlegungen nicht als „Kaminge­sprä­che“ ohne streng wissenschaftlichen Anspruch publizieren? Das hätte ein gutes Buch werden können.

 

Dresden: Verlag Text & Dialog. 2015

286 Seiten

29,90 €

ISBN 978-3-943897-13-5

Zurück