Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Otto Zsok: Anerkennung

Die unterschätzte Kraft für eine positive Lebensbewältigung 

In seinem neuesten Buch erschließt der Philosoph und Psychotherapeut Otto Zsok „die hohe Bedeutung der Anerkennung“ (27) – und zwar für alle von uns, seien wir nun arm oder reich, krank oder gesund, unauffällig oder berühmt, erfolglos oder erfolgreich, privat in uns verschlossen oder sozial und politisch engagiert. 

Ausgehend von der Beobachtung, dass es sich bei der Anerkennung um „die unterschätzte Kraft für eine positive Lebensbewältigung“ handelt, zeigt der langjährige Leiter des Süddeutschen Instituts für Logotherapie und Existenzanalyse in 9 Kapiteln auf, wie das ganz Große in jedem Leben gelingen kann. Denn das Anerkennungsgeschehen ist eminent sinnstiftend und heilsam, sowohl für den, der die Anerkennung empfängt, als auch für den, der sie vital schenkt – insbesondere dann, wenn es sich wechselseitig vollzieht. Ihre „heilende Wirkung“ lässt sich tausendfach belegen, und wo diese scheinbar unfehlbar wirkende „heilsame Kraft“ – ganz sanft nur – durchgreift, haben alle Beteiligten Grund zur Dankbarkeit.

Nach einem „längeren Vorwort“ und ersten „Annäherungen an ein delikates Thema“ (Kap. 1) arbeitet der Verfasser zunächst „das Wesentliche in der Anerkennung“ (Kap. 2) heraus: Neben Wertschätzung und Würdigung beinhaltet sie „eine Bewunderung und ein Element des Dankes“ (33); all dem zugrunde liegt eine „erfühlte und durchfühlte Erkenntnis“ (34); bezeugt wird letztlich die „Sakralität der Person“ (Hans Joas). Im Anschluss entfaltet er sein Thema entlang der zentralen These: „Anerkennung ist, wahrlich, ein Therapeutikum“ (117) in einzelne Problemkontexte hinein: der Beginn und das Ende des menschlichen Lebens (Kap. 3), das Mann- und Frausein (Kap. 4), Europa (Kap. 5 und 6). Schließlich beschäftigt den Verfasser die Frage nach dem in jedem nur denkbaren Kontext möglichen „Missbrauch der Anerkennung“ (102), wobei besonders interessiert, was eigentlich der Fall ist, „wenn Anerkennung missbraucht wird“ (Kap. 7), etwa beim „Nichtgönnen, Kleinlichsein, Verkennen oder gar Leugnen eines hohen Wertes“ (103). Danach arbeitet er vor diesem negativen Hintergrund anhand von Fallbeispielen heraus, „wie Anerkennung als Therapeutikum wirkt“ (Kap. 8). „Ein persönliches Nachwort“ (Kap. 9) bringt die Grundthese pointiert und logotherapeutisch zentriert auf den Punkt: „Anerkennung manifestiert sich oft in einfachen, schlichten Worten des Herzens.“ (121)

Das Buch insgesamt, speziell die vielen praktischen Hinweise sind äußerst hilfreich für all diejenigen, die sich aus Vernunftgründen, aus beruflichen Gründen oder anders motiviert darauf einlassen wollen, Wertschätzung und Würdigung zu üben und „Anerkennung einzuüben“ (13). Auch hier gilt zunächst einmal: Übung macht den Meister. „Sich gegenseitig und warmherzig anerkennen“ (68) kann man bis zu einem gewissen Grad einüben und über Übungen der Achtsamkeit, ein genaueres „Hinschauen auf das, was ist, ein Erkennen des Wertvollen“ (112) trainieren. An diesem Punkt indes stellt sich für mich eine ernste philosophisch-theologische Rückfrage: Wer sich klarmacht, dass Anerkennung nur als ehrliche und freie das sein kann, was wir uns wünschen, und dass „ehrlich kommunizierte Anerkennung“ (13) des Anderen als des Anderen immer als das Geschenk einer freien Gabe an den Anderen zu begreifen ist und nur aus freien Stücken geschehen kann, der weiß, dass die Kraft der Anerkennung nicht in der Verfügungsmacht von uns Menschen liegt. „Der Geist der Anerkennung“ (70) bleibt ein Geschenk sowohl für den, der anerkannt wird, als auch für den, dem die Anerkennung gelingt, und ist der Verfügungsgewalt des Menschen prinzipiell entzogen. Er weht eben, wo er will.

Otto Zsoks Buch ist ein Geschenk, denn es motiviert dazu, die Kraft der Anerkennung, die in uns wohnt, zwischenmenschlich und weit darüber hinaus zur Entfaltung zu bringen, wohl wissend, dass Anerkennung und Dankbarkeit eine Einheit bilden.

Sankt Ottilien: EOS Verlag. 2016
131 Seiten
14,95 €
ISBN 978-3-8306-7777-2

 

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