Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Volker Reinhardt: Pontifex

Die Geschichte der Päpste. Von Petrus bis Franziskus

Mit einer monumentalen Geschichte der Päpste überschreitet der Schweizer Historiker Volker Reinhardt seine bisherigen Forschungsgebiete um ein Vielfaches. Hervorgetreten durch Arbeiten zum Renaissancepapsttum und Biographien aus der Zeit des 15. und 16. Jahrhunderts, wagt er sich an eine Gesamtdarstellung von 2000 Jahrhunderten kirchlicher Institutionengeschichte. 

Die 14 ungefähr gleich langen, doch sehr unterschiedliche Zeiträume abdeckenden Kapitel reichen von „Legenden, Uranfänge und erste Machtkämpfe“ bis „Schwankende Haltungen zur Gegenwart“. Reinhardt schreibt als Historiker. Theologische Auseinandersetzungen interessieren ihn vor allem dann, wenn sie für die Beurteilung der politischen Haltung eines Pontifex relevant sind. Wichtiger ist ihm die Vollständigkeit. Jeder Papst wird in einem eigenen Abschnitts gewürdigt. Die beeindruckende Kontinuität der Institution des Papsttums kommt damit klar zum Vorschein, aber auch die Abhängigkeit von Kaisern und Königen, von rivalisierenden Mächten und Bündnispartnern, von Kardinälen und Kurienapparat. Reinhardt kommt nicht umhin, die Spannungen innerhalb des Papsttums aufzuzeigen: Der Papst als geistlicher Oberhirte, als Familienmensch, als Inhaber politischer Macht mit einer eigenen, wechselnden Agenda. Nicht nur im Mittelalter, sondern vor allem in der Frühen Neuzeit, als das Papsttum zum Spielball römischer Familien wurde, zeigten die Päpste dennoch eine erstaunliche Festigkeit in der Durchsetzung ihrer Ansprüche.

Der Historiker Reinhardt schreibt aus einer nicht konfessionellen Perspektive. Das sichert ihm eine gewisse Objektivität, enthebt ihn aber nicht der bisweilen kritischen Stellungnahme. Dies wird vor allem in den letzten Kapiteln spürbar. Die Pontifikate von Pius XI. und Pius XII. sind in der historischen Bewertung umstritten. Ob man allerdings Pius XI. als „Mussolinis Papst“ etikettieren kann, muss auch nach David Kertzers Studie „Der erste Stellvertreter“ hinterfragt werden. Die Päpste des 19. bis 21. Jahrhunderts in das Gegensatzpaar Moderne – Antimoderne einzuordnen, mag für die Päpste bis Pius X. unumstritten sein. Für den weiteren Verlauf bis in die Gegenwart und für das Zweite Vatikanische Konzil lassen sich in der Forschung auch weniger kritische Ansätze finden.

Der Rezensent hat von der Lektüre viel gelernt. Wer eine weitgehend auf dem neuesten Stand der Forschung geschriebene Papstgeschichte sucht und dabei die Mühe von knapp 900 Seiten Text mit vielen Bildquellen nicht scheut, ist bei Reinhardt an der richtigen Stelle. Dank sei auch dem Verlag C.H. Beck gesagt, der nach der im letzten Jahr erschienenen Jesuitengeschichte von Markus Friedrich ein weiteres Mal ein Standardwerk zur Kirchengeschichte auf den Markt gebracht hat.

München: C.H. Beck Verlag. 2017
928 Seiten m. s-w Abb.
38,00 €
ISBN 978-3-406-70381-2

 

Zurück