Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Walter Lesch (Hg.): Christentum und Populismus

Klare Fronten?

Beide Sammelbände diskutieren das wechselseitige Verhältnis von christlicher Religion und Populismus. Beide greifen damit eine aktuell hochpolitische und brisante Kontroverse in Europa und insbesondere in Deutschland auf. Während Wolfgang Thielmann, evangelischer Pastor und freier Publizist, unter der Überschrift „Alternative für Christen? Die AFD und ihr gespaltenes Verhältnis zur Religion“ primär Autorinnen und Autoren aus protestantischen Hintergründen versammelt, konnte Walter Lesch, Professor an der katholischen Universität Löwen/Belgien, unter dem Titel „Christentum und Populismus“ primär katholische Sozialethikerinnen und Sozialethiker gewinnen. Insgesamt werden 25 Sichten auf das Krisenphänomen des rechten Populismus vorgelegt und gleichzeitig die „unheiligen Allianzen“ zwischen Populismus und christlicher Religion dargestellt.

Beide Bücher stellen die Notwendigkeit der direkten Auseinandersetzung heraus und sind getragen von der Absicht, eine klare Positionierung gegenüber dem Populismus mit Argumenten zu belegen und zu untermauern. Dies geschieht im Wissen darum, dass viele rechtskonservative Christen – in den evangelisch-protestantischen Kirchen wie in der römisch-katholischen Kirche – jüngst für die AFD bei den verschiedenen Wahlen auf Länder- und Bundesebene votierten. Selbstkritisch werden einerseits die ererbten Lasten und Berührungspunkte der Kirchen zum Rechtspopulismus aufgedeckt: Kirchen waren kein Musterbeispiel demokratischer Mitbestimmung; kirchliche Lehren pflegen einen mit modernen Freiheitsvorstellungen nicht immer vereinbaren Umgang mit Autoritätsansprüchen in den Bereichen von Glaubensdoktrin und Lebensführung; eine traditionelle Auffassung von Familie und Geschlechterrollen; eine enge Bindung an „Staat und Volk“. Andererseits sind beide Bücher Einladungen zum Gespräch, wissend um die Grenzen der Dialogbereitschaft bei allen Beteiligten. Der intellektuelle Anspruch auf die Überzeugungskraft von Argumenten wird die neuralgischen Punkte des Dissenses immer wieder bearbeiten: die moralische – sprich menschenrechtlich-universalistischen Prinzipien widersprechende – Problematik von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Gewaltbereitschaft und nationalistischer Arroganz.

Beide Bücher bieten reichhaltige Impulse, das Gespräch über Lager und Fronten hinweg aufzunehmen.

Freiburg: Herder Verlag. 2017
228 Seiten
24,00 €
ISBN 978-3-451-37697-9

Wolfgang Thielmann (Hg.)
Alternative für Christen?
Die AFD und ihr gespaltenes Verhältnis zur Religion

Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag. 2017
192 Seiten
17,00 €
ISBN 978-3-7615-6439-4

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