Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung
Theaterstück „Abgerungen“ / Foto: Timo Michael Kessler

Richard Henkes als Türöffner und Brückenbauer

Das Theaterstück „Abgerungen“ und die interaktive Erlebnisausstellung »MEHR – LEBEN – ENTDECKEN« sprechen an und bringen die Besucher über Richard Henkes und ihre eigenen Lebensfragen miteinander ins Gespräch.

Warum entscheidet ein Mensch,
sich der Gefahr auszusetzen und
selbst mit einer tödlichen Krankheit
infiziert zu werden? Warum sagt er
Dinge und handelt in einer Weise, die den
Machthabern nicht gefallen, ihn ins Gefängnis
und schließlich ins Konzentrationslager
Dachau bringen? Was treibt ihn dazu?

Im Theaterstück „Abgerungen“ versucht
ein junger Mann im Punkeroutfit sich dem
Leben und Wirken von Pater Richard Henkes
zu nähern und entdeckt seine Begeisterung
für den Pallottiner-Pater. Boris Weber von
der Freien Bühne Neuwied ist der Autor und
Regisseur des Ein-Mann-Theaterstücks, das
von Schauspieler Frank Musekamp packend
und treffend in Szene gesetzt wird. Mit Irokesenschnitt
und Springerstiefeln setzt sich
der Jungautor mit der Lebensgeschichte von
Richard Henkes auseinander, denn er hat
den Auftrag erhalten, ein Theaterstück über
den Pallottiner zu schreiben, der im Februar
1945 im KZ Dachau starb. Lässt sich der junge
Mann zunächst nur wegen des Geldes auf
die Anfrage ein, fasziniert ihn Henkes bald
immer mehr: Einer, der sich mit den Mächtigen
anlegt, dessen Credo lautet: „Einer muss
ja die Wahrheit sagen.“ Einer, der gegen das
Euthanasie-Programm der Nazis predigt
und sie als das benennt, was sie ist: Mord
an Wehrlosen. „Das verlangt Respekt!“, so
der junge Mann in dem Stück. „Das Warum
tritt in den Hintergrund und er (Henkes) entschließt
sich radikal für Gott und findet Zuflucht
bei ihm … mit allen Konsequenzen“.
Richard Henkes hat sich – nicht ohne großen
Kampf – dazu auch erst durchgerungen. Keine
leichte Entscheidung.

Ob dies ein Weg für alle ist, lässt das Stück
offen, aber es macht nachdenklich. Die Fragen
sind heute so aktuell wie damals: Wahrheit
in Zeiten von Fake-News; Einstehen für
seine Überzeugung gegen den Zeitgeist; Umgang
mit Kranken, Hilflosen und Menschen
mit Behinderung … Viele Parallelen finden sich. Bei den verschiedenen Aufführungen
des Theaterstücks konnte man nicht selten
in den Gesichtern der Zuschauer eine wesentliche
Frage ablesen: Wie würde ich mich entscheiden? Am Ende geht Richard Henkes
in die Typhus-Baracke, die Tür schließt sich.
Stille herrscht unter den Theaterbesuchern.
Man kann eine Stecknadel fallen hören, bis
nach einigen Minuten nicht enden wollender
Beifall einsetzt. Die Besucher des Stücks
„Abgerungen“ sind ergriffen und begeistert
zugleich.

»Ein Jungautor mit Irokesenschnitt
und Springerstiefeln nähert sich der
Lebensgeschichte von Pater Henkes«

Hubert Lenz
Glaube kommt ins Gespräch

In den Tagen um die Seligsprechung war
ebenso die interaktive Ausstellung „MEHR
– LEBEN – ENTDECKEN“ unterwegs. Leben
ist: „Mehr als man sieht.“ Das Leben und
Wirken von Pater Henkes gibt hiervon ein
deutliches Zeugnis. Und seine Themen und
Fragen sind Themen und Fragen unserer
Zeit. Die Ausstellung lädt Menschen jeden
Alters ein, den eigenen Lebensthemen und
-fragen nachzugehen und darüber mit anderen
ins Gespräch zu kommen. Über 1.200
Schüler/innen, Lehrer/innen, Gemeindemitglieder,
Hauptamtliche und Neugierige ließen
sich auf die Fragen und Impulse der aus
20 Stationen bestehenden Erlebnisausstellung
an verschiedenen Orten von Vallendar
über Lahnstein und Montabaur bis Limburg
ein. So unterschiedlich die Menschen sind,
so vielseitig sind die Themen und Methoden,
von denen sie berührt wurden: Während
eine Schülerin von der Zusage „Gott glaubt
an mich“ der Station „Heute Heilig“ regelrecht
„geflasht“ war und mehr Selbstvertrauen
verspürte, wurde anderen schmerzlich bewusst, wo es in den eigenen Beziehungen menschelt
und wie schwer als auch einschränkend die Last des
„Nachtragens“ werden kann.

Eigens von Fulda angereist berichtet das Lehrerehepaar
Thomas und Regina Junk über die Ausstellung:
„Wer erwartet hat, hier eine rein geschichtliche
Information über das Leben von Pater Henkes
präsentiert zu bekommen, merkte schnell: Hier bin
ich radikal persönlich eingebunden. Die Ausstellung
forderte – wie auch das Theaterstück – heraus, über
das eigene Glaubensleben, seine persönliche Beziehung
zu Gott, über das eigene Gottvertrauen nachzudenken.
Die Frage: ‚Wie hätte ich damals gehandelt,
wenn ich an der Stelle von Pater Richard Henkes gestanden
hätte?’ wandelte sich von Station zu Station
in die Frage: ‚Wie steht es um mich heute? Handle
ich im Glauben? Habe ich tiefes Vertrauen zu Gott,
wage ich immer wieder den Aufbruch? Wie verhalte
ich mich meinen Mitmenschen gegenüber, vor allem
in schwierigen Situationen?’“ Ein schwarzes Zelt ist
die letzte Station der Ausstellung „MEHR – LEBEN
– ENTDECKEN“ und bringt alle persönliche Betroffenheit
auf den Punkt. Die Besucher tasten sich am roten, führenden Faden durch das dunkle Zelt. Ohne
Vertrauen geht das nicht. Und wieder rückt eine wesentliche
Frage in den Mittelpunkt: Verliere ich den
Faden in meinem Leben, wie geht es mir ohne Gottes
Beistand? Die Ausstellungsbesucher sind tief betroffen.
„Als Religionslehrer haben wir uns gefreut,
dass immer wieder Schulklassen die Ausstellung besuchten.
Die Schülerinnen und Schüler wurden nachdenklich
und man spürte, dass die Ausstellung ihren
Lebensnerv getroffen hatte. Ein Volltreffer im Bemühen,
Menschen neu für die Botschaft des Glaubens
anzusprechen. Vielleicht ist sie ja auch mal bei uns
vor Ort zu sehen.“

Seligsprechung – eine Chance zur Evangelisierung

Zum gesamten Konzept gehört auch das 64-seitige
Heft „Mit allen Konsequenzen“, eine Themenausgabe
der Pallottinerzeitschrift „Das Zeichen“. Hier kam
ein Stein ins Rollen, denn häufig kam von den Leserinnen
und Lesern die Rückmeldung: „Da geht es ja
um mich!“ Ergänzend gibt es zu dem Heft auch eine
Arbeitshilfe mit vielen Anregungen zur Umsetzung in
Gruppen, Gremien und Gottesdiensten.

Die Erlebnisausstellung „MEHR – LEBEN – ENTDECKEN“,
das Theaterstück „Abgerungen“ und Heft
„Mit allen Konsequenzen“ erreichen den Menschen
auf unterschiedlichste Weise. Sie eröffnen die Chance,
die Botschaft des Evangeliums für unser Leben heute
auf ungewöhnliche Art anzubieten und erfahrbar zu
machen.
Weitere Informationen sowie der Möglichkeit, die
Ausstellung und das Theaterstück zu buchen, finden
sich auf der Homepage www.glaube-hat-zukunft.de/henkes.