Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Alois Prinz: Franz von Assisi

Biografien sind „in“. Autorinnen und Autoren, die sich mit dem Leben bekannter Persönlichkeiten – historischer wie aktueller – auseinandersetzen, antworten auf ein latentes Bedürfnis vieler Menschen nach Orientierungsmodellen in einer zunehmend orientierungslosen Welt. Auch die Religionspädagogik widmet sich nach Jahrzehnten einer Abwehr überhöhter Heiligenmodelle wieder dem „Lernen an Biografien“.

Umso erfreulicher ist es, dass dabei auf einen größer werdenden Schatz an geeigneten Texten und Materialien zurückgegriffen werden kann, zu dem die neueste Biografie von Alois Prinz zu Franz von Assisi zweifelsohne dazugehört. Ganz dem Beispiel Luise Rinsers folgend, die Franz von Assisi in ihrem ebenso lesenswerten Jugendroman „Bruder Feuer“ (1975) als Gründer einer Kommune ins 20. Jahrhundert versetzte, vermischt Prinz in seiner Franz-Biografie zwei Zeitebenen, die er gekonnt miteinander ins Gespräch bringt, um wie Rinser den historischen Graben und damit einhergehende Verständnisschwierigkeiten zu überbrücken: Die historische Zeitebene erzählt vom mittelalterlichen Protagonisten Franz vor dem Hintergrund von Kirchenkrisen, Klerikalismus, Häresien und Kreuzzügen, die das „Anderssein“ des Franz von Assisi bereits zu seinen Lebzeiten besonders hervorheben. Dies vermischt Prinz mit autobiografischen Einschüben zu seiner eigenen Pilgerreise auf dem Franziskusweg von Assisi nach Rom im Juli 2021, die ihn immer tiefer in die geografischen und gedanklichen Räume des Wirkens Franz von Assisis vordringen ließ und ihm ein „mitwandern“ (13) ermöglichte, zu dem er die Leserinnen und Leser seines Buches ebenfalls einladen möchte. Und in der Tat geht man leichtfüßig mit und folgt den narrativen Wegmarken, die ein Eintauchen in die mittelalterliche Welt von der Kindheit des Franz bis zu seinem Lebensende ermöglichen. Stets hat Prinz dabei ein kritisches Auge auf die legendarischen Quellen, deren Verfasser bemüht waren, aus Franz frühzeitig eine Kultfigur, einen „zweiten Christus“ zu machen. Der Fokus von Prinz richtet sich demgegenüber auf brandaktuelle Probleme, die die Menschen von heute bewegen. In Zeiten von Krieg und Klimawandel sind Tierschutz, Minimalismus als Lebenskonzept und der Einsatz für den Frieden wichtig.

Auch wenn das Cover des Buches in gewöhnungsbedürftigem Neongrün gehalten ist, dürfte die darauf befindliche Graffiti-Version des Franz doch insbesondere die jugendliche Zielgruppe dazu bewegen, sich mit einer mittelalterlichen Ausnahmegestalt näher beschäftigen zu wollen. Wie aktuell uns Franz noch heute erscheint, belegen die zahlreichen von Prinz geschickt eingestreuten Zitate und mit Franz von Assisi kompatiblen Gedankengänge von Künstlern, Theologen, Schriftstellern und Wissenschaftlern, darunter z. B. Umberto Eco, Leonardo Boff, Navid Kermani, Dorothee Sölle oder die bereits genannte Luise Rinser. Alle Einzelbilder, die Prinz von Franz von Assisi zusammenträgt und spannungsgeladen nachzeichnet, verdichten sich schließlich zu einem facettenreichen und außergewöhnlichen Vorbild, das Franz von Assisi gerade heute wieder sein kann, ohne hagiografisch überfrachtet zu sein. Von einem verherrlichenden und bewundernden Sprachduktus kann sich aber auch Alois Prinz bei aller kritischen Distanz zu den Quellen nicht gänzlich lösen.

Das vielleicht überzeugendste Bild, das Prinz von Franz von Assisi hervorhebt, ist das des Mystikers, der sich dadurch auszeichne, dass er sich von der „Ichsucht“ befreite, indem er die „Gedanken, Nöte und Sorgen“ aller Mitgeschöpfe wahrnahm und sich dadurch auf Gott und seine Schöpfung hin selbst überschritt (218). Das Leben, das aus der mystischen Umkehr für Franz von Assisi folgte, ist zeitlos aktuell und kann daher Orientierung für heute geben: ein einfaches Leben im Einklang mit Gott, Mensch, Tier und belebter wie unbelebter Natur.

Tierschützer, Minimalist und Friedensstifter
Stuttgart: Gabriel Verlag. 2023
272 Seiten
17,00 €
ISBN 978-3-522-30590-7

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