Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Bénédicte Jeancourt-Galignani / Li-An / Laurence Croix: Jesus. Sein Leben als Comic

Suchen Sie einen Weg, biblische Geschichten in einer Form zugänglich zu machen, die näher an der Lebenswelt ihrer Schülerinnen und Schüler ist? Sie haben Anime- und Zeichentrickausgaben der Bibel ausprobiert und es gab technische Probleme oder die Konzentration erreichte schnell Grenzen? Fiel es Ihnen schwer, die für eine Unterrichtsstunde entscheidenden Stellen im Video wiederzufinden? Vielleicht ist das, was Sie für ihr Lehrvorhaben suchen, eine kopierbare Version des Neuen Testaments als Comic.

Das Buch „Jesus – Sein Leben als Comic“ bietet auf 103 Seiten die zentralen biblischen Geschichten von Lk 1,39f, dem Besuch Marias bei Elisabeth bis Mt 28,20 zur Versicherung Jesu, bis zum Ende der Welt bei den Christen zu sein. Der Zeichenstil ist französisch inspiriert und erinnert an die Comics von Tim und Struppi. Dieses Heft gibt den biblischen Geschichten Zeit, sich zu entfalten. Die Texte der Sprechblasen und Textbänder sind kurz und in einfacher Sprache verfasst.

Inhaltlich beginnt das Heft mit einer Vorstellung der Lebenswelt Jesu über eine Karte des ömischen Reichs und einen Ausschnitt von Galiläa und Judäa. Der rote Faden, der durch alle Geschichten führt, wird schon früh von Jesus während der Kindheitsgeschichte und seinem Besuch in Jerusalem ausformuliert: Es ist der Grundgedanke von der Liebe zueinander und der Liebe zu Gott. Dadurch kann das Wesen der Welt, wie es Jesus sieht, verändert werden.

Der Autor wechselt zwischen den vier Evangelien und erzeugt eine schlüssige, durchgehende Geschichte. Hauptaussagen des Neuen Testaments sind dabei über besondere grafische Darstellungen hervorgehoben. Die Figur Jesu ist weder weiß noch schwarz und wird in ethnisch neutralen Zügen je nach Szene mit hellbraunen bis dunkelbraunen Farbtönen gezeichnet. Somit wird die eurozentristische Perspektive gekonnt vermieden. Jesus trägt meist als Kopfbedeckung eine Art Fez, wie er aus dem arabischen Kulturkreis bekannt ist. Jesus wird zudem klar als Jude porträtiert und es wird von seiner Bar-Mizwa berichtet. Die transzendenten Motive der biblischen Geschichten sind gut umgesetzt: Der Teufel wird beispielsweise während der Versuchung in der Wüste als vage menschliche Figur aus Schatten dargestellt; bei der Epiphanie der Jünger ist Jesus im Unterschied zu den anderen Figuren in einem hellen, goldenen Gelbton gezeichnet.

Die Passion wird, anders als in vielen von Marvel oder DC-Comics inspirierten Umsetzungen, auf für Kinder geeignete Weise dargestellt. Es fließt kein Blut und auch andere gewalttätige Szenen – wie der Mord an Johannes dem Täufer – werden zeichnerisch entschärft, ohne ihre Eindringlichkeit zu verlieren. Die Gleichnisse werden mit Jesus als Erzähler und den Zuhörern in Bildunterteilungen erzählt. So ist immer klar, wer der Sprecher ist und wer die Angesprochenen sind. Zudem sind Gefühle der Anwesenden beim Hören des Gleichnisses ablesbar. So wird der Unglauben über das Wesen göttlicher Gerechtigkeit aus dem Gleichnis vom Weinberg gut dargestellt.

Insgesamt ist mit diesem Band eine für Kinder leicht verständliche Geschichte des Neuen Testaments entstanden, in der die zentralen Aussagen deutlich hervorgehoben sind. Die bedeutendsten Gleichnisse können als Kopiervorlagen verwendet werden. Eine gute bildliche Einführung in die Lebenswelt Jesu ermöglicht das Eintauchen in die Welt des Neuen Testamentes, die von unbewussten grafischen Vorurteilen zu Jesus und seinem Umfeld befreit sind.

Ins Deutsche übertragen von Katja Hald
Freiburg: Herder Verlag. 2023
103 Seiten, farb. Koloriert
20,00 €
ISBN 978-3-451-71659-1

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