Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Bernd Schröder: Religion unterrichten

Der gesellschaftliche Wandel der Bedeutung von Kirche und Religion ist unbestritten; dabei hat sich der Religionsunterricht als letzte Kontaktstelle herauskristallisiert, in dem Kinder und Jugendliche zur Auseinandersetzung mit religiösen Fragen herausgefordert werden. Entsprechend ist es bedeutsam, diesen Unterricht gehaltvoll und ertragreich zu gestalten, was ein hohes, vielfältiges Können der Lehrkräfte erfordert.

Die Zielgruppe des vorliegenden Werkes sind Studierende, Pfarrerinnen und Pfarrer sowie andere Personen, die im Kontext Kirche arbeiten und (zum ersten Mal) Religionsunterricht erteilen sollen. Das Buch gliedert sich in acht große Kapitel, mit unterschiedlichem Umfang: Situation, Update – aktuelle Ansätze, Essentials, Anregungen für die Praxis, „Goldene Regeln“, besondere Fälle, Literatur und Materialien.

Im ersten Teil nimmt Schröder eine Standortbestimmung vor – er blickt auf die Schule als Ganzes im Bildungssystem, die Rolle der Lernenden und ihrer Lebensphasen in veränderten Zeiten der Krisen und der stärker werdenden Heterogenität, auch unter Bezugnahme der Inklusion. Ferner erläutert er die Entwicklung der Fächer Religion und Ethik sowie die besondere Rolle und Stellung von Lehrkräften, die Religion unterrichten. Die vorherigen Ausführungen verortet er im zweiten Block in die didaktischen Entwicklungen der vergangenen Jahre – es sollen an dieser Stelle die Schlagworte Kompetenzorientierung, intra- und interreligiöses Lernen, performative Didaktik und ökumenisches Lernen genügen. Der dritte Bereich „Essentials“ widmet sich passenderweise dem Kernanliegen von gutem Religionsunterricht, nämlich religiös relevante Lernprozesse anzulegen, die den Lerngruppen Neugierde, religiöses Wissen und Haltung vermitteln sollen.

Insbesondere für Neulinge im Beruf lohnt sich das umfangreiche vierte Kapitel, da es Anregungen für die Praxis thematisiert. Von pädagogischen Beziehungen über Strukturierung von Unterricht bis hin zur Differenzierung im Unterricht werden pointiert Hinweise geteilt. Lobenswert ist der Blick auf wesentliche methodische Zugriffe im Religionsunterricht. Gebündelt werden viele Aspekte im Teil „Goldene Regeln“, wobei Schröder sympathischerweise zugibt, dass sich noch zeigen muss, ob diese Regeln „golden“ sind. Eine sinnvolle Abrundung stellt der letzte Bereich dar, der „Besondere Fälle“ in den Blick nimmt. Kinder mit Förderbedarf und Hochbegabung und Unterrichtsstörungen seien beispielhaft genannt. Hilfreich ist für Berufsanfänger neben dem ausführlichen Literaturverzeichnis noch der Materialanhang, in dem u. a. Anregungen zur Reflexion des eigenen Unterrichts gegeben werden.

Schröders Werk wirkt auf den ersten Blick „voll“, ist aber, trotz des recht kurzen Umfangs, nicht überfrachtet. Vielmehr gelingt es dem Autor, präzise und in kurzen Unterkapiteln flüssig relevante Inhalte zu vermitteln. Dies kommt insbesondere Personen, die sich schnell Wissen aneignen müssen bzw. wollen, zu Gute. Dass für eine tiefere Beschäftigung mit einzelnen Themen eine vertiefte Auseinandersetzung mit Fachlektüre erfolgen muss, ist nicht zu kritisieren, da der Autor eben nur einen ersten Überblick liefern möchte. Daher sind die immer wieder eingepflegten Kurzverweise innerhalb der Unterkapitel, in denen auf bewährte Literatur (bspw. Sölle), aber auch z. B. im Kontext der Reflexion der allgegenwärtigen Digitalisierung auf Maria Schraders Film „Ich bin dein Mensch“ verwiesen wird, sehr zu loben.

Etwas störend ist der durchweg einseitige konfessionelle Bezug. Stets wird auf Veröffentlichungen der EKD, von Landeskirchen etc. verwiesen. Zwar ist es legitim, dass Schröder anhand der eigenen Zugehörigkeit auf den Religionsunterricht blickt, dabei sollte der klare ökumenische Blick bei einer aktuellen Veröffentlichung umso mehr selbstverständlich sein. Die Praxis der Unterrichtenden zeigt, dass das konfessionelle Bewusstsein bei den Lernenden immer mehr zurückgeht, in vielen Ländern – wie Schröder richtig beschreibt – gibt es konfessionell-kooperativen Religionsunterricht (oder ähnliche Formen), so dass ein Werk, das sich an Neu-Unterrichtende richtet, diese Entwicklung verstärkt in den Blick nehmen sollte.

Insgesamt bietet das Buch für erfahrene Religionslehrkräfte keinen größeren Mehrwert, da die ausgeführten Aspekte bekannt sind und die Verweise auf „Updates“ in Gänze zu kurz ausfallen. Dies ist dem Autor aber nicht vorzuwerfen, da er seine Leserschaft klar definiert hat. Ergänzend zu den obigen angeführten Zuschreibungen Schröders möchte der Rezensent noch Referendarinnen und Referendare und fachfremd Unterrichtende ergänzen. Die genannten Personengruppen werden „Religion unterrichten“ mit großem Gewinn lesen können und mit einem sicheren Gefühl ihre Unterrichtstätigkeit beginnen können.

Praktische Theologie konkret Bd. 6
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Verlag. 2022
160 Seiten
18,00 €
ISBN 978-3-525-63414-1

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