Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Clauß Peter Sajak (Hg.): Schöpfung

Wissen – Kompetenzen – Haltungen
Sekundarstufen I und II



Die bewährte Reihe zum Lernen im Trialog wird hier ergänzt und zugleich abgeschlossen mit einem Band zum Thema Schöpfung. Damit ist hier zugleich ein Zweifaches geleistet: Das Heft führt ein in die Grundzüge des Schöpfungsglaubens in den drei monotheistischen Weltreligionen und gibt zugleich für alle Schülerinnen und Schüler – unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit – Impulse für einen achtsamen und verantwortungsbewussten Umgang mit der uns anvertrauten Schöpfung. Damit folgt es, wie im Vorwort von B. Schwarz-Boenneke erläutert, dem ethischen Dreischritt von „Sehen – Urteilen – Handeln“. Die Schülerinnen und Schüler erwerben die Kompetenz, ethische Herausforderungen exemplarisch im Umgang mit ihrer Umwelt zu erkennen, vor dem Hintergrund einer religiösen Grundhaltung, die allen drei monotheistischen Religionen gemeinsam ist (vgl. der einleitende Artikel von C. P. Sajak) – nämlich die Welt als dem Menschen anvertraute Schöpfung zu betrachten – zu beurteilen und in der Konsequenz ihrer im Zuge dieser Auseinandersetzung erworbenen eigenen Haltung entsprechend zu handeln.

Das Themenheft enthält im ersten Teil vier Aufsätze zu grundlegenden Fragen der Thematik. In einem grundlegenden einleitenden Artikel reflektiert Oliver Wiertz das Verhältnis von Naturwissenschaft und Theologie bzw. Glauben – eine Fragestellung, die im RU immer wieder begegnet. Daniel Krochmalnik bietet eine Exegese der Texte der Genesis aus jüdischer Perspektive. Rainer Hagencord fordert aus christlicher Perspektive eine neue Reflexion des Verhältnisses von Mensch und Tier, eine aus seiner Sicht in der Theologie vernachlässigte Thematik, und gewinnt insbesondere aus der Mystik von Martin Buber und Meister Eckart Impulse für eine veränderte Perspektive, insbesondere auch auf die industrielle Tierhaltung (vgl. auch Eulenfisch Nr.15, 2015: Tier und Wir). Mouhanad Khorchide erläutert in seinem Beitrag das anthropozentrische Schöpfungsverständnis des Korans und dessen Konsequenzen für das Handeln der Gläubigen. Er schließt mit der für alle drei Religionen gültigen Feststellung: „Gelebte Religiosität lässt sich somit im verantwortlichen Handeln sich selbst, seinen Mitmenschen und der Schöpfung gegenüber bezeugen.“ (44)

Im zweiten Teil des Themenheftes werden exemplarisch drei erprobte Praxisbeispiele vorgestellt, die aus dem Schulwettbewerb „Trialog der Kulturen“ der Herbert Quandt-Stiftung hervorgegangen sind. Dabei werden jeweils die angestrebten Kompetenzen vorangestellt und einige organisatorische Hinweise zum Projekt gegeben. Im Projekt „Schöpfungsmythen der abrahamischen Religionen“ begegnen die Schülerinnen und Schüler ausgehend von ihren eigenen Erklärungsversuchen zur Entstehung der Welt den Schöpfungsmythen aller drei monotheistischen Religionen, wobei ein einführender Text einen grundlegenden Verstehenshinweis für mythische Texte liefert. Die angefügten kopierfähigen Materialien sind dabei nicht nur für die Verwendung innerhalb eines Projekts geeignet, sondern können in der Praxis auch im Regelunterricht Religion oder Praktische Philosophie eingesetzt werden, der so um eine trialogische Perspektive erweitert würde. Auf der Suche nach eigenen Handlungsmöglichkeiten im verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung initiierten die Schülerinnen und Schüler anschließend eine Teilnahme an bestehenden Projekten zum Umweltschutz bzw. zum sensiblen Umgang mit Ressourcen. Ergänzt wird dieses erste Projekt durch zwei weitere, die jeweils kurz skizziert werden, in denen zum einen das Geschlechterverhältnis bzw. das Verhältnis zu den Mitgeschöpfen vor dem Hintergrund der Schöpfungsmythen und zum anderen explizit das Verhältnis von Naturwissenschaft und Glaube (mit einer entsprechenden Materialseite) reflektiert werden.

Das zweite vorgestellte Projekt besteht in der Erstellung eines erlebnisorientierten „Schöpfungspfad[es] der Religionen“, den die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler in einem Waldgebiet mit Hilfe von Schaukästen angelegt haben. Dieses aufwändige und zugleich auf Nachhaltigkeit angelegte Projekt wird grob skizziert, mögliche Texte für Schautafeln werden beispielhaft vorgestellt. Praktische Anweisungen etwa zu Ansprechpartnern (Förster, Kommune) oder verwendeten Materialien für die Stationsschilder bzw. konkrete Bauanleitungen fehlen bei der Projektbeschreibung allerdings. Möglichen „Nachahmern“ lässt dies einerseits einen großen Gestaltungsspielraum, sicherlich sind nicht alle Erfahrungen übertragbar, andererseits wären detailliertere Beschreibungen, die den Erfahrungsschatz der durchführenden Kollegen aufgreifen, an dieser Stelle durchaus wünschenswert. Auch dieses Projekt wird wiederum flankierend ergänzt durch die Vorstellung zweier weiterer Projekte: das Anlegen eines Paradiesgartens, zu dem allerdings keine weiteren Materialien enthalten sind, jedoch Hinweise auf entsprechende Quellen, und ein Projekt zum Thema Organspende für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, zu dem eine entsprechende Materialseite sowie der Hinweis auf den eindrucksvollen Dokumentarfilm „Das Herz von Jenin“ enthalten sind.

Wiederum an ältere Schülerinnen und Schüler ist das dritte fächerübergreifende Projekt „Die Schüler-Ethikkommission“ adressiert, in dem die Auseinandersetzung mit medizinethischen Fragen aus trialogischer Perspektive im Fokus steht. Bei der Beschreibung finden sich hilfreiche Hinweise auf mögliche Themenstellungen, Materialien und Schritte der Durchführung. Wiederum werden zwei weitere Projekte ergänzend dargestellt: eine religionssensible und ressourcenbewusste „Antimodenschau“ in Kooperation mit dem Kunstunterricht sowie ein Projekt zur industriellen Massentierhaltung am Beispiel Huhn.

Das Themenheft entspricht seinem Anspruch, die interkulturelle und interreligiöse Kompetenz der Schülerinnen und Schüler zu fördern, indem es ihnen – und in den fundierten einleitenden Beiträgen auch den Lehrkräften – zum einen Sachwissen zum Schöpfungsverständnis der drei großen monotheistischen Weltreligionen vermittelt, in denen Mensch, Tier und Natur als Geschöpfe Gottes und damit zugleich als Gabe und Aufgabe aufgefasst werden. Zum anderen bieten alle vorgestellten Projekte Impulse zum praktischen Handeln als Konsequenz aus dem erworbenen Sachwissen, wobei im gemeinsamen Tun der Dialog der drei abrahamischen Religionen seinen Niederschlag findet.

Lernen im Trialog Heft 4
Paderborn: Schöningh Verlag. 2015
100 Seiten
16,95 €
ISBN 978-3-14-053653-0

 

Zurück