Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Clauß Peter Sajak: Trialogisches Lernen konkret

Die Jahre 2005 bis 2015 waren ein spannendes Jahrzehnt bezüglich des Miteinanders, teilweise auch des Gegeneinanders der drei Weltreligionen und ihrer kulturellen Ausprägungen. Ein gutes Jahrzehnt, um sich in die lange Tradition des Trialogs der Kulturen zu stellen und diesen im Kontext der Schule zu fördern. Dieser Aufgabe hat sich die Herbert Quandt-Stiftung mit ihrem Schulenwettbewerb „Schulen im Trialog– Europäische Identität und kultureller Pluralismus“ verschrieben. Das vorliegende Buch blickt auf die Ergebnisse dieses Schulenwettbewerbs zurück und ordnet diese Auswertung schulpädagogisch sowie nach ihren quantitativen und qualitativen Ergebnissen ein.

In ersten Teil des Buches werden zunächst die Grundlagen des Trialogs der Kulturen beschrieben. Dafür werden die Ergebnisse der Birmingham-Studie aus dem Jahre 2003 in den Blick genommen. Diese haben deutlich gemacht, dass der Trialog der Kulturen in den untersuchten europäischen Ländern in den Schulen leider erst sehr spät in den älteren Jahrgangsstufen aufgegriffen wird. Dass diese Thematisierung des Trialogs meist aus der eigenen, vorwiegend christlichen Perspektive geschieht und oftmals vor allem Konfliktsituationen und Herausforderungen der Migration in den Blick nimmt, erschwert den Trialog zusätzlich. Der Schulenwettbewerb wollte dem entgegensteuern und mit jährlichen Wettbewerbsrunden, mit je eigenen thematischen Schwerpunkten, eine offenere Herangehensweise an die drei abrahamitischen Religionen ermöglichen.

Dabei stellt sich die Herbert Quandt-Stiftung in die alte Tradition des Trialogs der abrahamitischen Religionen. Ausgehend von Toledo im 12. Jahrhundert über die Pariser Scholastik bis hin zu einer nicht zuletzt durch die beiden Weltkriege und katholischerseits durch das Zweite Vatikanum evozierten Entwicklung im 20. Jahrhundert, die sich von einer vorwiegend christo- und eurozentrierten Perspektive mehr und mehr verabschiedet. So initiiert die Herbert Quandt-Stiftung die Entwicklung einer Trialogischen Religionspädagogik, die Grundkompetenzen als Standards für Trialogisches Lernen formuliert.

Im zweiten Teil stehen die Ergebnisse des Wettbewerbs im Mittelpunkt, der sich vor allem als Förderwettbewerb sah, um eine projektbezogene und auch schulübergreifende Beschäftigung mit dem Trialog der drei abrahamitischen Religionen anzuregen und einen respektvollen Umgang miteinander zu stärken. So ging es nicht darum, existierende Projekte zu prämieren, sondern vor allem neue ins Leben zu rufen.

Der Wettbewerb erreichte eine hohe Beteiligung sehr unterschiedlicher Schülergruppen in den ausgewählten Bundesländern. Es werden die Projektgruppen mit ihren Projekten in einem Kapitel des Buches statistisch ausgewertet sowie die zahlreich beteiligten externen Projektpartner systematisiert. Wenig überraschend erscheint, dass das Fach Religion/Ethik am häufigsten Ort der Durchführung eines Projektes war und Lerngruppen der Sekundarstufe I den größten Anteil stellen. In der quantitativen Auswertung werden dann prämierte Projekte vorgestellt, die beispielhaft für viele andere Projekte stehen. Dieses Kapitel ist in die vier Themenfelder „Gotteshäuser“, „Jahreszeiten, Mahlzeiten und Lebenszeiten“, „Heilige Schriften“ und „Schöpfung“ unterteilt. Besonders die Lektüre dieser Auflistung ist für interessierte Lehrkräfte sehr inspirierend, um eigene Projekte an der Schule zu entwickeln. Die kurzen Projektbeschreibungen regen ein eigenes Engagement in diesem Bereich an.

Im letzten Kapitel werden die Erkenntnisse aus dem Schulenwettbewerb für die Didaktik des interreligiösen Lernens im Kontext der drei abrahamitischen Religionen vorgestellt. Hier wird das Strukturmodell einer kompetenzorientierten Didaktik von Kerstin Tschekan mit den Daten der schulischen Praxis aus den Wettbewerbsbeiträgen zusammengeführt. Diese Bilanz des Schulenwettbewerbs motiviert, sich mit Schülern mit dem Trialog zwischen Judentum, Christentum und Islam auseinanderzusetzen und gibt praktische Ideen und theoretische Impulse, um im schulischen Bereich ein solches Projekt anzugehen.

Zehn Jahre Schulenwettbewerb der Herbert Quandt-Stiftung – eine Bilanz
Freiburg: Herder Verlag. 2019
160 Seiten m. Abb.
24,00 €
ISBN 978-3-451-38619-0

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