Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Friedhelm Hofmann: Zeichnung als Zwiesprache

Die künstlerische Gestaltung des neuen „Gotteslob“

Anzuzeigen ist eine kleine Kostbarkeit, eine Veröffentlichung, die ein bibliophiles Kunstbuch und eine nützliche Hilfe zugleich ist. Es handelt sich um eine Einführung in die künstlerische Gestaltung des neuen „Gotteslob“. Autor ist der Würzburger Diözesanbischof Friedhelm Hofmann, der sich auch als Kunsthistoriker einen Namen gemacht hat und als Vorsitzender der Kommission „Gemeinsames Gebet- und Gesangbuch der Deutschen Bischofskonferenz“ die Neuausgabe des „Gotteslob“ verantwortet. Entstanden ist ein Werk von „europäischem Rang“, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung urteilte, zugleich aber auch ein „Gesamtkunstwerk“, bei dem die künstlerische Gestaltung eine hohe Priorität hatte, wie Friedhelm Hofmann im Vorwort schreibt. Ausgestattet wurde das „Gotteslob“ mit drei Farbbildern, zwei für den Anfang und das Ende des Stammteils: Michelangelo, Erschaffung Adams (Ausschnitt) und Romanisches Kruzifix aus Erp sowie einer Farbabbildung vor dem Eigenteil der Bistumsausgaben. Letztere soll den Bezug zur Ortskirche herstellen, weshalb man sich in Würzburg für die Krümme eines kunsthandwerklich kostbaren Bischofsstabes entschieden hat, der die Ankunft der drei irischen Frankenmissionare, der Heiligen Kilian, Kolonat und Totnan in einem Boot darstellt.

Für die weitere künstlerische Ausstattung des Gebet- und Gesangbuches wurde auf bekannte Kunstwerke verzichtet; vielmehr entschied sich die Kommission für kleine abstrakte Bleistift- und Tuschzeichnungen, die formal und ästhetisch mit den Schrift- und Notenzeichen korrespondieren und diese ergänzen sollen. Die Wahl fiel auf die in Köln lebende Künstlerin Monika Bartholomé (geb. 1950), die als Zeichnerin seit den achtziger Jahren auf sich aufmerksam gemacht und einen großen Bekanntheitsgrad erreicht hat.

An dieser Stelle ist von der Nützlichkeit der vorliegenden Veröffentlichung zu reden. Denn die Zeichnungen von Monika Bartholomé sind keine Illustrationen und auch kein schmückendes Beiwerk. Sie sind autonome Kunstwerke, denen der Bezug zur bekannten christlichen Ikonografie fehlt, weil sie ganz der Aussagekraft reduzierter Linien vertrauen. Deshalb werden sie manchen Gottesdienstbesucher ratlos machen. Dennoch zielen die Linienzeichnungen gerade auf die Kommunikation mit dem Betrachter, dessen Phantasie und Imagination sie herausfordern wollen. Monika Bartholomé erklärt: „Die Zeichnungen möchten Räume schaffen, Denk- und Empfindungsräume, und sie möchten kommunizieren. Kommunizieren heißt, auf der dritten Ebene, der wortlosen Ebene der Bilder sprechen. Diese Sprache entzieht sich der Eindeutigkeit, die Zeichnungen zeigen nicht auf den Text und sagen, so möchte ich gelesen werden. Sie beziehen Position in einem Dazwischen, einem Bereich, der eher der Wirkung von Musik vergleichbar ist. Es geht um Empfindungen, Erinnerungen, nicht um Bestätigung und Verstärkung des Wortes.“

Im Sinne dieses Programms sind die Deutungen Hofmanns sensibel, persönlich und zurückhaltend; sie machen auf Kontexte aufmerksam, vermeiden Urteile und Festlegungen und eröffnen auf diese Weise der Eigentätigkeit des Betrachters Phantasie- und Spielräume.

Dem Inhalt entspricht die hochwertige Ausstattung des Büchleins: grauer Hardcovereinband mit dem Signet des „Gotteslob“ auf rotem Quadrat, Fadenheftung und rote Kapitelblätter, die sich am Design des Gebet- und Gesangbuchs orientieren. Vorzüglich ist die Wiedergabe der Zeichnungen gelungen: ganzseitig, auf festem Papier, ohne dass wie bei den Dünndruckausgaben der Text der Rückseite durchscheint.

Ein rundum gelungenes Buch zu einem erstaunlich niedrigen Preis. Zu empfehlen als Geschenk für Freunde der Kunst und Besucher von (katholischen) Gottesdiensten.

Würzburg: Echter Verlag. 2015
102 Seiten m. Abb.
9,90 €
ISBN 978-3-429-03905-9

 

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