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Gerhard Begrich: Genesis
Der neue, vom Autor dem Andenken an Franz Rosenzweig und Martin Buber gewidmete Band enthält eine Neuübersetzung vom Buch Genesis mit anschließenden Erläuterungen. Diese Erläuterungen nehmen, rein umfangmäßig, kaum einen Bruchteil des Werkes ein, doch sie haben es in sich. Auf das Wesentlichste zusammengedrängt, finden wir hier die wichtigsten Erträge eines erprobten Exegetendaseins.
Auch in sich selbst geben die Erläuterungen ein eigenartiges Verhältnis wider: Die Erläuterungen zu den ersten 12 Kapiteln (Schöpfung bis Erwählung Abrahams) nehmen fast die Hälfte der gesamten Erläuterungen zu dem 50 Kapitel umfassenden biblischen Buch ein. Im Übersetzungsteil verhält es sich genau umgekehrt, hier machen sie nur einen verschwindenden Abschnitt aus. Dadurch wird schon äußerlich deutlich, wie inhaltliche Bedeutsamkeit nicht von der Zahl der Worte abhängt. Damit erweist sich das kleine Büchlein als ideales Hilfsmittel für Religionslehrerinnen und -lehrer, deren Augenmerk sich begreiflicherweise besonders auf jene Stellen und Aussagen richten muss, die sich wegen ihrer inhaltlichen Brisanz zur Weitervermittlung im Unterricht empfehlen. Mit Hilfe dieses Buches haben sie den besten Wegweiser für eine entsprechende biblische „Schatzsuche“ an der Hand.
Da es sich um das erste Buch der Bibel in kanonischer Anordnung handelt, sind die Stellen nicht selten, an denen ein biblischer Ausdruck, Begriff oder Name zum ersten Mal verwendet wird. Durch entsprechende Reflexionen dazu leisten die Erläuterungen wichtige Hilfen für das Verständnis der gesamten Bibel. So erfahren wir, wann, wo und in welchen Zusammenhängen der Gottesname zum ersten Mal (Gen 2,4) auftaucht, wie und mit welcher möglichen Bedeutung er zum ersten Mal in der menschlichen Anrede (Gen 4,1) erscheint. Einen besonders glücklichen und stilvollen Einfall des Autors stellt es dar, den Gottesnamen dort, wo er allein dasteht, im Bemühen um „gerechte Sprache“, als „Er, hochgepriesen sei Sie“, und damit so wiederzugeben, dass die Fürwörter der beiden Geschlechter nicht einfach äußerlich nebeneinandergestellt, sondern in unterschiedliche grammatische Bezüge eingebettet werden. Wir hören vom ersten Vorkommen der Bezeichnung El Schaddaj (Gen 17,1), von Begrich als „Allernährerin“ aufgefasst (sonst „der Allmächtige“, manche auch: „Gott des Feldes“).
Wir stoßen auf die erste Bezeichnung eines Menschen, wiederum Abrahams, als Propheten (20,7) und gleich ist der Bogen zu einer ganz anderen Abteilung biblischer Bücher gespannt. Abraham bietet auch Anlass, zur ursprünglichen Bedeutung von „Hebräer“ Anstöße zu geben. Der „Engel des Herrn“ wird als „Engel des Ewigen“ (Gen 16,7) wiedergegeben, die Schöpfung insgesamt als ein „Dichten“ Gottes (Gen 1,1) verstanden.
Wer sich noch etwas unsicher fühlt im Umgang mit der Bibel und die Ansichten eines einzelnen Gelehrten nicht so richtig einzuordnen gelernt hat, sollte neben das Buch von Begrich eine ihm geläufige Übersetzung legen. Vielleicht kann es passieren, dass er für eine Stelle, an der er bisher immer gestolpert ist, bei diesem Autor eine glückliche Übersetzung, eine aufschlussreiche Erklärung findet. Eine andere Stelle bei ihm kommt ihm dagegen beim ersten Lesen abstrus vor, doch beim Vergleich mit der vertrauteren Übersetzung geht ihm eine Ahnung auf, was er damit ausdrücken oder betonen wollte. Immer jedoch wird die Lektüre das eigene Nachdenken befruchten und zu einer spannenden Schatzsuche werden lassen.
Stuttgart: Radius Verlag. 2014
188 Seiten
18,00 €
ISBN 978-3-87173-970-5