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Hans Mendl (Hg.): Religion erleben: Praxisband Sekundarstufe
Darf ich mit Schülerinnen und Schülern in der Unterrichtseinheit „Rede von und mit Gott“ das Credo beten? Können im Religionsunterricht (RU) Psalmen rezitiert, Moscheen besucht und Klassengottesdienste gestaltet werden? Oder ist dies für einen zeitgemäßen und ansprechenden Religionsunterricht nicht sogar geboten, um Schülerinnen und Schülern einen authentischen Einblick sowohl in die eigene Konfession als auch in andere Religionen zu vermitteln?
Hans Mendl, Herausgeber dieser Beitragssammlung, nimmt in dieser Debatte einen ebenso eindeutigen wie differenzierten Standpunkt ein, den er im Vorwort und in der Einführung zu dem Sammelband plausibel entfaltet: Zum einen betont er ebenso wie bereits im ersten Band von „Religion erleben: Praxisband. Grundschule“ auch in seinem zweiten Band, der sich an Unterrichtende in der Sekundarstufe wendet, die zentrale Bedeutung des Performativen bei der Gestaltung von RU. Dieser sei notwendig, damit die Schülerinnen und Schüler Glaubensfragen und -inhalte durch kreative, interaktive und handlungsorientierte Lernarrangements – wie der Titel schon sagt – im wahrsten Sinne des Wortes erleben können. Zum anderen legt Mendl genaue Vorgaben dafür fest, wie ein performativer RU in der Praxis gewinnbringend wie verantwortungsvoll gestaltet werden müsse – etwa durch die Betonung des Einladungscharakters entsprechender Lernarrangements zur Vermeidung einer möglichen Vereinnahmung.
Die im Hauptteil aufgeführten Beiträge aus der Praxis tragen diesen Grundgedanken allesamt Rechnung und werden von Mendl jeweils prägnant eingeleitet und theoretisch im Sinne des performativen Ansatzes fundiert. Unterteilt in sechs aussagekräftige Oberkategorien wie „Religion unterwegs“ oder „Kirchenjahr“ wird dem Lesenden ein schneller Überblick über die vorgestellten Lernarrangements und Projekte ermöglicht. Der sich wiederholende Aufbau der Beiträge, die Unterrichtsbeispiele verschiedener Schulen und Schulformen bündeln, umfasst eine kurze Einführung, die konkrete Durchführung sowie die Reflexion und trägt so zu einer klaren Strukturierung und inhaltlichen Fokussierung der Unterrichtsbeispiele und Projekte bei. Positiv sind in diesem Zusammenhang auch die zu jedem Beitrag digital zur Verfügung gestellten Unterrichtsmaterialien hervorzuheben, die zur Erprobung und Weiterentwicklung im eigenen Unterricht einladen. Somit bietet dieser Sammelband gerade für Berufseinsteiger eine Vielzahl motivierender Anregungen und Ideen für die eigene Unterrichtsgestaltung.
Allerdings werden die vorgestellten Praxisbeispiele dem von Mendl eingangs so provokant formulierten „Aufforderungscharakter“ des Buchprojektes, nämlich Rückmeldung oder gar Anfechtung hervorzurufen, nur teilweise gerecht. Denn während einige Beiträge durchaus interessante Anregungen beinhalten, etwa das Projekt einer regelmäßig stattfindenden „Stille Pause“ (Martina Bradl), erscheinen andere – wie z.B. der Besuch eines Klosters (Doris Ziniel) – trotz performativer Interpretation insgesamt wenig innovativ. Wieder andere setzen zwar durchaus anregende, über die wöchentliche Religionsstunde hinausgehende Impulse, erweisen sich jedoch gerade dadurch als zu zeitaufwendig für den regulären Schulbetrieb und sind damit nur bedingt umsetzbar, wie das Projekt „Charity Walk“ (Kathrin Leibold).
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Relevanz performativen Lernens als wertvolle und sinnvolle Bereicherung eines zukunftsfähigen Unterrichts generell nicht zu unterschätzen ist. In besonderer Weise gilt dies im Hinblick auf den christlichen Religionsunterricht (CRU), der ab dem Schuljahr 2025/26 in Niedersachsen den konfessionellen sowie den konfessionell-kooperativen RU ablöst, auch wenn der Herausgeber in diesem Sammelband auf diesen neuartigen RU und seine anstehenden Herausforderungen (noch) nicht explizit eingeht.
Unterrichtsbeispiele – Analysen – Materialien
Ostfildern: Matthias Grünewald Verlag. 2024
314 Seiten m. farb. Abb.
32,00 Euro
ISBN 978-3-7867-3331-7