Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Henning Wagenbreth (Hg.): Bilder schreiben, Wörter zeichnen

Illustration arbeitet im Spannungsfeld zwischen Wort und Bild. Mit diesen Worten im Vorwort wird der Leser in die Welt der Illustration entführt. Und es gibt wirklich viel zu entdecken und zu lernen, denn das Buch zeigt Arbeiten der vergangenen 25 Jahre der Illustrationsklasse der Universität der Künste Berlin. Zusammengestellt und herausgegeben wurden die Illustrationen von Henning Wagenbreth, der seit 1994 als Professor für Illustration und Grafikdesign in Berlin tätig ist.

Die Illustrationen sind in 15 Kapitel unterteilt, die jeweils mit einem kleinen erklärenden Text eingeleitet werden. Drei der 15 Kapitel sind in Schwarz auf einfarbigem Papier gedruckt. Diese Bereiche werden als „lexikalische Kapitel“ beschrieben, denn Sie widmen sich den „Vorfahren“, „Vorbildern“ und „Techniken“ der Illustration im Allgemeinen.

Die anderen 12 Kapitel behandeln Bereiche der Gesellschaft, wie Arbeit, Familie, Freiheit, Stadt, Politik und Theater. Zu jedem dieser Themen findet man zahlreiche Illustrationen von ganz unterschiedlicher Art. Mag einem beim ersten Durchblättern der Stil der Illustrationen teilweise ähnlich erscheinen, so ist bei genauer Durchsicht sehr wohl eine Differenzierung festzustellen. So lernen wir beispielsweise durch geometrisch anmutende Vogeldarstellungen, dass unsere Welt in den letzten 40 Jahren ein Fünftel der neugeborenen Vögel verloren hat. Oder wir lernen, dass Grillen in einem Mehrfamilienhaus verboten ist, indem ein Koch auf einem Balkon gezeigt wird, der ein ganzes Schwein am Grillspieß über offenem Feuer zubereitet, und der Qualm bis weit in die Höhe steigt. Hier und an anderen Stellen im Buch ist es schön zu sehen, wie ein und dasselbe Thema auf sehr unterschiedliche Weise illustriert werden kann.

Auch verweilt der Blick gerne an ganzen Illustrationsreihen, die von einer Illustratorin oder einem Illustrator gezeichnet wurden: Eine Reihe über ungewöhnliche Atelierorte, an denen außergewöhnliche Kunst erschaffen wurde, zeigt unter anderem Frida Kahlo, die liegend im Bett malte, Jackson Pollock in einer Scheune und Georgia O´Keeffe in einem Auto. Warum trug Julius Cäsar einen Lorbeerkranz, Napoleon einen Zweispitz und unsere Polizisten einen Hut? Auch darüber erhält der Leser in der Reihe „Kopfbedeckungen aus aller Welt und Ihre Bedeutung“ jede Menge neue Informationen. Im letzten Kapitel (Zukunft und Vergangenheit) sehen wir, wie sich die Studierenden damit auseinandersetzen, ob Technik für unsere Welt eher Problem oder Lösung ist. Acht kleine Illustrationen auf einer Seite stehen unter Überschriften wie „In drei Tagen um die Welt“ oder „Der Gen-Baukasten“.

Dieses Buch ist sehr übersichtlich strukturiert, so dass man sich schnell zurechtfindet. Dem Herausgeber Henning Wagenbreth ist eine tolle Mischung gelungen: Wir lernen in kurzen, informativen Texten viel über das Genre und seine Techniken, haben aber auch Gelegenheit, die Illustrationen einfach auf uns wirken zu lassen. Bislang bedeutete Illustration für mich immer die Bebilderung eines Textes, aber nun weiß ich: Eine Illustration kann sehr viel mehr! Sie kann auch alleinstehend wichtige Informationen vermitteln, sie kann helfen, Regeln mit Hilfe von Überspitzungen und humorvollen Darstellungen besser zugänglich machen, sie kann Sachverhalte vereinfachen, sie kann unsere Phantasie anregen und Position beziehen.

„Bilder schreiben, Wörter zeichnen“ ist absolut empfehlenswert für alle, die sich für Illustration interessieren und ebenso für junge Menschen der vergangenen 25 Jahre und ihre phantasievolle Sicht auf die Dinge, die unsere Gesellschaft bewegen.

Was wir mit Illustrationen machen können
Wuppertal: Peter Hammer Verlag. 2023
512 Seiten m. farb. Abb.
49,00 €
ISBN 978-3-7795-0707-9

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