Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Hildegard Huwe / Miriam Penkhues: Das Geheimnis des Pilgerns

„Noch ein Buch übers Pilgern? Gibt es da eigentlich noch Neues zu erzählen?“ Bereits seit einigen Jahren, spätestens aber seit Hape Kerkelings Erfolgsbuch „Ich bin dann mal weg!“ aus dem Jahr 2006, boomt das Pilgern. Ob der Jakobsweg nach Santiago de Compostela als „Klassiker“ oder Wege in heimischen Gefilden, das spirituelle Gehen haben viele Menschen für sich entdeckt – oder probieren es zumindest aus. Mit der steigenden Beliebtheit sind zahlreiche Bücher erschienen, die als Ratgeber, Erlebnisbericht oder Reiseführer Tipps geben rund ums Pilgern. Doch was ist eigentlich das Besondere an dieser Form des Unterwegsseins? Was zeichnet sie aus? Gibt es etwas genuin Christliches daran?

Antworten auf diese Fragen kann man in Hildegard Huwes und Miriam Penkhues‘ Buch „Das Geheimnis des Pilgerns“ finden. In sechs Kapiteln widmen sich die Autorinnen verschiedenen Aspekten des Pilgerns aus christlicher Perspektive. Dabei fließen immer wieder eigene Erfahrungen ein. Ob kurze Anekdoten von eigenen Pilgertouren oder Gespräche mit Menschen, denen man unterwegs oder während der Tourenplanung begegnet: Es sind Erlebnisse und Begegnungen, die das Pilgern eindrücklich machen. Der Aufbau des Buches entspricht dem einer Pilgertour: von der Planung, über das Unterwegssein, hin zu einer „Spirituellen Toolbox“.

Das erste Kapitel bietet unter der Überschrift „Vor dem Losgehen“ einen guten Einstieg in das Thema „Pilgern“. Hier gibt es vor allem praktische Hinweise und eine erste Orientierung. Besonders fallen die Überlegungen am Ende des Kapitels ins Auge, die nicht nur für Einsteigerinnen und Einsteiger interessant sind, sondern auch routinierten Pilgerfans in Erinnerung rufen, was es beim Pilgern zu beachten gibt. Das daran anschließende Kapitel nimmt dann in den Blick, was das Pilgern ausmacht und vor allem, was es mit der Person macht, die unterwegs ist. Dabei geht es neben körperlichen Aspekten insbesondere um Gedanken, das eigene Fühlen und die persönliche Spiritualität. Im dritten Kapitel liegt der Fokus dann auf dem Scheitern. Es geht um die weniger schönen Seiten des Pilgerns: die körperliche Erschöpfung, aber auch um den Abbruch einer Tour oder dass manche mitgenommene Lebensfrage nicht gelöst wird. Dabei wird nicht mit den erlaufenen Blasen an den Füßen kokettiert, sondern mit Ernsthaftigkeit darauf geschaut, was passiert, wenn die Tour ganz anders läuft als geplant. Hier hilft die klare Einordnung der Autorinnen, indem sie Situationen des Scheiterns beim Pilgern beschreiben und sehr ehrlich auf diese schauen. Gleichzeitig wird den Lesenden der Zahn gezogen, dass alles perfekt laufen müsse. Zwischen Psalm 23 und der Gnade des Ankommens enttabuisieren sie das Scheitern und zeigen: Niemand „muss“ ankommen – alle „dürfen“ ankommen (70). Nach diesem tiefgehenden Kapitel geht es dann wieder ganz praktisch weiter mit „den Dingen auf dem Weg“. Hier kommen typische Themen des Wanderns zur Sprache, zum Beispiel das Sammeln von Stempeln, Pilgerzeichen wie die Jakobsmuschel, das Führen eines Tagebuchs oder die Begegnungen mit anderen Pilgerinnen und Pilgern. Besonders der letzte Abschnitt des Buches wird dann nochmal ganz konkret: Die „Spirituelle Toolbox“ hält allerlei bereit, um beim Pilgern mit der eigenen Spiritualität in Kontakt zu kommen und ihr nachzuspüren. Von Gebeten wie dem Vaterunser bis hin zum ignatianischen Tagesrückblick hält dieses Kapitel Verschiedenes bereit. Pragmatische Tipps wie das Nutzen von Apps (zum Beispiel der Stundenbuch-App) runden das Angebot ab.

Besonders gelungen ist das im Buch enthaltene „Begleitheft für den persönlichen Pilgerweg“. Es kann auf die nächste Tour mitgenommen werden und lädt ein, manchen Fragen ausführlicher nachzugehen, zum Beispiel zur eigenen Motivation. Es enthält weiterhin verschiedene Gebete, „Biblischen Proviant“ und vor allem Platz, um die eigenen Gedanken schriftlich festzuhalten. Ein gelungener Begleiter, selbst für erfahrene Pilgerreisende. Die spirituellen Impulse sind niederschwellig und so offen formuliert, dass sie auch Menschen ansprechen, die mit der Spiritualität des Pilgerns noch nicht vertraut sind.

Mit ihrem Buch ist Hildegard Huwe und Miriam Penkhues ein Werk gelungen, das Lust auf das Pilgern macht. Für Neulinge und Pilgernde mit wenig Erfahrung hält es viele Tipps bereit und ist sicher hilfreich bei der Planung und realistischen Einschätzung des eigenen Vorhabens. Für erfahrene Pilgerwandernde gibt es an der einen oder anderen Stelle zwar gute Hinweise, vor allem werden sie bei vielen Abschnitten zustimmend nicken; allzu viel Neues finden die Profis hier vermutlich nicht. Das tut dem Buch keinen Abbruch, denn es liest sich flüssig und die optische Gestaltung ist äußerst gelungen: Die Grafiken sind unaufdringlich und einfach gehalten, dabei aussagekräftig und veranschaulichen die angesprochenen Themen.

Mit ihrem Buch laden die Autorinnen ein, sich auf das Abenteuer Pilgern einzulassen, und machen auch erfahrenen Wandernden Lust, wieder den Rucksack zu packen und sich auf den Weg zu machen.

Anleitung zum christlichen Unterwegssein
Würzburg: Echter Verlag. 2023
152 Seiten m. s-w Abb. und Begleitheft für den persönlichen Pilgerweg
24,90 €
ISBN 978-3-429-05852-4

Zurück