Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Holger Zaborowski: Menschlich sein

Philosophische Essays

Es mag verwundern, dass ein Büchlein, in dem ganz unterschiedliche Essays zum Thema „Menschlich sein“ enthalten sind, ausgerechnet mit einem Essay über „Helden“ beginnt. Der Autor, Philosophie- und Ethikprofessor in Vallendar, ist davon überzeugt, dass jede Zeit von einer Sehnsucht nach Helden geprägt sei, die ihren jeweiligen Zeitgenossen sage, was ihr Leben lebenswert machen könne. Dabei hat Holger Zaborowski durchaus die Schwierigkeit im Blick, die mit der Verwendung des Ausdrucks „Held“ einhergeht. Er plädiert gerade nicht für einen Heroismus, der uns an Tage erinnern lässt, in denen der Held dort verortet wurde, wo Stahl und Blut im Spiel war. Zaborowski möchte vielmehr auf eine Bestimmung des modernen Helden hinaus, der durch seine Entschiedenheit einen Geschmack von Freiheit vermittelt, indem er Verantwortung gegenüber sich selbst, den Mitmenschen und der Welt übernimmt. Menschlich ist nämlich, wer anerkennt, dass es etwas bzw. jemanden gibt, der der Zugriffsmöglichkeit der eigenen Freiheit entzogen ist und dennoch das Erleben des eigenen Selbstseins entscheidend prägt, also die eigene Freiheit mitbedingt. 

Besonders gut sichtbar wird dieses Element der Selbsttranszendenz des Menschen im Essay über Freude und Spaß. Lässt sich der Spaß herstellen und individuell genießen, speist sich die Freude aus einem Grund, der dem Menschen entzogen bleibt. Freude lässt sich eben gerade nicht herstellen, sie ereignet sich und kommt oft unvermittelt über einen Menschen. Sie ist ein Götterfunke, wie Schiller sagt. Im Unterschied zum Spaß drängt die Freude darauf, mitgeteilt zu werden, sie enthält gewissermaßen eine soziale Komponente. 

Auch ein verantwortungsvolleres Verhältnis zu den Tieren gehört für Zaborowski zum Menschlichsein. Die die Gesellschaft kennzeichnende Dialektik, Tiervermenschlichung auf der einen und industrielle Fleischproduktion in Form der Tierverdinglichung auf der anderen Seite, sollte zugunsten einer „neuen Ökologie“ aufgehoben werden. Der Autor stellt dafür den Begriff des Lebendigen als gemeinsamen Nenner alles Animalischen in den Mittelpunkt.

Der Mensch ist das Tier, das sein Leben führen kann und dafür Verantwortung trägt für sich und seine Mitlebewesen. Soll und will der Mensch menschlich sein und bleiben, kommt er nicht um sich selbst herum. Dazu gehört unbedingt seine Bezogenheit auf seine Mitmenschen und seine Umwelt. Das, was den Menschen zum Menschen macht, kann er als Einzelner nicht herstellen oder produzieren. Holger Zaborowski buchstabiert diese Grundwahrheit über den Menschen in seinen neun Essays durch und lädt den Leser ein, Geschmack zu bekommen an der eigenen (recht verstandenen) Freiheit. 

Freiburg: Karl Alber Verlag. 2016
160 Seiten
22,00 €
ISBN: 978-3-495- 9104 48815-7

 

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