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Jens Palkowitsch-Kühl: Digitale Medien im Religions- und Ethikunterricht
Jens Palkowitsch-Kühl ist Referent für digitale Bildung am Religionspädagogischen Zentrum der Evang.-Luth. Kirche in Bayern. Das vorliegende Buch ist seine Promotionsarbeit, wodurch der wissenschaftliche Schwerpunkt des Werkes definiert ist: Über die Hälfte der Schrift widmet sich der theoretischen Einordnung und Darstellung der Frageordnung, ergänzt vom zweiten Block, der die Methodik der Untersuchung umfasst; auf rund 80 Seiten werden die Untersuchungsergebnisse und eine Diskussion dieser dargestellt. Es zeigt sich somit schon zu Beginn der Rezension, dass das Werk nicht für jede Ethik- bzw. Religionslehrkraft von Relevanz ist, da der wissenschaftliche Zugriff vor dem unmittelbaren unterrichtlichen Mehrwert steht. Nichtsdestoweniger ist die Lektüre für diejenigen Lehrkräfte und Lehrenden (an Studienseminaren und Universitäten) lohnend, die sich mit der Digitalisierung im Allgemeinen und für die Fächergruppe Ethik und Religion auseinandersetzen wollen.
Seit der Corona-Pandemie hat die Digitalisierung einen Schub in den Schulen erfahren, der noch nicht abgeschlossen ist. Gleichermaßen sind viele Kollegien nahezu überrollt worden, sodass sowohl die Arbeit vor Ort als auch die Forschung noch im stetigen Wandel sind. Im Bereich der Wissenschaften klafft für Ethik und Religion eine Lücke, die Palkowitsch-Kühl zu füllen beginnt. Er untersucht anhand von Selbsteinschätzungen und Beschreibungen des Unterrichts von Lehrkräften seine Professionsforschung. So folgt er dem Modell professioneller Handlungskompetenzen, welches Lehrkräfte als wichtigste Akteure begreift und ihnen somit auch die Hauptrolle in der Vermittlung digitaler Kompetenzen zuschreibt. Entsprechend breit werden im Buch anhand von Studien die Entwicklungslinien der Professionsforschung und Bedingungsfaktoren der Medienintegration dargestellt. Des Weiteren zeigen zahlreiche Abbildungen beispielsweise das Thematisieren der Inhalte von Medien im Unterricht auf.
Lohnend sind dabei die Ausführungen zur Fachkultur, die als ein entscheidender Bereich für eine gewinnbringende Medienintegration gesehen wird. Gerade für die Fächer Ethik und Religion bleibt aber leider (noch) offen, wie stark die eigene Fachkultur einwirkt. Forschungslücken werden klar aufgezeigt, zumal die Lebensweltorientierung, die im Wesen der beiden Fächer liegt, nicht mehr ohne Internet und Co zu denken ist.
Einen großen Faktor sieht die Arbeit zudem in den Einstellungen und Überzeugungen der Lehrkraft und – überraschenderweise – weniger in der Ausstattung der jeweiligen Schule. In diesem Kontext wird auch passend auf die Verortung von Medienkompetenzen in religionspädagogischen Kompetenzmodellen verwiesen. – Insgesamt zeigt sich eine Diskrepanz, die viele Kollegien im Alltag erleben werden: Der Umgang mit digitalen Medien wird per se positiv bewertet, es mangelt aber oft an pädagogischen Kompetenzen, um diese adäquat zu vermitteln.
Um die Faktoren zu untersuchen, wendet der Autor empirische Untersuchungen an – zum einen anhand von Fragebögen, die auf der Grundlage von bestehenden Studien entwickelt wurden, zum anderen eine Gruppendiskussion von Lehrkräften. Die Darstellung der Methodik (Stichprobenbeschreibung, Fragebogenentwicklung, Auswertungsstrategien, Methode der Datenerhebung etc.) ist für die Nutzung im universitären Bereich richtig und wichtig, für die „alltägliche Leserschaft“ aber nur mäßig relevant.
Informativ sind die Untersuchungsergebnisse, die in vielen Abbildungen aufgearbeitet sind – sei es die Rolle von Alltagsmedien im Religionsunterricht oder die Selbsteinschätzung der Medienkompetenz. So ergibt sich das Bild, Ethik- und Religionsunterricht nicht in einen Medienunterricht zu verwandeln, wenngleich die Nutzung dieser einen hohen motivationalen Faktor innehat.
Geradezu unterhaltsam ist die Lektüre der Ergebnisse der Gruppendiskussion, da hier etliche originale Ausführungen der Lehrkräfte zu lesen sind, die sowohl negative als auch positive Überzeugungen aufzeigen, die die Leserschaft zu beiden Teilen aus dem eigenen Alltag wiedererkennen wird. Hier regt die Lektüre insbesondere zur Reflexion und Diskussion an, wenn z. B. die These aufgestellt wird, dass „Schülerinnen und Schüler auch herkömmliche Techniken und Methoden erlernen [sollen]“, da sie das „digitale Feuerwerk zuhause“ haben (210).
Final ergibt sich die Diskrepanz, dass die Schülerschaft in einer Kultur der Digitalität lebt und die Lehrenden motivierende digitale Lehr- und Lernwege benötigen. Die Forschung steht diesbezüglich noch am Anfang, was Palkowitsch-Kühl treffend aufzeigt.
Bedingungsfaktoren für die Medienintegration an Schulen
Religionspädagogik innovativ
Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer. 2023
297 Seiten m. s/w Abb.
49,00 €
ISBN 978-3-17-043406-6