Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Johannes Herzgsell: Gott über uns – Gott unter uns – Gott in uns

Johannes Herzgsell, geb. 1955, Jesuit und Professor für Religionsphilosophie, Religionswissenschaft und Grundlegung der Theologie an der Hochschule für Philosophie München, hat mit diesem Buch, gegliedert in 18 Kapitel über jeweils 25 bis 40 Seiten, eine umfangreiche Beschreibung ausgewählter philosophischer und theologischer Gotteskonzepte vorgelegt – offensichtlich die Frucht einer langjährigen Lehrtätigkeit.

In den ersten Kapiteln wird die biblische und antike Christologie sowie die biblische, antike und mittelalterliche Trinitätstheologie in Anknüpfung an und in Absetzung von platonischer, aristotelischer und neuplatonischer Metaphysik vorgestellt. Im umfangreichsten Abschnitt des Buches (Kapitel 1-8) werden insbesondere die „Politeia“ und das „Symposion“ sowie Plotins Philosophie des Einen, von den trinitarischen Gotteskonzepten vor allem „De Trinitatis“ von Augustinus und von Richard von St. Viktor sowie die Systematiken von Thomas von Aquin (insbesondere S.Th I qq. 27-43) und von Nikolaus von Kues (insbesondere „De docta ignorantia“, „De visione Dei“ und „De non-aliud“) besprochen.

Daran schließen sich zwei Kapitel über die mystische Theologie der Teresa von Avila mit Seitenblick auf hinduistische und taoistische Schriften und über Johannes vom Kreuz mit Seitenblick auf buddhistische Schriften an (Kapitel 9-10). Es folgen Auseinandersetzungen mit den „Meditationes“ des Descartes im Vergleich mit den „Geistlichen Übungen“ des Ignatius einschließlich der Kritik des ontologischen Gottesbeweises sowie mit Hegels „Phänomenologie des Geistes“ und seiner „Enzyklopädie“ (Kapitel 11-12).

Für das 20. Jahrhundert werden lediglich Karl Rahners Transzendentaltheologie und Hans Urs von Balthasars pathetische Theologie aufgenommen (Kapitel 13-14). Die letzten vier Kapitel sind – an Armin Kreiners Fundamentaltheologie „Das wahre Antlitz Gottes – oder was wir meinen, wenn wir Gott sagen“ (2006) orientiert – vier Gottesattributen gewidmet: Schöpfertum, Allmacht, Allwissenheit und Ewigkeit (Kapitel 15-18).

Eine Liste einschlägiger, zum Teil relativ aktueller theologischer Publikationen komplettiert die Sammlung. Es fällt auf, dass wichtige Veröffentlichungen fehlen wie z.B. das zweibändige von Gregor M. Hoff und Ulrich Körtner herausgegebene „Arbeitsbuch Theologiegeschichte“ (Stuttgart 2011 und 2013).

Insgesamt liegt mit diesem Buch von Herzgsell eine leicht verständliche, über weite Stecken narrativ gehaltene Einführung in prominente philosophische und theologische Gotteskonzepte von der Antike bis ins 20. Jahrhundert vor. Manchmal hätte man sich eine gerafftere Darstellung gewünscht, ein anderes Mal mehr Problematisierung. Man gewinnt eher Puzzleteile zu bestimmten philosophischen und theologischen Werken als Zuordnungen in wissenschaftshistorische und wissenschaftstheoretische Zusammenhänge. Alles in allem kann das Buch sicherlich für einen Überblick zu den ausgewählten Gotteskonzepten und als Fundgrube für eine gezielte Suche nach entsprechenden Texten auch im Religionsunterricht genutzt werden.

Philosophische, theologische und spirituelle Annäherungen an Gott
Freiburg / München: Karl Alber Verlag. 2018
571 Seiten
49,00 €
ISBN 978-3-495-48945-1

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