Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Klaus von Stosch: Einführung in die Komparative Theologie

Die Komparative Theologie ist eine im englischen Sprachraum von Theologen wie David B. Burell und dem Jesuiten Francis X. Clooney entwickelte Methode des theologischen Religionsvergleichs. Besonders Ulrich Winkler und Klaus von Stosch haben diese Methode im deutschen Sprachraum in den letzten 10 bis 15 Jahren bekannt gemacht, auch wenn es die Sache bereits avant la lettre gab. Die Komparative Theologie bedient sich dabei auch der vergleichenden Religionswissenschaft, versteht sich aber dezidiert als bekenntnisgebundene theologische Disziplin. Sie ist eine Form der Theologie der Religionen, will aber bewusst religionstheologische Metadebatten und Makromodelle wie Exklusivismus, Inklusivismus und Pluralismus hinter sich lassen, weil diese der Komplexität und inneren Vielfalt der Religionen nicht gerecht werden. Stattdessen arbeitet die Komparative Theologie mit kleineren, überschaubaren Themen.

Das zu besprechende Buch von Klaus von Stosch versteht sich als Einführung in diese theologische Methode vor allem für das Theologiestudium. Anhand von 12 theologischen Fallbeispielen bringt von Stosch aktuelle Problem der christlichen Theologie ins Gespräch mit Ansätzen nichtchristlicher Religionen und sucht von daher nach möglichen Lösungen oder neuen Aspekten und Sichtweisen. Er behandelt jeweils drei Themenfelder aus den Kategorien Gott (Gott als Schöpfer denken, Gott als Liebe denken, Gott im Werden), Mensch (Menschsein mit Beeinträchtigungen denken, Der Mensch als zeremonielles Tier, Menschsein in Hingabe und Demut), Heil (Zur Heilsbedeutung des leidenden Gottesknechts, Erlösung in unseren letzten Abgründen, Erlösung durch das Kind im Stall) und Religion/Religiöse Institutionen (Frauen und das Amt der Gemeindeleitung, Religion und Recht, Ringen in verwundeter Identität). In einem ersten Schritt entfaltet er jeweils das theologische Problem und bringt dieses mit einer Perspektive einer anderen Religion (z.B. Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Jainismus, Taoismus) ins Gespräch, um dann im nächsten Schritt eine komparative theologische Synthese zu versuchen. Fragen und kommentierte Literaturempfehlungen jeweils am Ende der Fallbeispiele runden die Kapitel ab.

Außerdem bringt er in jedem Kapitel jeweils einen Steckbrief über Vertreterinnen und Vertreter der Komparativen Theologie unterschiedlicher Konfessionen und Religionen und wie sie zu dieser Methode gekommen sind: neben den bereits genannten Burrell und Clooney auch Elisa Klapheck, James L. Fredericks, Catherine Cornille, Daniel A. Madigan, Marianne Moyaert oder Robert C. Neville (der im Unterschied zu den anderen eine metakonfessionelle Ausrichtung Komparativer Theologie vertritt).

Hier ein Beispiel, wie die Weisheitstradition einer anderen Religion zu einem Erkenntnisort der christlichen Theologie werden kann: Im Anschluss an Catherine Cornille könnte die buddhistische Lehre vom Nicht-Selbst als Grundlage zur Wiederentdeckung der Haltung der (epistemischen) Demut im Christentum führen (vgl. 141f). Ob die einzelnen Anregungen aus den anderen Religionen (wie etwa das tamilische Epos für die Ämterthematik in der katholischen Kirche) tatsächlich immer weiterführend sind, sei dahingestellt – und doch regen sie zum Nachdenken an, erweitern den eigenen Horizont und dienen der Einübung in eine Haltung der Empathie, Demut und „Gastfreundschaft für die mögliche Wahrheit des anderen“ (von Stosch). Interessant wäre, auch die innerreligiöse Vielfalt zum Tragen zu bringen wie etwa Anstöße aus der christlichen Orthodoxie für die westkirchliche Tradition. Insgesamt gibt das Lehrbuch eine höchst anregende Einführung in den aktuellen Stand und die Chancen der Komparativen Theologie.

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Paderborn: Brill Schöningh Verlag. 2021
267 Seiten m. s-w Abb.
25,00 €
ISBN 978-3-8252-5754-5

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