Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Linda Wolfsgruber: sieben. die schöpfung

Bunt und intensiv – so ist der erste Eindruck, wenn man Linda Wolfsgrubers Buch „sieben. die schöpfung“ aufschlägt. Die gebürtige Südtiroler Malerin und Illustratorin hat eine eigene künstlerische Interpretation des alttestamentlichen Schöpfungshymnus geschaffen. Mit wenig Text und ausdrucksstarken Bildern widmet sie sich jedem der sieben Schöpfungstage in ganz eigener Weise. Während es sich zu Beginn des Buches vor allem um Monotypien handelt, werden diese im Laufe des Buches von Bildern abgelöst, die in Ölkreide-Kratztechnik ausgeführt worden sind. Entsprechend dem Gedicht von der Erschaffung der Welt sind die ersten Bilder rau, fast schon roh. Das Tohuwabohu zu Beginn der Genesis wird dunkel und düster dargestellt; im Laufe der Schöpfung entstehen aus dem Chaos Himmel und Erde, Wasser und Land. Von Tag zu Tag wird nicht nur die beschriebene Schöpfung konkreter und bunter, auch die Bilder gewinnen an Intensität und werden dichter. Die Vielfalt der Farben und Formen gleicht auf manchen Seiten einer Farbexplosion, bunt und eindrücklich. Zu sehen gibt es immer mehr: Landschaften und Tiere aus verschiedenen Regionen der Welt. Kamele in einer Oase, Kuhherden mit Hirten vor Alpenkulisse, Meerestiere und verschiedenste Vogelarten, Blumenwiesen mit Insekten haben ihren Platz und laden zum Entdecken ein. Auch beim mehrmaligen Durchblättern stößt man immer wieder auf Neues, an dem das Auge hängenbleibt, sodass das kleinste Lebewesen Aufmerksamkeit erhält. Man sollte sich die Zeit nehmen, um das jeweilige Bild zu erkunden und die Fülle zu sehen, die mit jedem weiteren Schöpfungstag mehr wird.

Obwohl manche Werke so dicht sind wie Wimmelbilder und darin einiges entdeckt werden kann, bietet das Buch einen niederschwelligen Zugang zum Schöpfungshymnus. Mit wenig Text und ausdrucksstarken Illustrationen lohnt sich das Einlassen auf die Bilder nicht nur für Kinder; auch für Erwachsene gibt es viel zu sehen und zu erkunden. Leider überzeugt das Layout des Buches nicht immer, denn die Wucht mancher Bilder wird durch die Platzierung über die Buchbindung hinweg gemindert. Ein Buchformat, das die Werke, insbesondere die runden, besser in Szene setzt, wäre wünschenswert gewesen. Auch die versetzten Positionen von Bild und Text auf unterschiedlichen Seiten des Buches, beispielsweise zur Entstehung des Menschen, wirken leider asynchron. Das ausdrucksstarke Bild, das menschliche Umrisse zeigt, in denen Flora und Fauna zu sehen sind, wirkt so ein wenig verloren. Interessant zu erfahren wäre, warum die Autorin sich für eigene Texte in Anlehnung an die Einheitsübersetzung entschieden hat, trotz vielfältiger Bibelübersetzungen, die es mittlerweile gibt und die viel Potenzial bieten, um mit ihrer je eigenen Prägung die Genesis zu beschreiben.

Ein starkes Statement setzt Linda Wolfsgruber zu Beginn des Buches mit dem Satz „Weil sie uns anvertraut ist …“ bei dem ein Appell an die Leserinnen und Leser mitschwingt. Diesem folgen dann Bilder und Zeichnungen, die Lust machen, sie zu entdecken und genauer hinzusehen. Ein Buch, das über Generationen hinweg einlädt, die Schöpfung neu zu betrachten, in ihrer Pracht und Buntheit – ob im Buch oder in der Natur.

Innsbruck / Wien: Tyrolia Verlag. 2024
120 Seiten m. farb. Abb.
26,00 €
ISBN 978-3-7022-4150-6

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