Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Rainer Bucher: Es ist nicht gleichgültig, an welchen Gott man glaubt

Rainer Bucher hat mit seinen „Theologisch-biografische[n] Notizen“ zum Ende seiner aktiven Zeit als Professor für Pastoraltheologie in Graz ein kleines, aber feines Buch vorgelegt, das es in sich hat. Der Titel ist weniger als Provokation denn als Ausdruck einer sprachfähigen Eleganz zu werten, welche die theologische Arbeit des Mitbegründers des theologischen Feuilletons feinschwarz.net auszeichnet. So ist dieses in seiner Kürze gut lesbare Werk eine essayistische „Theologische Summe“, in der sich die Themen seiner pastoraltheologischen Arbeit bündeln, ohne zum wiederholten Mal einfach nur aufgewärmt zu werden.

Beginnend mit Markierungen seiner eigenen Biografie unter den Stichworten Bayreuth, Richard Wagner, Vater sein und Lebensherbst bearbeitet Bucher in den weiteren vier Kapiteln in polarer Zuordnung die Themenfelder Gott und Welt, Leben und Kirche. In zeitsensibler Weise werden Grundfragen des Glaubens angesichts der prekären Situation, in der sich Glaube und Kirche im 21. Jahrhundert befinden, thematisiert ohne beschönigende Vorsicht einerseits angesichts der Gewalt, die das Wort „Gott“ mit sich gebracht hat und bis in die Gegenwart mit sich bringen kann. Hierzu zählt andererseits auch die schonungslose Benennung der Pathologien des Katholizismus wie Institutionalismus, Klerikalismus und Ritualismus. Das Buch ist aber keineswegs eine weitere Kirchenschelte vom hohen Ross der akademischen Theologie. Es ist der Versuch, die Grundfragen des christlichen Glaubens ausgehend von ihrem biblischen Fundament durchzubuchstabieren, um ihre existentielle Bedeutung für die Menschen unserer Tage offenzuhalten. Lebensfelder wie Heimat, Alltag, Leiden, Glück und Paradies gehören damit selbstverständlich dazu. So ist es nicht verwunderlich, dass sich auch ein klassisches Thema katholischer Dogmatik wie Maria wiederfindet.

Die Kriteriologie einer gelingenden Gottesrede, die Bucher dabei nachdrücklich anmahnt, ist die Praxisrelevanz des Glaubens. Angesichts der nicht zu leugnenden Gefahr einer toxischen Missbrauchbarkeit des Wortes „Gott“ wird das existentielle Potenzial, das die dogmatische Tradition der Kirche bereithält, sprachsensibel aufbereitet, ohne in den theologischen Jargon einer kirchlichen Sonderwelt zu verfallen.

Es ist nicht gleichgültig, an welchen Gott man glaubt – diesem Plädoyer ist nur zuzustimmen. In der biblischen Orientierung an den Gott Jesu Christi, der sich bedingungslos solidarisch mit den Menschen in allen ihren Lebenslagen zeigt, gelingt Rainer Bucher eine persönlich gefärbte, aber überzeugende kleine „Einführung in das Christentum“. Angesichts der fortschreitenden Gottesverdunstung in unseren Tagen lohnt sich die Auseinandersetzung damit.

Theologisch-biografische Notizen
Würzburg: Echter Verlag. 2022
176 Seiten
16,90 €
ISBN 978-3-429-05748-0

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