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Sabine Pemsel-Maier / Mirjam Schambeck (Hg.): Inklusion!?
Religionspädagogische Einwürfe
Das Werk setzt sich mit theologischen und religionspädagogischen Fragestellungen zum Thema Inklusion auseinander, da, wie die Autorinnen zu Recht anführen, zu diesem wichtigen Thema bisher wenige Publikationen von kirchlicher Seite vorliegen. Zunächst wird der Begriff Inklusion auf verschiedenen Verständnisebenen betrachtet und es werden ausgehend von einer grundlagentheoretischen Ebene und der Frage nach Leitbildern konkrete Maßnahmen abgeleitet, wie im Religionsunterricht als Schnittfläche von Schule, Kirche und Gesellschaft das Thema Inklusion differenziert betrachtet werden kann sowie Wege zur unterrichtlichen Umsetzung aufgezeigt.
Der Band ist in vier Teile gegliedert und setzt sich im ersten Teil mit den Fragen des Leitbildes aus der Perspektive des christlichen Glaubens auseinander. Mirjam Schambeck führt zunächst drei Verständnisebenen von Inklusion aus, grenzt den Begriff von Integration ab und rückt den je einzelnen Menschen in seiner Divergenz in den Mittelpunkt der Betrachtung. Inklusion wird in einem erweiterten Sinne verstanden und orientiert sich am sog. „Equity Foundation Statement“, welches u.a. von Andreas Hinz in seinem „Index für Inklusion“ auf Deutschland übertragen wurde. Sabine Pemsel-Meier stellt sich fallbezogen der Frage, welche theologischen Dispositionen (1 Kor 12,20-26 das paulinische Bild vom Leib Christi) erklärungstheoretisch hilfreich sein können, um daraus einen subjektorientierten Ansatz in der Religionspädagogik abzuleiten. Johannes Heger und Christian Höger führen die Genese in der nationalen und internationalen Entwicklung von der Integration zur Inklusion auf und beziehen hierbei die Beschlüsse der KMK (Kultusminsterkonferenz) und der DBK (Deutsche Bischofskonferenz) ein.
Der zweite Teil ist den Bezugswissenschaften gewidmet. Georg Feuser nimmt die sonderpädagogische Perspektive ein und stellt die Frage nach der Existenzberechtigung der Förderschulen, die aus seiner Sicht nicht als „Rest-Sonderschule“ beibehalten werden dürfen. Joachim Kalert geht in seinem Planungsansatz für den Unterricht vom Kind mit dem größten Unterstützungsbedarf aus und benennt das gemeinsame Lernen als oberstes Prinzip, welches er mit einem Modell der inklusiven Netze auf drei Reflexionsebenen zu realisieren gedenkt. Thomas Müller führt die positiven Effekte der Förderschulen aus, weist aber auch auf Gefahren im bestehenden System hin und plädiert dafür, über das Selbstverständnis von Förderschulen neu nachzudenken.
Im dritten Teil werden didaktische Ansätze für eine religionspädagogische Arbeit im inklusiven Kontext angeführt. Bert Roebben stellt die Methode des narrativen Erzählens/storytelling vor, mit der in „transzendental-offenen Erzählsituationen“ unterschiedliche biblische Themen gemäß John Dewey erfahrungsorientiert und lebensweltbezogen Schülerinnen und Schülern nahegebracht werden können. Mirjam Schambeck stellt zunächst die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der unterrichtlichen Realisierbarkeit von Themen und führt anhand der Konzeption eines theologischen Differenzierungsmodells aus, wie u.a. mit dem Thema Schöpfung in multiprofessionellen Teams religionspädagogisch gearbeitet werden kann. Sabine Pemsel-Maier führt ausgewählte Felder und Themen für den Religionsunterricht aus. Sie plädiert für eine neue theologische Deutung und für veränderte didaktische und methodische Arrangements in der religionspädagogischen Umsetzung. Dies wird an folgendem Zitat gut deutlich: „Auch wenn der Gedanke eines ‚behinderten‘ Gottes befremdlich wirkt – ist er unpassend für einen Gott, der ‚sich aller Gewalt entäußert, niedrig und gering wird‘, der sich in der Krippe seiner Hilfsbedürftigkeit nicht schämt und am Kreuz auf seine Macht verzichtet?“
Der vierte Teil ist der Vorstellung von konkreten religionspädagogischen- und didaktischen Konzeptionen gewidmet. Anita Müller-Friese gibt zunächst einen Überblick über Prinzipien und Konzepte für einen inklusiven Religionsunterricht, betont dabei die Wichtigkeit der didaktischen Passung und führt Methoden heran, mit denen der Heterogenität von Lerngruppen besser entsprochen werden kann. Für die Lerngruppe mit dem Förderschwerpunkt im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung führt Barbara Strutmann eine unterrichtliche Herangehensweise zum Thema Psalmen aus; Elisabeth Hotze stellt eine Unterrichtsreihe zum Thema Paulus vor, bei deren Erschließung sie sich des Mediums eines iBooks bedient.
Abgerundet wird das Werk mit einem Ausblick, welcher in zehn Thesen noch einmal wesentliche Fragen für die weitere Diskussion und Entwicklung herausstellt. Inklusion wird dabei als eine gesellschaftliche Idee einer Pädagogik der Vielfalt benannt, die weit über die Maßnahmen für die Beschulung von Menschen mit Behinderungen hinausgehen muss. Als Schlüsselbegriffe nennen sie u.a. die Subjektorientierung und die Verwendung eines multiperspektivischen Leistungsbegriffs.
Freiburg: Herder Verlag. 2014
301 Seiten
19,99 €
ISBN 978-3-451-32838-1