Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Stefan Herok: NervenSegen. Das Trostbüchlein für strapazierte katholische Seelen

Die Nerven liegen blank. Zumindest bei vielen Katholikinnen und Katholiken, die der Kirche (noch) nicht den Rücken zugewandt haben. Für viele von ihnen ist Kirche, ist Gemeinde ein fester Bestandteil des Lebens (gewesen) und sie haben viel Zeit, Herzblut und Energie in ihr ehrenamtliches oder berufliches Engagement fließen lassen. Umso mehr schmerzen manche Entwicklungen und Sichtweisen der Institution Kirche und ihrer Vertreter, die tiefe Wunden hinterlassen. Eine Spontanheilung wird es nicht geben, aber es gibt ein Buch, das doch zumindest Trost verschaffen kann: Stefan Heroks „NervenSegen. Das Trostbüchlein für strapazierte katholische Seelen“.

In seinem Werk gewährt der Autor sehr persönliche Einblicke in seine Gedanken und bietet einen Tiefgang, der wohltut. Von Anfang an ist klar, dass Stefan Heroks Medium die Sprache ist: Interessante Textkreationen in Form von Liedern und Gedichten sowie die Freude an der Sprache werden im ganzen Buch deutlich – seine Ausführungen sind pointiert und keinesfalls nur Worthülsen! Als Theologe, Pastoralreferent und Kabarettist liefert er klare Standpunkte mit theologischer Einordnung. Seine eigenen Erfahrungen, die besonders geprägt sind durch vierzig Jahre pastorale Hauptberuflichkeit, fließen ebenso ein wie die frohen und prägenden Erinnerungen aus der Jugend. Dabei liefert der Verfasser sehr persönliche Einblicke in sein Denken und Handeln. Er bietet einen Resonanzboden für diejenigen, die sich in Kirche engagieren und die diese über Jahre und Jahrzehnte mitgeprägt und gestaltet haben. Er schreibt eindringlich und persönlich von seinen Sorgen und Enttäuschungen und legt den Finger in die Wunde bei den drängenden Fragen der Kirche in der Gegenwart. Die zugespitzten Formulierungen, die Sprachspiele laden ein zum Schmunzeln, auch zum Lachen – auch wenn einem dieses manchmal fast im Halse stecken bleiben könnte. Manche Passagen schmerzen, denn seine sehr unverblümte und treffsicher formulierte Sicht der Dinge macht sehr deutlich, wie schwerwiegend einige Themen und wie ungenügend die Auseinandersetzung der Amtskirche damit sind, zum Beispiel den verschiedenen Formen des Missbrauchs. Dabei wird es auch sehr persönlich, wenn Stefan Herok beschreibt, wie weh es ihm tut zu sehen, wie unzureichend Kirche als Institution damit umgeht. Dabei ist seine Kritik niemals Phrase, sondern für ihn stehen die Menschen, allen voran die Engagierten in der Kirche, im Vordergrund. Immer wieder liest man Sätze, die an das eigene Denken und Fühlen anknüpfen. Er verbleibt aber nicht beim Negativen, sondern legt anhand eigener Überzeugungen dar, warum er der Institution Kirche nicht den Rücken kehrt und welche Perspektive des Bleibens er sieht.

Stefan Herok hat ein Buch geschrieben, das sicherlich eine große Zahl an Engagierten in der katholischen Kirche abholt. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie lange es noch Menschen geben wird, die diesen Zuspruch und Trost benötigen – und wann mancher Geduldsfaden endgültig gerissen sein wird. Man ahnt, dass die Zielgruppe des Buches kleiner wird, die Mitgliederzahlen der großen Kirchen sprechen hier für sich. Auch ist das Buch keines, das man „wegliest“ wie einen Roman. Um den Inhalten und deren Form gerecht zu werden, braucht es Pausen, in denen man das Gelesene sacken lässt und es mit den eigenen Gedanken abgleicht.

Das „Trostbüchlein“ hält, was es verspricht: Mit einer guten Mischung aus Theologie, Humor, persönlichen Eindrücken und Gedanken lädt es ein zum Nach- und Weiterdenken und macht Mut dabeizubleiben, weiter zu hoffen, das Schubladendenken über Bord zu werfen und diejenigen in den Blick zu nehmen, die Kirche so lebendig und liebenswert machen: die Menschen.

Ostfildern: Patmos Verlag. 2023
176 Seiten
19,00 €
ISBN 978-3-8436-1479-5

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