Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung
Blick in den Abteihof, vor 1909, Archiv Abtei Marienstatt (35.2 Nr. 36)

800 Jahre Zisterzienserkloster Marienstatt

Ein kurzer geschichtlicher Überblick

Das 800-jährige Gründungsjubiläum haben die Mönche aus Marienstatt
unter ein Wort der Ordensregel des hl. Benedikt gestellt:
„Aus Liebe zu Christus“. Aus Liebe zu Christus versammeln die
Mönche sich immer wieder an diesem Ort, um zu beten und zu
arbeiten. Aber auch alle Besucher und Wallfahrer kommen aus
dieser Liebe immer wieder an jenen Ort, den die Gründermönche
die Stätte Mariens – Marienstatt nannten.

Die Gründung

Die Gründung der Mönchsgemeinschaft um das Jahr
1212 durch die begüterte Adlige Aleydis von Molsberg
und ihren Ehemann Eberhard von Aremberg und die
Unterstützung des Erzbischofs von Trier, in dessen
Bistum der erste Klosterbau errichtet wurde, sollten
sicherstellen, dass die Stifter und ihre Familien immer
auf den geistlichen Beistand der Zisterzienser
zählen konnten. Dafür hatten sie der Abtei Heisterbach
im Siebengebirge, dem Mutterkloster von Marienstatt,
erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt. Auf
dem Grund und Boden der Familie von Molsberg im
Bereich des heutigen Altenklosters bei Kirburg sollte
ein neues Mönchskloster errichtet werden. Doch der
Ort war schlecht gewählt, und nach wenigen Jahren
musste die junge Neugründung mit großen wirtschaftlichen
Problemen kämpfen. Die Krise spitzte sich so zu,
dass an ein Fortbestehen des Klosters nicht mehr zu
denken war. Die kleine Gemeinschaft erwog schon eine
Rückkehr nach Heisterbach, als sich durch ein wunderbares
Ereignis neue Perspektiven auftaten. Die Legende
berichtet, dass dem Abt Hermann eines Nachts
die Gottesmutter Maria, die Patronin der Zisterzienser,
erschien und ihm auftrug, mit seinen Mitbrüdern im
Tal der Nister nach dem Ort zu suchen, an dem sie ihr
Kloster errichten sollten. Ein – mitten im Winter – blühender
Weißdornstrauch würde die Stelle kennzeichnen,
an der die Gemeinschaft den Neubeginn wagen
könne. Tatsächlich fanden die Mönche diesen von der
Gottesmutter bezeichneten Ort. Sie nannten ihn deshalb
„Locus Sanctae Mariae“ – Stätte Mariens. Sein
Wappen trägt bis heute den blühenden Weißdornzweig
auf blauem Grund.

Geschichte mit Höhen und Tiefen

Nach einer ersten Blütezeit setzte die Pest im Jahr 1480
der Zisterziensergemeinschaft von Marienstatt dermaßen
zu, dass die notwendig gewordene Abtswahl auf einen
der zahlreichen klösterliche Gutshöfe der weiteren
Umgebung, nach Arienheller (bei Rheinbrohl), verlegt
werden musste. Schließlich hatte die Reformation unselige
Folgen für die Klostergemeinde. Neben der Spaltung
der Gemeinschaft ergaben sich Schwierigkeiten
mit dem Landesherrn, der die protestantische Lehre angenommen hatte. Die Grafen von Sayn-Hachenburg
versuchten bis kurz vor der Aufhebung der Mönchsgemeinschaft
in Folge der Säkularisation dem Kloster
Land, Besitz und Rechte streitig zu machen.

Der Dreißigjährige Krieg trieb katholische und
evangelische Völker gegeneinander. Im Jahr 1625 plünderten
schwedische Soldaten Marienstatt, brachen
Kirche und Sakristei auf, leerten die Vorratsräume und
stahlen alle Wertgegenstände, derer sie habhaft werden
konnten.

Unterstützt durch das Mutterkloster Heisterbach,
das insgesamt neun Mönche entsandte, konnte sich
Marienstatt in den folgenden Jahrzehnten allerdings
noch einmal erholen. Abt Benedikt Bach (1688-1720)
stellte das Kloster wieder auf eine solide wirtschaftliche
und geistliche Grundlage; in seine Amtszeit fällt
die wesentliche barocke Umgestaltung der Kirche. Unter
Abt Petrus Emons (1734-1751) wurde der barocke
Neubau fertig gestellt, der an die Stelle der maroden
gotischen Klosteranlage trat. Doch eine weitere schwere
Plünderung des Klosters ereignete sich schon während
der Revolutionskriege (1792-1802). In den Jahren
1795 bis 1798 suchten Horden von plündernden Soldaten,
zumeist Franzosen, Marienstatt heim und bedrohten
die Mönche und die Bauern der Umgebung. Sie
verwüsteten die Klostergebäude und die Kirche und
stellten hohe Geldforderungen.

Die Säkularisation

Die schwierigen Umstände waren einem ruhigen und
geregelten Gemeinschaftsleben am Ende des 18. Jahrhunderts
wenig förderlich. Nach einigen Jahren mühevollen
Wirtschaftens folgte im Oktober 1802 die Säkularisation
durch die Regierung von Nassau-Weilburg.
Das Kloster wurde aufgelöst, die Mönche vertrieben,
und für die Gebäude wurde nach einträglichen Nutzungsmöglichkeiten
gesucht. Nur drei Priestermönche,
P. Ignatius Gilles, P. Christian May und der greise P.
Anton Clemens, durften in Marienstatt bleiben.

Die Gebäude wurden verkauft und teilweise zur
Fabrik umfunktioniert. Die Kirche aber wurde 1827
Pfarrkirche des Sprengels Marienstatt im neuerrichteten
Bistum Limburg. Das bewahrte sie vor der Zerstörung.
Erst im Jahr 1864 gingen die Gebäude wieder in
kirchlichen Besitz über. Die Ordensgemeinschaft der
Väter vom Heiligen Geist errichtete in Marienstatt eine
Studienanstalt. Ab dem Jahr 1873 unterhielt schließlich
das Bistum Limburg in den Räumlichkeiten eine
Erziehungsanstalt für Jugendliche.

Neues Leben

1888 konnten Zisterzienser aus Wettingen-Mehrerau
das Kloster zurückkaufen und wiederbesiedeln. Fünf
Mönche und drei Konversen (Laienbrüder) dieser
Schweizer Abtei, die selbst nach der Säkularisierung
auf österreichischen Boden verlegt werden musste, kamen
unter der Leitung ihres Priors P. Dominikus Willi
nach Marienstatt. Mit viel Idealismus versuchten sie
in den darauf folgenden Jahren, die Schäden an Kirche
und Gebäuden zu beheben. Marienstatt wurde erste
Tochter von Wettingen-Mehrerau, es war die erste Wiederbesiedlung
eines Zisterzienserklosters in Deutschland
nach dem Kulturkampf.

Das Hauptaugenmerk der neuen Marienstatter
Zisterziensergeneration lag auf der Pflege des monastischen
Lebens, wie es in der Tradition der Schweizer
Abteien in Wettingen-Mehrerau geführt wurde. Das
feierliche Chorgebet, der nächtliche Gottesdienst,
zahlreiche Fast- und Abstinenztage, ein aufmerksam
beobachtetes Stillschweigen und ein gepflegtes
Gebetsleben gehörten ebenso dazu wie handwerkliche
und landwirtschaftliche Arbeit für Mönche und
Konversen. Dem regen wissenschaftlichen Forschen
einzelner Mönche ist es zu verdanken, dass eine gut ausgestattete Bibliothek entstand, die 1910 in einem
neu erbauten Gebäude an der Südseite des Abteihofs
untergebracht wurde. Die Seelsorge der Pfarrei Marienstatt,
die in Absprache mit dem zuständigen Bistum
Limburg von Marienstatter Mönchen ausgeübt wurde,
und die Wallfahrt, die in Marienstatt seit 1486 bezeugt
ist, übernahmen die Mönche nun ebenfalls. 1910 entstand
eine Oblatenschule, aus der sich das heutige Private
Gymnasium Marienstatt entwickelt hat. Mitten im
Neuaufbau übertrug das Limburger Domkapitel Abt
Dominikus im Jahr 1898 durch seine Wahl zum Bischof
von Limburg eine große Verantwortung; sie legt beredt
Zeugnis für das Miteinander von Bistum und Kloster
ab. Seinem Nachfolger, Abt Konrad Kolb, fielen nun die
Festigung und der wirtschaftliche Aufbau von Marienstatt
zu. Mühevoll musste die junge Klostergemeinde
das nötige Geld verdienen, um die ihnen gehörenden
Gebäude und Felder verwalten zu können; die Kirche
gehörte seit der Säkularisation der jeweiligen Landesregierung.
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Tod
von Abt Konrad Kolb 1918 wählte die Mönchsgemeinde
P. Eberhard Hoffmann zum neuen Abt. Unter seiner
Leitung konnte 1922 die Abtei Himmerod in die Marienstatter
Filiation aufgenommen werden, nachdem sie durch Mönche aus Mariastern (Bosnien) wiederbesiedelt
worden war. In die heute nach Brasilien (Itatinga)
verlegte Abtei Hardehausen schickte Abt Eberhard
nur wenige Jahre später, 1927, eine Gruppe von
Marienstatter Mönchen und Konversen, die diese alte
Zisterziensergründung wiederbeleben sollten.

Die neuere Geschichte

Die Verhältnisse in Deutschland nach der Machtübernahme
durch die Nationalsozialisten brachten auch
für Abt Eberhard Schwierigkeiten mit sich, die ihn
1936 zurücktreten ließen. Die Mönche wählten daraufhin
P. Idesbald Eicheler zum neuen Abt, der bis 1971
der Klostergemeinde vorstand. Ungünstige Umstände
haben in diesen Jahrzehnten das Wachstum des Klosters
behindert. Einige Mönche und Konversen waren
im Zweiten Weltkrieg gefallen oder blieben vermisst.
Die Klosterschule musste 1946 aus dem Nichts neu aufgebaut werden. Schleppend wurden die überlebenden
Kriegsteilnehmer aus der Gefangenschaft entlassen
und konnten sich nur schwer wieder in den Klosteralltag
eingewöhnen. Die Reihen der Konversen,
denen als ausgebildeten Fachleuten die Leitung der
Klosterbetriebe übertragen war, lichteten sich, und
neue Konversen kamen nicht. Deshalb musste die klösterliche
Landwirtschaft 1971 ihren Betrieb einstellen.
Im gleichen Jahr trat P. Thomas Denter die Nachfolge
von Abt Idesbald an. Er leitete die Abtei 35 Jahre
lang. Sein Nachfolger wurde im Jahre 2006 P. Andreas
Range.

Beten und Arbeiten

Das Leben der Marienstatter Mönch pendelt auch heute
noch zwischen Chorgebet und Arbeit. Der Garten
innerhalb der Klosteranlage wird von Mitbrüdern in
biologischem Anbau bestellt. Neben dem Dienst in der
Schule betreuen die Mönche die Seelsorge in der 2011
neu gegründeten Pfarrei Maria Himmelfahrt Hachenburg,
die aus den bisherigen Pfarreien, Hachenburg-
Hattert und Marienstatt besteht, und die Wallfahrt
nach Marienstatt. Hinzu kommen vielfältige Aufgaben
innerhalb des Klosters wie der Gästebereich, die Verwaltung,
die Pforte und vieles mehr. Die Werkstätten
werden meist von Mitarbeitern betreut, ohne deren
Hilfe und Unterstützung die klösterliche Familie von
Marienstatt nur bedingt lebensfähig wäre. Eine Neustrukturierung
der Arbeitsbereiche hat die Buch- und
Kunsthandlung, die Schule, die Energieversorgung
durch Wasser- und Sonnenkraft und die Pilgergaststätte,
das „Marienstatter Brauhaus“, in jeweils eigene
Wirtschaftsbetriebe umgewandelt, die den finanziellen
Unterhalt sichern sollen. Im Jubiläumsjahr gehören
14 Mönche (davon zehn Priester) und zwei Novizen
zum Marienstatter Konvent und stellen sich durch ihr
Leben in eine lange monastische Tradition.