Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Volker Leppin: Ruhen in Gott. Geschichte der christlichen Mystik

Um es vorwegzusagen: Wer sich bündig und qualifiziert über christliche Mystik in ihrer Geschichte informieren will, ist hier bestens bedient; flüssig geschrieben, kenntnisreich und trotz konventioneller Gliederung nicht ohne Originalität, schlicht ein Lesegewinn und zudem ein Reader zum Nachschauen. Hier liegt in der Kürze der Zeitraffung von ganzen 2000 Jahren die Würze eines lichten Durchblicks durch viele Räume und nicht wenige Fenster. (Für eine ausführliche Gesamtdarstellung bleibt freilich Bernhard McGinns mehrbändiges Werk „Die Mystik im Abendland“ einschlägig.) Nun mehr im Detail.

Alles hängt natürlich vom leitenden Vorverständnis von „Mystik“ ab – einem Abstraktum, das erst im 17. Jahrhundert in Umlauf kam und heutzutage mit dem bestimmten Artikel als freischwebende,...

Bernd Kollmann: Martin Luthers Bibel

Um es gleich vorwegzusagen: Dieses Buch ist absolut lesenswert und sehr ansprechend gestaltet, ein schönes Geschenk für alle, die sich für das Thema Bibel interessieren. Leider passen Titel und Inhalt nicht ganz zueinander. Für denjenigen, der vor dem Kauf keinen Blick in das Inhaltsverzeichnis werfen konnte, könnte es dann beim Lesen eine gewisse Enttäuschung geben. Die Bibel in der Übersetzung Martin Luthers ist zwar das Hauptthema, aber nach einem kurzen Einstiegskapitel wird zunächst sachkundig und sehr ausführlich die Vorgeschichte geschildert (Kap. 2-6). Dabei geht es z.B. um die Entstehung der Bibel allgemein, Septuaginta und Vulgata, den Humanismus und die Erfindung des Buchdrucks. Das alles gehört zum Thema „Bibel“, kommt aber in dieser Breite unter dem Titel „Martin Luthers...

Christian Lehnert: Ins Innere hinaus. Von den Engeln und Mächten

Christian Lehnert ist mit seinen bei Suhrkamp veröffentlichten Gedichtbänden bekannt geworden. Der evangelische Pfarrer, Librettist und Liturgiewissenschaftler hat, ebenfalls bei Suhrkamp, nach Essays über Paulus (2013) sowie über Kult und Gebet (2017) mit „Ins Innere hinaus“ (2020) einen weiteren Prosaband vorgelegt. Die dreiundsechzig Texte – manche nur eine Seite, andere über 10 Seiten lang – schauen auf die Natur und die eigene Biografie, befassen sich mit Musik, (Ausdrucks-)Tanz und bildender Kunst, beziehen sich auf Religionswissenschaft, Liturgie, Theologie und Philosophie oder legen Bibeltexte aus. Die Prosastücke sind nur locker über Leitworte miteinander verknüpft. Diese Form hängt mit dem Inhalt zusammen, den der Untertitel „Von den Engeln und Mächten“ (später kommen die...

Carlo M. Martini: Die Flügel der Freiheit

Im Jahr 2008 leitete der schwer an Parkinson erkrankte Kardinal Carlo Maria Martini ein letztes Mal Exerzitien in Ariccia. Die Meditationen zum Brief des Apostels an die Gemeinde sind sensible Vertiefungen des Glaubens. Das letzte Buch des 2012 verstorbenen früheren Mailänder Erzbischofs wirkt wie das geistliche Vermächtnis eines liebevollen Seelsorgers, demütigen Priesters und weitherzigen Theologen. Martini begleitet sanft und geduldig die Hörerschaft und uns als Lesende heute mit Gedanken und Betrachtungen zum Römerbrief. Er bezeugt die Spuren des Evangeliums und lässt die Frohbotschaft hell aufleuchten. Mit einfachen Worten spricht Martini über die Schönheit des Glaubens. Er ermutigt dazu, sich Gott anzuvertrauen. Dazu erinnert er auch an die letzten Gespräche des heiligen Augustinus...

Michael N. Ebertz: Entmachtung. 4 Thesen zu Gegenwart und Zukunft der Kirche

Die Soziologie steht seit jeher im Verdacht, das Spiel um des Kaisers Kleider nicht mitzumachen, sondern die Dinge beim Namen zu nennen: Rolle, Beziehung, Macht, kulturelles Kapital, Eigeninteresse, Inklusion und Exklusion. Organisationen auf Interessen und Funktionsbeziehungen hin zu untersuchen kann symbolisch aufgeladene Systeme in die Krise stürzen – allerdings nur dann, wenn diese ihre Legitimation ohnehin schon eingebüßt haben, machtverschleiernde Metaphern des Commitments nur noch Kopfschütteln auslösen und Zynismus sowie Fluchttendenzen unübersehbar geworden sind.

Der katholische Theologe und Soziologe Michael Ebertz beschäftigt sich schon seit langem mit dem schwindenden Macht- und Drohpotenzial der Amtskirche sowie der schleichenden Erosion von Loyalitäten diesseits und jenseits...

Jürgen Manemann: Revolutionäres Christentum

Äußerlich ein schmales Bändchen nur, aber mit jener gewaltigen Portion Dynamit, die dem Evangelium entspricht, geht es doch in der ganzen Bibel um Befreiung aus falschen Verhältnissen – sei es aus „Ägypten“, sei es aus der Babylonischen Gefangenschaft, sei es aus dem Land „in Finsternis und Todesschatten“ wo immer. Kurzum und vorweg: Das konzentrierte Buch ist ein Muss für alle, denen an gerechte(re)n Verhältnissen liegt, zumal wenn sie christlich orientiert und zudem kirchlich beauftragt sind. Der Untertitel markiert genau den optionalen und programmatischen Charakter der Ausführungen: Wo stehen Christen und Kirche(n) in der Corona-, in der Klima-, in der Demokratiekrise – in jener förmlich selbstmörderischen Gesamtkrise menschheitlichen Ausmaßes? Was haben sie (womöglich) noch und wieder...

Martin Belz: Pfarreien im Wandel

Mit Blick auf die derzeit in Deutschland auf dem Synodalen Weg verhandelten Fragenkomplexe wird immer wieder auf die Konzilszeit und die auf sie folgenden Umbrüche in Kirche und Gesellschaft verwiesen. Es scheint, als seien die Jahre zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Würzburger Synode (1971-1975) bestens erforscht. Tatsächlich ist es so, dass hier erhebliche Forschungsdesiderate zu verzeichnen sind, kirchenhistorische Untersuchungen weithin fehlen. Dieser Leerstelle hat sich Martin Belz in seiner Promotionsschrift zugewandt und exemplarisch die Situation in Frankfurt anhand der Entwicklungen in vier repräsentativen Pfarreien untersucht (St. Bernhard und St. Michael im Nordend, St. Bonifatius in Sachsenhausen und St. Gallus im Gallusviertel). Er wertet dazu erstmals die...

Markus Friedrich: Die Jesuiten

Kein Orden der Kirchengeschichte wurde zugleich so glorifiziert und verteufelt wie die Jesuiten. Seit der Gründung war die Gesellschaft Jesu Vor- und Feindbild. Bis heute gibt es diese Polarisierung in Veröffentlichungen. Die Jesuiten sind nicht selten entweder heiligmäßige Streiter für die Kirche oder subversive Dunkelmänner. Da hilft ein nüchterner, historischer Blick. Markus Friedrich hat nach seinem 2016 erschienenen monumentalen Band über die Geschichte des Ordens mit einem Schwerpunkt auf der Frühen Neuzeit (Die Jesuiten. Aufstieg – Niedergang – Neubeginn, München: Pieper Verlag 2016) nun in der Reihe „Beck Wissen“ einen knappen Überblick im Taschenformat vorgelegt. Wie der Verfasser zu Beginn erläutert, soll es ohne Apologetik oder Polemik um die historischen Fakten gehen, die...