Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Navid Kermani: Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen

Populäre Bücher zum Thema Weltreligionen gibt es wie Sand am Meer. Ich selber hüte noch heute ein altes Exemplar meines Großvaters „Die großen Religionen der Welt“ von 1957 wie einen Augapfel. Als Kind habe ich stundenlang darin geblättert und mir die fabelhaften Fotografien und Zeichnungen angesehen. Besonders faszinierend fand ich eine mehrseitige Zeichnung des vielgestaltigen hinduistischen Pantheons, die man ausfalten konnte.

Hans Küngs „Weltethos“ hat vor Jahren viel Furore gemacht und den interreligiösen Dialog über das Verbindende aller Religionen angeregt. Der Erfolg eines Jugendbuchs wie „Theos Reise“ spricht dafür, wie groß das Interesse an anderen Religionen ist. Etwas über andere Religionen, ihre Götter und Rituale, Feste und Lebensanschauungen zu erfahren, kann ein erster...

Angelika Walser / Mouhanad Khorchide: Bibel trifft Koran

Finden nur Dialoge über Religion oder tatsächliche Begegnungen mit anderen gläubigen und auch mit andersgläubigen Menschen statt? Niemand bestreitet Kontroversen oder Gegensätze in Geschichte und Gegenwart, wenn über die in sich vielfältigen Religionen Islam und Christentum gesprochen wird. Suchen gläubige Menschen heute Berührungspunkte? Sehen wir mit Sympathie den geistlichen Reichtum und die Gestalten des Glaubens unserer Mitmenschen? Oder betonen wir die Differenzen? Liegt unser Fokus auf dem, was verbindet, oder auf dem, was trennt?

Angelika Walser und Mouhanad Khorchide haben sich auf die Suche nach Vertiefungen begeben, nicht nach einer Vertiefung der Vorurteile, sondern des Verständnisses füreinander mit Blick auf die heiligen Schriften von Christentum und Islam. Die katholische...

Sandra Kostner / Elham Manea (Hg.): Lehren aus 9/11

„Historia magistra vitae“ – dieses perenne Diktum aus der Feder Ciceros mahnt uns, aus der Geschichte Lehren zu ziehen, zumindest um alte Fehler zu vermeiden und dies in gesellschaftspolitisches Handeln einzubeziehen. Zwei Jahrzehnte nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 von vier koordinierten Flugzeugentführungen mit anschließenden Selbstmordattentaten auf symbolträchtige Gebäude der westlichen Welt und tausenden unschuldigen Opfern nimmt sich ein Sammelband mit international renommierten Gelehrten und Politikern vor, sich diesem Schreckensereignis bilanzierend zu nähern. Der Fokus der Ausführungen zielt dabei vor allem auf folgende Fragen: Wie reagiert(e) der Westen auf die moslemisch motivierten Anschläge? Was hat der Dschihadismus mit dem Islam, mit dem Koran zu tun – werden...

Helmut Fischer: Eine kurze Geschichte religiöser Weltdeutungen

Helmut Fischer kündigt im Titel eine Geschichte der Weltdeutungen an, im Buch geht es aber ausführlicher um Religionen und Gottesideen. Alles beginnt mit der Herausentwicklung des Menschen aus den Homininen, als deren Hauptmerkmale der Autor den aufrechten Gang, den Gebrauch der Hand und die Entwicklung einer Symbolsprache beschreibt. Die Geburt der Religion sieht er im subjektivischen Paradigma, also in der Frage: Wer hat das bewirkt? Die konkreten Ausformungen der Religion und die Gottesvorstellungen sind für Kulturen vor der Erfindung der Schrift schwer zu definieren, weil wir nur Bilder und Symbole ohne Kommentare haben.

Die Sesshaftigkeit bedeutet den Übergang zu regional eigenständigen Kulturen, von denen Fischer diejenigen näher beschreiben will, die für unsere europäische...

Hubert Frankemölle: Gott glauben – jüdisch, christlich, muslimisch

Titel und Untertitel von Hubert Frankemölles lehrreichem, umfangreichem Buch weisen darauf hin, dass es um das Vertrauen zu Gott, die Glaubenshaltung der Gläubigen, in den drei monotheistischen Religionen geht. Der Autor betrachtet das Gottvertrauen erfahrungsbezogen in historisch-genetischer Perspektive: Auf den Glaubensinhalt bezogen beleuchtet Frankemölle die Entstehung und den Wandel des jeweiligen Gottesbildes in unterschiedlichen sozialen und politischen Kontexten. Deshalb wählt er eine autobiografische Einleitung: „Heute von Gott sprechen“ (Kapitel I). Frankemölle kennzeichnet informativ und anschaulich, basierend auf eigenen Erfahrungen vom Theologiestudium in den 60er Jahren bis heute, beispielhaft unterschiedliche Auffassungen zur Gottesbeziehung, die Entwicklungsstufen in der...

Gerhard Haase-Hindenberg: „Ich bin noch nie einem Juden begegnet...“

„Ich bin noch nie einem Juden begegnet ...“ ist ein Satz, den Juden häufig hören und Nichtjuden häufig äußern. Das ist nicht verwunderlich, denn das Judentum macht nur 0,19 % der Weltbevölkerung aus. Problematisch ist es allerdings der Judenhass, der früher und heute häufig von Menschen ausgeht, die keinen einzigen Juden kannten oder kennen. Wie gut, dass es Initiativen wie „Meet a Jew“ oder dieses Buch gibt. Der Autor beginnt mit einem Prolog, der einen historischen Überblick skizziert über „Das Leben mit den Juden – seit 1700 Jahren.“

Sehr berührend und eindrucksvoll werden die „Kurzbiographien“ der „zweiten Generation“, der Töchter und Söhne von Überlebenden des Holocaust vorgestellt. Der Leser erfährt, wie schwer die Integration dieser jüdischen Kinder, gerade kurz nach der Shoah, in...

Mouez Khalfaoui / Jean Ehret (Hg.): Islamische Theologie in Deutschland

Am 29. Januar 2010 veröffentlichte der Wissenschaftsrat der Bundesrepublik Deutschland die „Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen“. Darin wird ausdrücklich betont, dass ein großer Bedarf für die Ausbildung von Religionspädagoginnen und -pädagogen für den islamischen Religionsunterricht und von Religionsgelehrten für die Arbeit in den bestehenden Moscheegemeinden existiert. Im Zuge der „Empfehlungen“ des Wissenschaftsrates wurden sukzessive Zentren, Institute und Seminare für islamische Theologie an deutschen Hochschulen eingerichtet.

Nach über 10 Jahren ist es an der Zeit, einen Blick auf die Landschaft der islamischen Theologie in Deutschland zu werfen und Bilanz zu ziehen. Dieses Anliegen haben explizit die...

Karl Josef Kuschel / Shahid Alam: Goethe und der Koran

Seit Katharina Mommsens Buch „Goethe und die arabische Welt“ von 1988 ist Karl Josef Kuschels Werk ein zweiter Versuch, in einer Monografie Goethes Verhältnis zur Welt des Orients zu erhellen. Als ausgezeichneter Kenner des interreligiösen Dialogs legt Kuschel den Akzent auf Goethes Beziehung zum Propheten Mohammed und zum Koran, während der allgemeine kulturhistorische Horizont am Rande bleibt.

In einem ersten Teil des Buches stellt Kuschel sämtliche Texte zusammen, die der Dichter innerhalb eines halben Jahrhunderts, von 1772 an bis zur endgültigen Gestalt des „West-östlichen Divans“ 1827, mit Anspielungen auf den Koran und auf den Propheten des Islams geschaffen hat. Die frühesten Zeugnisse sind Auszüge aus dem Koran, die Goethe überwiegend aus D. F. Megerlins Koran-Übersetzung „Die...