Lebensweg Katharinas
Zeitleiste biografischer Stationen und geschichtliche Verortungen im 19. Jahrhundert
Hauptschluss der Reichsdeputation
Der Reichsdeputationshauptschluss (eigentlich Hauptschluss der außerordentlichen Reichsdeputation), gefasst am 25. Februar 1803 im Alten Rathaus von Regensburg, war die Grundlage für das letzte bedeutende Gesetz des Heiligen Römischen Reiches. Im Reichsdeputationshauptschluss (Hauptschluss = „Abschlussbericht“) wurde festgesetzt, dass die weltlichen Fürsten für ihre linksrheinischen Gebietsverluste an Frankreich abgefunden werden sollten. Dies geschah durch Säkularisation kirchlicher sowie durch Mediatisierung kleinerer weltlicher Herrschaften bisheriger Reichsstände rechts des Rheins. Insgesamt wurden 2 Kurfürstentümer, 9 Reichsbistümer, 44 Reichsabteien und 45 Reichsstädte aufgelöst. 45.000 km² Land und fast 5 Millionen Menschen erhielten neue Landesherren.
aus: Wikipedia.de/Reichsdeputationshauptschluss
Reformen im Herzogtum Nassau
Das neu gebildete Herzogtum Nassau setzte sich aus mehr als 20 einst selbständigen Teilen und Territorien zusammen - aus alten Landesteilen, Entschädigungslanden, säkularisierten und ehemals dem Reich unterstellten Gebieten.
Es galt nun, diese Teile zu einem einheitlichen Staatswesen zusammenzuführen. Zeitgemäße Gesetze und Verordnungen, die die Würde und die Rechte der Untertanen anerkannten, bereiteten den Boden vor, um althergebrachte Schranken niederzureißen und den Weg zu einer moderneren Gesellschaft zu ebnen.
Unter den zahlreichen Gesetzen ragen die Aufhebung der Leibeigenschaft (1806), die Einführung der Reise- und Niederlassungsfreiheit (1810), die grundlegende Steuerreform (1812) hervor. Weitere Gesetze betrafen die Aufhebung der entehrenden Körperschaften. Die Kulturverordnung ermöglichte die freie Verfügung über Grund und Boden. Fortan stand es jedem frei, Handel zu treiben und ein Gewerbe auszuüben. Auch der Zunftzwang wurde aufgehoben. Ziel dieser neuen Gesetze war der unabhängige Wirtschafsbürger.
Auch in religiöser Hinsicht war man toleranter geworden, Katholiken waren gleichberechtigt; Juden wurden vom entehrenden Leibzoll befreit. Zu erinnern ist an die Einführung der christlichen Simultanschule (1817), in der Kinder aller Konfessionen in einem Schulsystem erzogen wurden, oder die vorbildliche Versorgung der Bevölkerung im medizinischen Bereich.
Weitblickende Staatsmänner, die den Ideen der Aufklärung verpflichtet waren, bestimmten die Richtung der Regierungspolitik. Neben dem dirigierenden Staatsminister Ernst Freiherr Marschall von Bieberstein waren an entscheidendender Stelle der Regierungspräsident Karl von Ibell und der staatsrechtslehrer Ludwig Harscher von Almendingen tätig. Sie stellten das Herzogtum Nassau zu Beginn des 19. Jahrhunderts in die Reihe jener Staaten, die liberale Gedanken zur Grundlage des staatlichen Handelns machten.
Kernstück der Reformgesetzgebung war der Erlaß einer landständischen Verfassung vom 1./2. September 1814, an deren Formulierung der Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein beteiligt war. Das Herzogtum Nassau war damit der erste deutsche Staat, der eine Verfassung mit bemerkenswerten liberalen Elementen erhielt. Es waren zwei Kammern vorgesehen, eine Landesdeputiertenversammlung und eine Herrenbank. Zwar waren die Landstände noch keine demokratischen Parlamente in unserem modernen Verständnis. Dennoch darf man ihre Bedeutung nicht unterschätzen, da sie erstmals eine - wenn auch nur begrenzte - Mitwirkung der Bürger am politischen Entscheidungsprozeß sicherten. Nach wie vor blieb der Herzog Träger der Souveränität und der obersten Staatsgewalt. Er war jedoch zukünftig an die Normen der Verfassung gebunden. Dies war ein bedeutender Schritt zum modernen Parlamentarismus, da er eine Verrechtlichung von politischer Herrschaft darstelle.
aus: Dr. Rolf Faber, Jahrbuch des Rheingau-Taunus-Kreises 2001, Herausgegeben vom Kreisausschuß des Rheingau-Taunus-Kreises.
Weitere Informationen zum Thema
Die Geburt von Katharina Kasper
Katharina Kasper wird am 26.05.1820 als 7. Kind eines armen Ehepaares aus dem Westerwalddorf Dernbach geboren. Von Kindheit an ist sie kränklich, sodass sie nicht regelmäßig am Schulunterricht teilnehmen kann. Trotzdem erweist es sich später, dass Katharina mit all den Fähigkeiten ausgestattet ist, die sie zur Leitung einer Gemeinschaft braucht.
Der Bischof von Limburg schreibt über sie u.a. 1859 an den Papst: „Es ist staunenswert, welch großen Erfolg Gott den Anstrengungen seiner Magd schenkte, die völlig aller höheren Bildung entbehrte und nur mit den Anfangsgründen eines volkstümlichen Wissens vertraut war, die aber von Gott mit Einsicht und einer bewundernswerten Gabe der Unterscheidung der Geister beschenkt war."
Gründung des Bistums Limburg
Das Bistum Limburg wurde infolge der Säkularisation 1827 als
nassauisches Landesbistum gegründet. Geografisch umfasste
es das Herzogtum Nassau und die Freie Stadt Frankfurt. Die
staatliche Bevormundung konnten die Bischöfe Jakob Brand
(1776–1833) und Wilhelm Bausch (1774–1840) nicht
überwinden. Um kein Ärgernis zu erregen, taktierten sie
zwischen Rom und Wiesbaden.
Zu Beginn der 1840er Jahre
kam es erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Staat und
Kirche. 1842 wurde Peter Joseph Blum (1808–1884), gebürtig in
Geisenheim im Rheingau, zum Bischof gewählt. In ihm verband
sich tiefe Frömmigkeit mit einer kompromisslosen Haltung
gegenüber der Regierung von Nassau. Sein Ziel bestand darin,
das religiöse Leben in Limburg zu heben und zu festigen.
Nassauischer Kirchenstreit und Kulturkampf im Bistum Limburg
Die kirchenpolitische Entwicklung des Bistums Limburg als Nassauischem Landesbistum (1827-1866) zerfällt, wie Klaus Schatz in seiner Geschichte des Bistums Limburg deutlich herausgearbeitet hat, in zwei sehr unterschiedliche Abschnitte. Während die ersten anderthalb Jahrzehnte als Zeit des Staatskirchentums beschrieben werden können, die von staatlichen Eingriffen und kirchlicher Passivität gekennzeichnet sind, ist in der „ Wahlkrise 11 1840 und dem Regierungsantritt von Bischof Peter Joseph Blum eine deutliche Zäsur erkennbar. Sie markiert den Beginn wachsender kirchlicher Emanzipation von staatlicher Bevormundung und innerkirchlich die Hinwendung zu traditionellen Frömmigkeitsformen wie den Wallfahrten und der Marienverehrung sowie zu den Ordensgemeinschaften. Nach seinem Amtsantritt widmete sich Blum zunächst der religiösen Erneuerung des Klerus und der Diözese. Der eigentliche Emanzipationsprozess der Kirche begann mit dem Revolutionsjahr 1848. Auch wenn kirchenpolitisch nicht alle erwünschten Forderungen umgesetzt werden konnten, so riss das Jahr 1848 doch gerade auch das Kirchenvolk aus der Passivität, weckte die Laieninitiative und bewirkte in den Folgejahren einen nicht unerheblichen Zugewinn an kirchlichen Freiheitsräumen. Profilierter trat Blum im Nassauischen Kirchenstreit (1853-1861) hervor, bei dem es neben einer Vielzahl von Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Staat im Zentrum um Differenzen bei der Besetzung von Pfarrstellen ging. Blum wandte sich in Hirtenbriefen gegen die Knechtschaft der Kirche und ernannte gemäß einer Erklärung der Bischöfe vom 12. April 1853 mehrere Pfarrer ohne staatliche Zustimmung, was die Spannungen im Verhältnis zur Regierung erhöhte. Die Situation entschärfte sich jedoch bereits im Folgejahr, da Blum fortan bei Vakanzen nur noch Pfarrverwalter ernannte, die vom Staat vorläufig anerkannt wurden. Dieses Vorgehen verschleierte den Streit zwischen Kirche und Staat, der so im Kirchenvolk weitgehend unbemerkt blieb und auch den Interessen der nassauischen Regierung entgegenkam, da sie Unruhen befürchtete, falls Blum den Konflikt ins Kirchenvolk tragen würde. Dieses Einvernehmen prägte die folgenden sieben Jahre und wurde erst durch die Konvention vom 25. Mai 1861 abgelöst. Die gemeinsame Gegner-schaft gegen den anwachsenden Liberalismus führten zu einer Annäherung zwischen Staat und katholischer Kirche, die nun in den letzten Jahren des Herzogtums Nassau, obwohl die Ergebnisse der Konvention für sie bescheiden ausfielen und Prinzipienfragen offen blieben, sogar eine stützende Rolle im Staat einnahm.
Nach 1866 verschärfte sich unter der neuen preußischen Regierung das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Staat erneut und führte im Kulturkampf zu massiven Repressionen. Die Angst Otto von Bismarcks vor einer Zersetzung der Reichseinheit durch die stark an Rom ausgerichteten Katholiken, die sich seit 1870 in der Zentrumspartei auch politisch organisiert hatten, verband sich mit den Säkularisierungsforderungen der Nationalliberalen in Kultur und öffentlichem Leben zu dem Wunsch, kirchliche Freiheitsrechte erneut einzudämmen. Auf kirchlicher Seite hatte Pius IX. 1864 in der Enzyklika Cuanta cura und im Syllabus errorum die modernen Irrtümer gebrandmarkt und sich gegen die staatlichen Säkularisierungstendenzen in Europa ausgesprochen. 1870 folgten während des 1. Vatikanischen Konzils die Dogmen vom Jurisdikitionsprimat und der Unfehlbarkeit des Papstes. Daraufhin wurden im Reichstag eine Reihe von Anordnungen und Gesetzen erlassen, die das katholische Leben in Preußen drastisch beeinträchtigten. So stellte u. a. der Kanzelparagraph 1871 Äußerungen von Geistlichen in Ausübung ihres Amtes unter Strafe, die den öffentlichen Frieden gefährdeten. 1872 wurde die geistliche Schulaufsicht durch die staatliche ersetzt, ab 1873 die Ausbildung und Einstellung von Geistlichen vom Staat kontrolliert, 1875 die Zivilehe eingeführt, den Kirchen die staatlichen Zuwendungen gestrichen und die Klöster aufgelöst mit Ausnahme jener, die sich der Krankenpflege widmeten. infolge des Kanzelparagraphen kam es mehrfach zur Verhaftung von Geistlichen, so auch des Erzbischofs von Posen, Mieczys+aw Halka Led6chowski, zu der die Bischöfe in Preußen, unter ihnen auch Peter Josef Blum, 1874 in einem Sendschreiben Stellung bezogen. Die Maßnahmen der preußischen Regierung führten zu einer wachsenden Verwaisung von Pfarreien, da der Staat sich ein Einspruchsrecht bei der Besetzung von Pfarrstellen vorbehielt und Zuwiderhandlungen mit Geld- und Gefängnisstrafen ahndete. Um die Bischof Slum auferlegten Geldstrafen einzutreiben, kam es auch zu Versteigerungen seines Eigentums, wobei er sich jedoch auf große Solidarität in der katholischen Bevölkerung stützen konnte. Katholiken ersteigerten die Gegenstände und brachten sie ihm zurück oder stellten sie ihm als unpfändbare Leihgabe wieder zur Verfügung. 1874 hatte Franz Wilderich Graf von Walderdorff einen Demonstrationszug nach Limburg angeführt, dem sich weitere Solidaritätsbekundungen anschlossen. Die Begeisterungsstürme während seiner Firmreisen und Massenmanifestationen in Limburg oder am Heilborn in Dernbach am 20. Juni 1874, als rund 10.000 Menschen zusammenströmten und ihm zujubelten, sind Zeugnisse seiner Beliebtheit und seines Rückhalts in der katholischen Bevölkerung. Die Konflikte mit der preußischen Regierung zwangen Slum jedoch für mehrere Jahre ins böhmische Exil. Erst ab 1878 führte die Friedenspolitik zwischen Papst Leo XIII. und Bismarck zu einer allmählichen Entspannung. Nach Verabschiedung der Friedensgesetze 1886/1887 erklärte Leo XIII. am 23. Mai 1887 den Kulturkampf öffentlich für beendet.
Uwe Gülsenkamp / aus: Katalog Ausstellung Bischof Peter Joseph Blum 2009 / Diözesanmuseum Limburg
Tod des Vaters
1842 stirbt Katharinas Vater und das Elternhaus muss verkauft werden, da damals in Nassau die Realteilung vorgeschrieben war. Das Erbe wurde demnach unter den Erbberechtigten gleichmäßig aufgeteilt. Aus diesem Grund musste Katharina mit ihren zwei Brüdern und ihrer Mutter zur Miete ziehen. Katharina verdiente für ihre Mutter und sich den Lebensunterhalt, sie übernahm die Pflichten des Gemeindedienstes, das bedeutete Mithilfe bei der Ernte, Steine klopfen für den Straßenbau und Schnee schaufeln.
Katharina berichtet: „Im Jahre 1842, am 26. Januar, glaube ich, starb mein Vater, wodurch unsere Familienverhältnisse etwas gestört wurden. Ich lebte nun mit meiner Mutter und mit zwei meiner Brüder zusammen; wir wohnten seit dem Tode meines Vaters in Miete.“
Mit der Zeit wuchs in Katharina die Überzeugung, eine religiöse Gemeinschaft mit Statuten und Regel zu gründen. "Um diese Zeit (1842) erkannte ich, dass Gott etwas Besonderes von mir verlangte und dass ich die Armen und Kranken pflegen sollte."
Bischof Peter Jospeh Blum wird Bischof von Limburg
Im Jahre 1842 wählte das Domkapitel des Bistums Limburg seinen dritten Bischof, Peter Joseph Blum. Das seinerzeit sehr junge Bistum erlebte seine Geburtsstunde in einer Zeit der politischen Umwälzung. Der napoleonische Siegeszug nach Westen und dessen Zurückdrängung führten auf dem Territorium des Alten Reiches zu politischen Neuordnungen, die man unter dem Begriff der Restauration fasst. Aus den nassauischen Fürstentümern wurde ein zentralistischer Staat geformt, das bis 1866 bestehende Herzogtum Nassau. Durch Säkularisation der geistlichen Territorien (neben kleineren Besitzungen säkularisierter Klöster vor allem Anteile von Kurtrier und Kurmainz) konnte so ein geschlossenes Staatsgebiet entstehen, in dem Protestanten und Katholiken unter der Regierung eines protestantischen Hauses zusammen lebten.
Die Zeit der Säkularisation und die folgende Konkordatszeit führten zu einem neuen Erscheinungsbild der katholischen Kirche in Deutschland. Sie war nun im Staatskirchenturn fest in die restaurierten Staaten eingebunden. So auch in Nassau: Mit einem Vertrag zwischen Nassau und Frankfurt wurde der territoriale Umfang und die finanzielle Dotation des Bistums Limburg in Unterhandlungen von staatlichen Vertretern festgelegt. Es folgten mehrere Jahre der Verhandlungen mit Rom, bis das Bistum 1827 durch die Bulle Ad dominici gregis custodiam als Suffraganbistum der Erzdiözese Freiburg innerhalb der neuen Oberrheinischen Kirchenprovinz (zusammen mit Rottenburg, Mainz und Fulda) errichtet wurde. Dem Selbstverständnis des Staatskirchentums nach datiert die Gründung des Bistums mit dem Erlass der Herzoglichen Dotationsurkunde am 8. Dezember 1827.
Zuerst nur als Aufsicht des Landesherrn über die äußeren Kirchenverhältnisse intendiert, griff das Staatskirchentum auch zunehmend in innere Verhältnisse der katholischen Kirche ein. Eine entscheidende Wegmarke dieses staatlichen Aufsichtsrechts lässt sich im Jahr 1830 ausmachen: Die Landesherren der Oberrheinischen Kirchenprovinz erließen gleich lautende Verordnungen über die oberhoheitlichen Rechte des Staates. Durch dieses Vorgehen war das Ende der Zeit der Konkordate eingeläutet: Die restaurierten Staaten waren nicht mehr bereit, ihr landesherrliches Regiment durch bindende Verträge mit Rom einzuschränken. Somit war den neuen Diözesen der Oberrheinischen Kirchenprovinz aber auch die Rechtsunsicherheit in die Wiege gelegt, wie Klaus Schatz diagnostiziert hat. Kirchliches Recht galt nur unter staatlichem Vorbehalt.
In diesem vormärzlichen Spannungsfeld des Staatskirchentums war die Bischofswahl von 1842 eine Richtungsentscheidung für die Katholiken des Herzogtums Nassau. Die ersten zwei Limburger B"ischöfe Jakob Brand (1827-1833) und Johann Wilhelm Bausch (1835- 1840) gehörten noch einer Generation an, die in vorsichtiger Weise die Reformlinie einer gemäßigten kirchlichen Aufklärung fortzusetzen versuchte. Die Bennennung eines Nachfolgers von Bausch markierte dagegen das Streben der katholischen Kirche und des Heiligen Stuhls an ihrer Spitze, sich von staatlichen Vorgaben zu befreien. Die Bischofswahl 1840 wurde von Rom kassiert, denn sie war unkanonisch: Im nach Rom gesandten Wahlinstrument war vermerkt, dass Herzog Adolph von neun auf der Wahlliste stehenden Namen sieben gestrichen hatte; eine kanonische Wahl forderte aber mindestens drei Kandidaten. Zudem wurde im Wahlinstrument vermerkt, dass vor der Wahl die zwei verbliebenen Kandidaten Jakob Mohr, Dekan von Oberlahnstein, und Peter Joseph Blum, Pfarrer von Oberbrechen, befragt wurden, ob sie die Wahl annehmen würden. Auch das war nach kirchlichem Recht nicht erlaubt. Weil Blum die Befragung verneinte, wählte das Domkapitel am 9. Juli 1840 Mohr zum Bischof.2 Noch vor der Entscheidung aus Rom war das Domkapitel durch einen Bericht des Fränkischen Couriers schwerstens kompromittiert worden. Denn das Schlimmste an diesem „abgekarteten Spiel der nassauischen Regierung11 sei gewesen, so der Courier, dass kein einziges Mitglied es gewagt habe, sich durch förmlichen Protest zu distanzieren.3 Die öffentliche Protestbewegung gegen den staatskirchlichen Eingriff rührte also nicht von innerhalb des Gremiums der Bischofswähler her, sondern wurde von außen - zum einen von der kirchlich gesinnten ultramontanen Presse, zum anderen von Rom - artikuliert und vorangetrieben.
Das Anbrechen einer neuen Zeit, eines neuen katholischen Geistes mit dem Amtsantritt Blums wird in allen historischen Darstellungen betont. Schon Heinrich Brück schrieb 1868: ,, Erst mit der Inthronisation des Bischofes Peter Joseph brach die Morgenröthe eines schöneren Tages für die Diöcese Limburg ein. 114 Katholische Autoren lobten sowohl Blums starke persönliche Frömmigkeit als auch seine kompromisslose Haltung gegenüber den Ambitionen des nassauischen Staates. Doch woher rührte diese Einstellung, die Blum so klar von seinen Amtsvorgängern unterschied?
Blum stammte aus Geisenheim, einer kleinen Stadt im Rheingau unweit von Rüdesheim. Dort wurde er am 18. April 1808 als drittes von acht Kindern des Schuhmachers Franz Anton Blum und seiner Gattin Elisabeth geboren. Näher als dem Vater stand der Junge der Mutter, die ihre Kinder streng erzog; Mat thias Höhler weiß dazu: "die Ordnung im Hause und in Bezug auf den Besuch von Kirche und Schule wurde unerbittlich gehand habt. 115 Peter Joseph begleitete seine Mutter Gar manchesma/!1 in die Wallfahrtskirchen 11 nach Nothgottes und Marienthal. Auch die vom Biographen Höhler oft erwähnte Wissbegierigkeit und der Studienfleiß schienen sich schon in jungen Jahren abzuzeichnen:
"Ebenso beschäftigten ihn ihre Erklärungen beim Religionsunterrichte und er plagte sie oft mit seinem kindlichen Fragen so sehr1 daß sie ihn kaum zu beschwichtigen wußte. 116 Persönliche Förderung außerhalb des Familienverbandes fand Blum durch Heinrich Blum, einen Autodidakten in Diensten der gräflich lngelheimschen Familie in Geisenheim, sowie durch Jakob Stassen, einen ehemaligen Kanonikus und Gymnasialprofessor aus Worms. Letzterer unterhielt in Geisenheim eine Privatschule, an der auch Peter Joseph Blum unentgeltlich eine Gymnasialausbildung erhielt. Der Junge bekam durch Blum und Stassen, diesen 11 Männern des Gebetes'11 eine „tiefe1 tätige und durchaus schlichte Gottesliebe 117 vermittelt, was auch mit der religiösen Erziehung durch die Mutter korrespondierte. Eingebettet in diese einfache, aber dichte mystisch-religiöse Glaubenswelt verwundert es auch nicht, dass Höhler von Wachträumen oder Visionen des Jungen berichtet: Im Alter von sieben Jahren soll er sich selbst als
"ehrwürdige Priestergestalt mit schneeweißen Haaren und gar liebem, zufrieden lächelndem Angesichte 11 gesehen haben.8 Solche Vorkommnisse hätten dazu beigetragen, so der Biograph weiter, seinem ganzen Denken von Kindheit an eine Richtung auf das übersinnliche zu geben, die er bis zu seinem Tod bewahrt habe. Diesen „träumerische[n] Zug in seinem Wesen119 bewahrte sich Blum auch in seiner Studienzeit zuerst in Würzburg, wo er ab 1826 Philosophie studierte, und dann in Bonn, wo er im Herbst 1827 das Studium der Theologie begann. Das Studium betrieb er eifrig und selbstzerstörerisch: In Nachtarbeiten, aufgeputscht durch starken Kaffee, versuchte er seine empfundene ungenügende Vorbildung durch Stassens Privatschule wettzumachen, wodurch seine Gesundheit schwer und teilweise dauerhaft (mit einem lebenslangen Augenleiden) geschädigt wurde.
Am 18. Mai 1832 empfing Blum von Bischof Brand die Priesterweihe. Schon Ende des Jahres begann er seine Lehrtätigkeit am im Aufbau befindlichen Limburger Priesterseminar. Er blieb acht Jahre in Limburg, wo er auch als Stadtkaplan und Domvikar wirkte und einen Sitz im Domkapitel besaß. Hier gehörte er zu den Kräften, die energisch auf Überwindung des staatskirchlichen Systems hinarbeiteten, was der nassauischen Regierung freilich nicht bekannt wurde.10 Besonders engagiert war Blum aber in der Seelsorge, für die er prädestiniert schien, wie Höhler schreibt: 1,Blum hatte eine eigene Gabe, zu den Herzen zu reden1 sie aufzurütteln und zu begeistern; bei allem Ernste blieb er jedoch stets freundlich und mild. Kurz1 das ganze Wesen und Wirken des jungen Priesters war so eigenartig1 eindringend und gewinnend1 daß er sich bald die Sympathie und das Vertrauen von Hoch und Nieder erworben hatte. [. .. ] Wer mit ihm in Berührung kam, der fühlte sofort1 daß der Geist Gottes ihn erfüllte.
Sein innerster Herzenswunsch war es auch1 Pfarrer in einer kleinen Dorfgemeinde zu werden. Erschien ihm die vakante Pfarrei Hochheim am Main noch zu städtisch1 so bewarb er sich für die Stelle im Dorf Oberbrechen in der Nähe von Limburg. Dort ließ man den qualifizierten jungen Mann nur ungern ziehen, empfahl ihn aber mit Rücksicht auf seine oft gestörte Gesundheit und seinen Vater, der bei ihm seinen Lebensabend verbringen wollte, der Regierung.12 Das Leben als Gemeindepfarrer, das er am 1. April 1840 antrat, stellte ihn vor sehr verschiedene Herausforderungen: Er bemühte sich nicht nur, durch wohl ausgearbeitete Predigten „Leben und Bewegung in die religiös etwas erschlafften Gemüter seiner Pfarrangehörigen II zu bringen, sondern musste sich auch mit rebellischen Kirchenvorständen auseinandersetzen und den Küster auf einen späteren Feierabend vertrösten, wenn er Samstags länger in der Kirche blieb, um Beichte zu hören; er nahm Beziehungen zu seinem evangelischen Kollegen in Kirdorf auf und an seinem Religionsunterricht in Oberbrechen nahm auch ein Junge jüdischen Bekenntnisses teil; zuletzt war da auch noch seine wunderliche Haushälterin, die nach eigenem Bekunden in Kontakt mit übernatürlichen Mächten stand.
In den zwei Jahren Tätigkeit in Oberbrechen trat Blum auch in Bekanntschaft mit Moritz Lieber, Advokat, Publizist und Legationsrat aus Camberg. Er gehörte wohl zu den politisch einflussreichsten Laienkatholiken des Herzogtums. Der Sohn eines vermögenden Teehändlers und Berater der Herzöge Wilhelm und Adolph von Nassau übersetzte katholische Autoren ins Deutsche und erlangte durch seine Stellungnahme zum 11 Kölner Ereignis 11 überregionale Bekanntheit. Schon 1831 hatte er sich in einer Streitschrift für die Beibehaltung des Zölibats ausgesprochen und war dafür von Papst Gregor XVI. ausgezeichnet worden. In seinen Glaubensvorstellungen war Lieber also konservativ und kirchentreu. Als nassauischer Legationsrat und Mitglied (später Präsident) der Ersten nassauischen Kammer (1858 -1860) war er aber ebenso fest in das politische Leben des Herzogtums eingebunden.
Lieber war es auch, der Blum eindringlich dazu riet, die erneute Bischofswahl am 20. Januar 1842, wenn sie auf ihn fallen sollte, anzunehmen. Die widerstrebende Haltung Slums gibt Höhler wie folgt wieder: 11 Es waren bittere Tage für den gequälten Mann. Man wies ihn auf die Folgen hin, welche eine neue Ablehnung seinerseits haben müsse1 stellte ihm die Not der Zeit, das Vertrauen des Kapitels und des ganzen Klerus und die Wichtigkeit der Wahl vor, alles Verhältnisse, welche klar den Willen Gottes erkennen ließen1 daß er die Leitung der Diözese übernehmen sollte. ,
Die tatsächliche Wahl des Pfarrers von Oberbrechen zum nächsten Bischof von Limburg trat dann auch erwartungsgemäß ein und wurde von ihm angenommen. Bei seiner Inthronisation im Oktober 1842 war der neue Bischof erst 34 Jahre alt, seine Priesterweihe lag zehn Jahre zurück - ohne Zweifel kann man hier von einer 11 Blitzkarriere1116 sprechen, die sicherlich durch die überschaubare Anzahl von geeigneten Amtskandidaten in dem kleinen Bistum begünstigt war. Mit Slums Wahl war aber auch der Generationswechsel auf der Leitungsebene der Diözese vollzogen: Die Zeit der späten kirchlichen Aufklärung war nun endgültig vorbei. Der Limburger Seminarist Mardner dichtete aus Anlass der Inthronisation Blums:
"Der Kirche wirst Du Deine Tage weihen,
Mit Macht den Feind, der ihr sich naht,
bekämpfen;
Verlaßnen und Bedrängten Hülfe leihen,
Den Priester durch des Glaubens Flamme
heben;
Verjüngt wird Deine Diözese blüh'n,
Und hoch des Christen Herz in Liebe glüh'n.
Durch Dich steh'n wir, wie Brüder im Verein,
Wir werden stark durch Einheit sein."
In diesen Zeilen scheint schon angekündigt, dass auch die bisherige Subordination der Kirche unter den Staat ihrem Ende entgegenging. Schon seinen Gehorsamseid gegenüber den Gesetzen Nassaus und der Freien Stadt Frankfurt legte Blum nur salvo iure canonico ab, das heißt nur unter dem Vorbehalt, dass 11 aus demselben auf keinerlei Weise irgendetwas abgeleitet oder begründet werden könne, was mit denjenigen heiligen Verpflichtungen nicht vereinbar/ich wäre, die ich als katholischer Bischof gegen meine Kirche habe. 1118 Das war eine programmatische Erklärung, die aber noch keine konsequente Strategie verfolgte. Der neue Bischof war, wie Ferdinand Ebert so anschaulich formulierte, zunächst ganz darauf bestrebt, das religiöse Leben, das von der II Kälte der rationalistischen Theologie 1119 bestimmt worden war, zu erneuern und ,)n jugendlichem Schwunge die Kirche von jenen staatlichen Anordnungen zu befreien, die eine Entfaltung der religiösen Kräfte erschwerten. 1120 Heinrich Brück meinte dazu: Er glich einem Feldherrn, der sich jeden Fuß breit Landes erobern musste. So oft er irgend etwas unternahm, was zur Beförderung der Frömmigkeit und Religiosität gereichte, legte die nassauische Regierung ein Veto ein. "
Der Hauptstreitpunkt zwischen Bischof und Regierung blieb bis zur Revolution 1848 das nassauische Schulsystem, die so genannte Simultanschulen. Mit der Abschaffung des gemischt-konfessionellen „allgemeinen Religionsunterrichts" 1844 konnte der Bischof zumindest einen Teilerfolg verbuchen.
Es war dies ein sehr kleiner Erfolg in Blums angestrebtem Behauptungskampf gegen den nassauischen Staat. Erst die Erschütterungen der Märzrevolution dynamisierten die erstarrten Machtverhältnisse und gaben Blum die Möglichkeit, seine Vorstellungen einer Religionsfreiheit durchzusetzen, die als Befreiung der Kirche aus staatlicher Bevormundung zu verstehen ist. Dementsprechend interpretierte Blum die Märzforderung nach unbeschränkter Religionsfreiheit nicht individuell, sondern institutionell. Zum Dank für die von Herzog Adolph gewährte Freiheit ordnete der Bischof in allen Kirchen seines Bistums einen Dankgottesdienst an.23 Doch von aller republikanischen Radikalität war die katholische Kirche stets weit entfernt, stattdessen versuchte man auch in Nassau, in den neuen Parlamenten eine stabile Interessenvertretung zu etablieren. In einem Hirtenbrief im März 1848 empfahl Blum seinen Diözesanen, bei den bevorstehenden Wahlen solchen Männern ihr Vertrauen auszusprechen, die „zugleich wie für Fürst und Vaterland, so auch für unsere heilige katholische Kirche aufrichtig begeistert sind. "24 Nach Mainzer Vorbild wurde in Limburg ein Centralverein für religiöse Freiheit gegründet, um geeignete Wahlmänner und Volksvertreter aufzustellen und so 11 die geistlichen Oberen in Wahrung und Beförderung der Interessen unserer heil. Kirch nach Möglichkeit zu unterstützen. 1125 1848 war auch im Bistum Limburg das Jahr der eigentlichen Geburtsstunde einer organisierten katholischen Laienbewegung mit politischem Engagement. Die Vereine wurden sowohl vom Klerus als auch von einflussreichen Laien organisiert und unterstützt, Moritz Lieber wurde durch seine enge Verbindung zum Mainzer Kreis zur Schlüsselfigur der nassauischen katholischen Vereinsbewegung.26 Seit 1848 setzte Bischof Blum, der mit Lieber befreundet war, auf die Mobilisierung der katholischen Massen durch Petitionen. Sein starker Rückhalt bei den Katholiken seiner Diözese half ihm bis zu seinem Tod immer wieder, seine Forderungen selbstbewusst zu artikulieren.
Dem liberalen Frühling folgte sukzessive ein staatlicher ,roll back' von gegebenen Versicherungen der Freiheit. Bei dieser Durchsetzung seines monarchischen Herrschaftsanspruchs in möglichst reiner und unverfälschter Weise standen dem Herzog als Leitbild klar die vormärzlichen Verhältnisse vor Augen.27 Doch dass die Erfahrungen von 1848 nicht rückgängig zu machen waren, zeigt nicht nur die Entfremdung der liberalen politischen Führungsschicht vom Herzog, sondern auch der in die Reaktionszeit fallende Nassauische Kirchenstreit (1853-1861 ). Er entzündete sich an der Praxis der Pfarrbesetzungen und der fehlenden Kompetenzabgrenzung zwischen Staat und Kirche; stand also im Kontext des Oberrheinischen Kirchenstreits.28 Die katholischen Bischöfe der Provinz stellten sich gegen die langjährige Rechtspraxis, die aber freilich nie von Rom offiziell anerkannt worden war, und wurden für dieses Vorgehen von den Regierungen als ,Jevolutionär" angeprangert. Anders als in Kurhessen, Hessen-Darmstadt und Württemberg, wo es bald zur Verständigung auf einen Modus vivendi kam, blieben die Fronten zwischen Staat und Kirche in Nassau und Baden verhärtet. Für die nassauische Regierung blieb Bischof Blum, der nach ihrer Ansicht „in vollständiger Auflehnung gegen die Regierung begriffen"29 war, ein schwierigerVerhandlungspartner. Eine Einigung konnte 1861 nur in einer Kompromisslösung und in Berücksichtigung des auch in Nassau erstarkenden Liberalismus - ein Gegner sowohl der katholischen Kirche als auch des reaktionären Staates - gefunden werden. Trotz der Bescheidenheit des Erreichten, so bilanziert Schatz, wurde die Kirche jetzt nicht mehr als zu beaufsichtigender Untertan, sondern als Partner anerkannt. Die Unmöglichkeit, sich in Prinzipienfragen einig zu werden, wurde gesehen und dennoch ein praktischer Modus des Miteinanderlebens gefunden.
Angesichts dieser Kompromisslösung ist schon zu erkennen, dass die katholische Kirche auch in Nassau aus einem neu gefundenen Selbstbewusstsein heraus agieren konnte. Der Nassauer Wilhelm Heinrich Riehl (1823-1897) hielt die von vielen Zeitgenossen empfundene Positionsverschiebung der katholischen Kirche in seiner volkskundlichen Schrift Land und Leute 1850 folgendermaßen fest: 11 Von allen öffentlichen Autoritäten hat die Kirche allein vollwichtigen Erfolg aus unserer Revolution [von 7 848] gewonnen. Alle andern Mächte schwächten sich gegenseitig: die Macht der Kirche ist um das Zehnfache gewachsen. Und obendrein ganz im Stillen. [. .. ]Die Kirche wird schwach, sobald sie sich dem Volks/eben entfremdet, darum waren die glänzendsten Perioden der theologischen Gelehrsamkeit nicht selten Perioden der Ohnmacht der Kirche. Sie wird stark und verjüngt sich sobald sie wieder in unmittelbare Berührung mit dem Volk und seinen praktischen Bedürfnissen tritt. "37 Riehl diagnostiziert, dass die starke Position der katholischen Kirche aus ihrer Rückkoppelung an die Bedürfnisse des„ Volkes" herrührt, das heißt im damaligen Sprachgebrauch der ländlich,-bäuerlichen und kleinstädtischen Bevölkerung. An einigen ausgewählten Beispielen möchte ich illustrieren, warum Riehl zu einer solchen Beobachtung kam. Unablässlicher Bestandteil der von Bischof Blum angestrebten religiösen Erneuerung war die Integration bzw. Kanalisierung der Glaubensbewegungen„ von unten" in die 11 offizielle" Kirche. Diese Integration beschränkte sich nicht nur auf das Wallfahrtswesen, sondern erfasste auch andere wichtige Bestandteile des Glaubenslebens, wie zum Beispiel die Gründung von neuen, karitativen Glaubensgemeinschaften oder die stärkere Ausrichtung der Kirche als ,Dienstleister' auch für untere Gesellschaftsschichten wie in Frankfurt.
Nach der Säkularisation, als wichtige Wallfahrtskirchen und -klöster vom Herzogtum Nassau übernommen und geschlossen worden waren, erließ die Regierung 1815 ein Verbot aller Prozessionen über die Pfarrgrenzen hinaus. Sie ging hierbei konform mit dem ersten Limburger Bischof Jakob Brand. Die Notwendigkeit von Wallfahrten für das katholische Glaubensleben wurde erst später von Bischof Blum wieder akzentuiert. Während sich die Einstellung des Staates zum Wallfahrtswesen nicht geändert hatte, war also von Seiten der Kirche sehr wohl eine andere Position bezogen worden. Das führte zu Konflikten, die sich erstmals durch die Ereignisse der Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt akzentuierten. Bischof Blum hatte die Wallfahrt 1844 enthusiastisch begrüßt, selbst an ihr teilgenommen und die Teilnahme von Gläubigen aus seinem Bistum gefördert.32 Die Erwähnung der Wallfahrt in Blums Fastenhirtenbrief 1845 stellte die Regierung dagegen vor ein Problem. Regierungspräsident Möller betonte gegenüber dem Staatsministerium die Illegalität der Wallfahrt, die unter die Verordnungsbestimmungen von 1815 falle. Sie dürfe darum in einem bischöflichen Hirtenschreiben nicht billigend erwähnt werden.33 Möllers Ansicht setzte sich in dieser Angelegenheit im Staatsministerium nicht durch, doch schon wenige Monate später wurde das Domkapitel erneut über einen Verstoß gegen das nämliche Edikt befragt. Im September 1845 war eine Prozession von Limburg aus zur Kapelle im benachbarten Beselich gezogen, an der auch Geistliche durch Abhaltung von Gottesdiensten beteiligt waren.34 Bischof Blum stellte sich dabei klar auf Seiten der Wallfahrer. An Möller gerichtet bemerkte er, 11daß einerseits die katholische Kirche bei allem ihrem Eifer gegen jegliche Art von Mißbräuchen das Wallfahrten an sich nicht nur erlaube, sondern billige, ja selbst empfehle, und andrerseits bei dem katholischen Volke allenthalben in Deutschland [. .. ] das Bedürfniß, auch in dieser speziellen Weise seinem religiösen Orange zu genügen, mächtig wieder erwacht sei."
Die beiden Fälle zeigen ein sowohl inkonsequentes als auch paradoxes Verhalten der Staatsregierung: Während die große, ,massenwirksame' Trierer Wallfahrt ungestört organisiert und befördert werden konnte, schritt man gegen eine kleine, lokal verankerte Prozession mit aller Strenge des Gesetzes ein. Erklärbar wird dieses Verhalten mit der differierenden Organisationsform beider Fahrten: Die Heilig-Rock-Wallfahrt war eine „ Wallfahrt von oben" gewesen. Vielleicht hatte sich die nassauische Regierung in dieser Frage an der Haltung der preußischen orientiert, die der Veranstaltung zumindest mit wohlwollender Neutralität gegenüber stand. Doch erwiesen ist es, dass die nassauische Regierung die Wallfahrtsbewegung II von unten" ablehnte.37 Bei der Untersuchung der Limburger Prozession wurden ihre Teilnehmer als Mitglieder der unteren Volksklasse identifiziert sowie als ungebildet und abergläubisch charakterisiert. Das inkonsequente Vorgehen der Regierung zeigt aber auch die Ohnmacht des vormärzlichen Staates, den neu erstarkten organisierten Katholizismus in Schranken zu weisen, so dass man sich lieber auf Nebenschauplätze und Nebengefechte einließ. Das Verhalten des nassauischen Staates liegt also auch in der Wallfahrtsfrage ganz auf der Linie der deeskalierenden Politik: Man war nicht bereit, es zum offenen Bruch mit der katholischen Kirche kommen zu lassen. Charakteristisch war dagegen die Stellung von Bischof Blum, der die Prozession nach Beselich verteidigte und zum wiederholten Male die Aufhebung des Wallfahrtsverbots von der Regierung forderte. Der wichtigste überlokale Wallfahrtsort der Diözese Limburg war Bornhofen am Rhein. Auf Einladung von Bischof Blum, der im Frühjahr einen Teil des Klosters erworben hatte, wurde am 8. September 1850 in Bornhofen eine Niederlassung der Redemptoristen gegründet, mit zunächst zwei Patres und einem Laienbruder. Die nassauische Regierung leistete zuerst Widerstand, konnte sich aber gegen den entschlossenen Bischof nicht durchsetzen, der am Gründungstag selbst in Bornhofen zugegen war, mit Tausenden Gläubigen feierte und zu ihnen predigte.38 In der Folgezeit blühte die Wallfahrt nach Bornhofen wieder auf und erreichte bald durchschnittlich 20.000 Pilger im Jahr.
Ebenfalls großen Zulauf hatten die Volksmissionen, die im Anschluss an die Revolutionszeit durchgeführt wurden. Auf der Würzburger Bischofskonferenz von 1848 hatte man in groß angelegten Kampagnen ein probates Mittel gesehen, das Vertrauen, die Folgsamkeit und die Ordnung unter den Katholiken in ganz Deutschland wieder herzustellen. In einer solchen anti-aufklärerischen Kampagne gegen Materialismus, Rationalismus und Liberalismus sahen die deutschen Bischöfe den besten Weg zu einer Überwindung der herrschenden Missstände, die nach ihrer Ansicht aus einem fehlgeleiteten Zeitgeist resultierten. Die Kirche operierte hier also nach einer Zweck-Mittel-Rationalität: Je größer und außerordentlicher die Herausforderungen der Zeit an sie waren, desto größer und außerordentlich er mussten auch die Maßnahmen sein, diesen Herausforderungen der Zeit zu begegnen. Auch Bischof Peter Joseph Blum trug, wie Gisbert Lieber überliefert hat, diese Auffassung, 11 daß die gewöhnliche ordentliche Seelsorge, wie immer gewissenhaft und eifrig ausgeübt, in unsern Tagen nicht mehr ausreiche, um den immer wachsenden Unglauben und Sittenverderbniß mit Erfolg zu steuern, daß es vielmehr hierzu der Anwendung außerordentlicher Mittel bedürfe. 1140 In Limburg und Frankfurt41 missionierten über mehrere Tage hinweg Redemptoristen und Jesuiten mehrere Tausend Gläubige. Durch Hören von Predigten, die primär grundlegende katholische Glaubenslehren behandelten, und durch das Ablegen der Beichte konnten die Gläubigen eine kraftvolle Wiedererweckung des Glaubens und des religiösen Lebens erfahren. Besonders in Frankfurt, einer großen, mehrheitlich protestantischen und republikanisch-liberalen Stadt, kam der Volksmission mit ihrem zur Schau getragenen Stolz auf die eigene Konfession und mit Selbstbewusstsein ausgelebter Konfessionalität sicher eine herausragende Stellung innerhalb der Rechristianisrerungs- und Rekonfessionalisierungsbestrebungen der Kirche zu.
Doch die religiöse Erneuerung vollzog sich auch in leiseren Formen unter den nassauischen Katholiken. Ein gutes Beispiel hierfür sind die zwei religiösen Kongregationen, die die Diözese Limburg selbst hervorbrachte: die Armen Dienstmägde Jesu Christi und die Barmherzigen Brüder von Montabaur. Bischof Blum erkannte sie 1851 bzw. 1856 offiziell an. Die Mitglieder beider Kongregationen setzten sich der Arbeit, Mühe und Unsicherheit einer eigenen Gemeinschaftsgründung aus, um in ihrer angestammten Heimat, ihrem Herkunftsort und -land, aktiv karitative Arbeit zu leisten. So wollten sie nicht nur die soziale Not lindern, sondern auch das religiöse Leben fördern. Beide Ziele gingen dabei Hand in Hand und waren in der Vorstellung der Kongregationsmitglieder nicht voneinander zu trennen. Besonders Katharina Kasper, die Gründerin der Armen Dienstmägde, war davon getrieben, die exorbitante soziale Not in ihrer Heimat, dem Westerwald, durch karitative Arbeit in asketischer Selbstausbeutung, die fast an Selbstzerstörung grenzte, zu vermindern. Sie muss ein äußerst charismatischer, wenn auch nicht gerade einfacher Charakter gewesen sein. Erst nach mehreren Gesprächen kristallisierte sich für Bischof Blum die Ernsthaftigkeit ihres Unternehmens heraus, und er begann, ihre Initiative zu unterstützen. Durch die Expansion der Kongregation - sowohl geographisch als auch der Mitgliederzahl nach - prägten die Schwestern dabei das Bild der katholischen Kirche: sie traten als religiöse Vermittler auf - sowohl in der Lehre, als auch in christlicher Alltagsarbeit - und fungierten als Teil der kirchlichen Struktur. Durch ihre ganz eigene, neuartige Symbiose von Kontemplation und Arbeit, die sich sowohl im kirchlichen wie im öffentlichen Raum vollzog, haben sie auch eine neue Legitimation für die Kirche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschaffen.
Zu Slums Programm der Förderung der allgemeinen Frömmigkeit gehörte nicht nur die Wiedereinbindung von religiösen Orden in das Glaubensleben der Diözesanen. Auch eine Quantifizierung und Qualifizierung der Priesterausbildung war dem Bischof wichtig. Zur Rekrutierung von Priesternachwuchs bestand seit 1852 ein bischöfliches Knabenkonvikt beim Gymnasium in Hadamar. Eine Diözesan-Rettungsanstalt für gefährdete Knaben war ein besonderes Anliegen von Blum, sie wurde 1858 zunächst in Dernbach eingerichtet, dann über Montabaur nach Marienstatt verlegt.
Aber auch die etablierte Geistlichkeit wollte der Bischof wieder stärker auf den Geist des Christentums verpflichten. Auf der Bischofskonferenz in Würzburg 1848 äußerte er sich bei der Diskussion um Wiedereinführung von Synoden dahingehend, 11 daß die Hauptaufgabe der synodalen Thätigkeit in unserer Zeit die reformatio cleri sein müsse. 11 Denn: 11 Nur wenn sie [die GeistlichenL die das Leben Jesu an sich darstellen sollten, vom Geist des Christenthums durchdrungen seien, werde dieses wieder zu grösserer Geltung kommen. 1143 Um diesen Geist in seinem Bistum zu stärken, setzte Bischof Blum auf ,Fortbildung'. Auch nach ihrer Ausbildung und Weihe sollten die Limburger Kleriker die Möglichkeit haben, geistliche Übungen (Exerzitien) durchzuführen. Nach Wiederbelebung des Wallfahrtsortes Bornhofen durch Redemptoristen, leiteten diese wiederholt gemeinsame Priester- und Lehrerexerzitien für die Diözese zu 11 größter Erbauung der Teilnehmer1144 , wie es hieß. Blum versuchte, eine stärkere Spiritualisierung des Weltklerus zu erreichen, sein Biograph Höhler schrieb dazu: 11 Allein dieser zählte neben einer kleinen Zahl von vortrefflichem Geiste erfüllte Männer nur zu viele andere in seinen Reihen, die wohl das, was sie als ihre Pflicht erkannten, vollbrachten, aber von dem inneren, verzehrenden Feuer, welches den Bischof erfüllte und rastlos vorwärts trieb, nur wenig besaßen."
Einfache Pflichterfüllung, wie gewissenhaft, korrekt und engagiert auch immer ausgeführt, war also nicht mehr oberstes Bewertungskriterium für einen 11 guten11 Pfarrer, er sollte sich vielmehr durch 11 inneres, verzehrendes Feuer11 des Glaubens auszeichnen. In diesem Umstand ruht übrigens auch die Hochschätzung des Mönchtums durch Bischof Blum.
Schauen wir nun weiter, wie sich diese religiös erneuerte Kirche unter der neuen politischen Herrschaft des Königreichs Preußen fortentwickelte: Nach der Annexion des Herzogtums Nassau 1866 begrüßte Bischof Blum sehr schnell die neue Herrschaft. Er sorgte damit allenthalben für große Überraschung, denn die bisherige sententia communis der deutschen Katholiken präferierte eine großdeutsche Lösung.46 Doch Blum verknüpfte, aus den spezifischen Problemverhältnissen seines Landesbistums herkommend, mit der Annexion seine ganzen Hoffnungen auf bessere Verhältnisse für die katholische Kirche. Er stellte sich mit einem Hirtenbrief vom 15. Oktober 186647 realistisch auf den Boden der neuen Tatsachen, so wie es auch der geistige Wortführer des deutschen Episkopats, der Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler, später tat.48 Durch seine schnelle Entscheidung zugunsten Preußens kann man es Blum auch als Verdienst anrechnen, dass der 11 deutsche Bruderkrieg11 nicht im Nachhinein als Krieg der Konfessionen ausgelegt werden konnte. Er nahm den antikatholisch eingestellten Nassauern, die in der Kriegsentscheidung ein Gottesgericht zugunsten eines neuen protestantisch dominierten Staates erkennen wollten, den Wind aus den Segeln. Der hoffnungsvolle Ausblick auf die zu erwartenden preußischen Kirchenverhältnisse war es wohl auch, der den Diözesanklerus mit Slums preußenfreundlichem Kurs versöhnte. Zu allererst wurde er freilich bei denjenigen unterstützt, die sich an der nassauischen 11 Kleinstaaterei11 gerieben hatten. Dazu gehörte neben Generalvikar Karl Klein auch der Frankfurter Stankfurter Stadtpfarrer Eugen Theodor Thissen. Zumindest verhinderte Blum im Diözesanklerus das Aufkommen einer starken preußenfeindlichen Partei.
In der Tat konnte es dem Bischof nicht schnell genug gehen mit der Adaption der preußischen Verfassung. Berlin hatte ein Übergangsjahr vorgeschrieben, in dem die nassauische Verfassung wie in den anderen annektierten Staaten in Kraft bleiben sollte. Doch der Bischof wollte, wie Karl Klein berichtete, 11 mit allen Kräften dahin wirken, daß die Verfassungsbestimmungen über die Stellung der Kirche zum Staate schon in der allernächsten Zeit ins Leben träten. 1149 Er beauftragte Klein mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Denkschrift. Vor allem sollten die primären Streitpunkte zwischen dem Bischof und der nassauischen Regierung geändert werden, nämlich das simultane Schulwesen und die staatliche Verwaltung des Kirchenvermögens. Dem Hirtenbrief folgte diese Denkschrift, in der Blums Maximalforderungen niedergelegt waren, als lmmediateingabe an den König in kürzester Zeit nach. Als Resultat wurde dem Bischof am 20. April 1868 das freie Besetzungsrecht für alle kirchlichen Stellen zugesprochen, und der Zentralkirchenfonds ging am 1. Januar 1869 in die Verfügung des Ordinariats über. Doch die Zugeständnisse der neuen Regierung blieben begrenzt.
Der hoffnungsvolle Aufbruch dauerte nur ein paar Jahre. Nach der nationalen Einigung und der Bildung des Deutschen Reiches 1871 konnten sich antikatholische Kräfte neu konzentrieren, um die liberalen Forderungen nach Säkularisierung, Modernisierung und Emanzipierung des Staates von der Kirche, die sich katholischerseits nach dem Syllabus Errorum und dem Vatikanischen Konzil endgültig und dogmatisch vom Liberalismus und der modernen Welt abgewandt hatte, zur Erfüllung zu bringen. Das gute Wahlergebnis des katholischen Zentrums bei den Reichstagswahlen brachte schließlich Reichskanzler Bismarck und die Liberalen zusammen.
Im Juli 1871 begann in Preußen der Kulturkampf mit der Aufhebung der Katholischen Abteilung im preußischen Kultusministerium. Damit hatte Bismarck die einzige institutionalisierte lnteressensvertretung für katholische Belange im Staat beseitigt. In einer darauf folgenden ersten Phase des Kulturkampfes wurden gleich einige, die Kirche direkt betreffende Gesetze verabschiedet: der in das Strafgesetzbuch des Deutschen Reichs aufgenommene Kanzelparagraph (10. Dezember 1871 ), der den Geistlichen verbot, staatliche Angelegenheiten in „einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise" zu behandeln; das preußische Schulaufsichtsgesetz (11. März 1872), das dem Staat die Aufsicht auch über den Religionsunterricht erteilte; sowie das reichsweite /esuitengesetz (4. Juli 1872), das zuerst alle Mitglieder der Societas Jesu, anschließend auch „verwandte" Orden wie Redemptoristen und Lazaristen aus dem Reich auswies.
In einer zweiten Phase wurde die Kirche in den Maigesetzen von 1873 in Preußen einem geschlossenen System staatlicher Aufsicht unterworfen. Sie griffen in die Ausbildung der Geistlichen, die Finanzierung der Kirchen und die innerkirchliche Personalpolitik ein. Zudem wurde der Austritt aus der Kirche erleichtert, und die Altkatholiken wurden staatlich anerkannt. Zur Untersuchung von Rechtsvergehen gegen diese neuen Gesetze wurde der Königliche Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten geschaffen und mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet.
Die schnelle Folge von immer neuen restriktiven Gesetzen sollte bis 1876 andauern. In diese Zeit fällt auch die Einführung der obligatorischen Zivilehe zuerst in Preußen, dann im gesamten Reich; zudem verhinderte das reichsweite Expatriierungsgesetz die unbefugte Ausübung von kirchlichen Ämtern; die Verwaltung erledigter, d.h. vakanter Bistümer wurde im entsprechenden preußischen Gesetz vom 20. Mai 1874 einem staatlichen Kommissar übertragen; das preußische Brotkorbgesetz vom 22. April 1875 sperrte die Staatsmittel (Temporalien) für „renitente11 Geistliche.
Wie schnell der von Rudolf Virchow geprägte Begriff Kulturkampf von allen Seiten aufgegriffen wurde (katholischerseits stellte man ihn noch in Apostrophe), zeigt, wie treffend er für die Zeitgenossen das ausdrückte, was dem Streit zugrunde lag. Für die Liberalen beschrieb er, wie David Blackbourn festgestellt hat, ,,das Aufeinanderprallen ihrer eigenen, im liberalen Nationalismus verkörperten ,modernen' Perspektive mit der den deutschen Katholiken zur Last gelegten Rückständigkeit und halsstarrigen Kirchturmpolitik."
Abgesehen von den Einschnitten in das Gemeindeleben, die Arbeit der Orden und Kongregationen und die Priesterausbildung war die gravierendste Auswirkung des Kulturkampfes im Bistum Limburg sicherlich die vom preußischen Staat verfügte Amtsenthebung von Bischof Blum. Aufgrund des systematischen Widerstands des Bischofs, der sich nicht nur in Verweigerung des schuldigen Gehorsams gegenüber den Landesgesetzen, sondern „auch in direkt und indirekt beförderter Aufreizung'1 der ihm untergebenen Geistlichen und Diözesanen 1,zu gleich gesetzwidrigem Verhalten 11 geäußert hatte, forderte der Oberpräsident der Provinz Hessen-Nassau, Freiherr August von Ende, Blum mit Schreiben vom 17. Oktober 1876 zur Niederlegung seines bischöflichen Amtes auf.51 Der Bischof war von seiner Praxis, geistliche Stellen ohne vorherige Anzeige selbständig zu besetzen, nicht abgerückt und war konsequenterweise auch nicht der staatlichen Aufforderung nachgekommen, die vakanten Pfarreien nach vorgeschriebenem Modus zu besetzen. Bis zum Dezember 1882 waren somit insgesamt 45 von den 148 Gemeinden der Diözese (das entspricht 30%) ohne Pfarrer gemeldet.
Die daraufhin gegen Blum verhängten Exekutivstrafen steigerten sich wegen Nichtbezahlens ständig höher und konnten auch durch Zwangseintreibung nicht vollzogen werden, denn Blum hatte seinen gesamten Besitz auf andere kirchliche Institutionen umgeschrieben. Das Wenige, was der Gerichtsvollzieher 1874 im ohnehin nicht reich ausgestatteten bischöflichen Haushalt53 pfänden konnte, war Blums Reisekutsche, Porträts des Kaisers und der Kaiserin, drei Kruzifixe, einige Ölgemälde und Blums goldenes Brustkreuz mit Kette, das ihm zu seinem 25jährigen Konsekrationsjubiläum vom Klerus geschenkt worden war.54 Diese Pfändungen riefen einen so großen Protest innerhalb der katholischen Bevölkerung hervor, dass bei den Versteigerungen in Limburg die Gegenstände von katholischen Bürgern ohne Gegengebote ersteigert wurden. Sie wurden in teilweise triumphalen Demonstrationszügen dem Bischof zurückgebracht und ihm als unpfändbare Leihgaben zurück übertragen.
Um einer drohenden Verhaftung zu entgehen, zog sich der mittlerweile 68jährige und gesundheitlich instabile55 Blum in ein von Fürst Karl zu Löwenstein angebotenes Exil auf Schloss Haid in Böhmen zurück. Einen Tag vor der Abreise regelte er die Übertragung seiner geistlichen Befugnisse an Domdekan Klein.56 Außerdem verfasste er ein Antwortschreiben an Freiherrn von Ende, in dem er mitteilte, dass die von Gott ihm auferlegten Pflichten gegenüber seinen Diözesanen es ihm nicht erlauben würden, der Aufforderung zur Niederlegung seines Oberhirtenamtes zu entsprechen. Blum führte weiter aus: ,, Eine staatsbehördliche Entlassung aus dem bischöflichen Amte gibt es rechtlich nicht; und eine factische Hemmung meiner geistlichen Wirksamkeit würde nur eine wohl auch der Staatswohlfahrt nicht zuträgliche Steigerung des für mein Bisthum preußischen Antheils bereits vorhandenen kirchlichen Nothstandes herbeiführen [. . .]. Was [. .. ] systematischer Widerstand gegen die Staatsgewalt genannt wird, ist in Wahrheit pflicht- und rechtmäßiges festhalten an der vom Sohne Gottes seiner Kirche behufs Erfüllung ihrer überirdischen Mission verliehenen unentbehrlichen Freiheit und Selbständigkeit [ .. .]. "
Das Exil in Böhmen, so weit entfernt von seinen Diözesanen und den durch den Kulturkampf erschwerten Verwaltungsarbeiten, war für den volksnahen Bischof äußerst belastend. In der Zeit vor seinem Exil hatte er sehr viel Wert darauf gelegt, die verwaisten Pfarreien persönlich zu besuchen, dort Gottesdienst zu halten und "sie zum Ausharren in der Treue gegen die Kirche zu ermutigen." Das eindrucksvollste Beispiel war sein Bestreben, aus dem Jahrestag der Krönung des Papstes (21.Juni) im Jahr 1874 eine große Manifestation für die bedrängte Kirche zu organisieren. Er selbst nahm an diesem Tag an einer Prozession zum Heilborn, einem Wiesenhügel nahe bei Dernbach, teil, wo sich 8.000-10.000 Menschen versammelten.
Durch regelmäßige Berichte der Dekane wollte Blum seinem 11 schweren Herzen111 hervorgerufen durch die Ungewissheit über die Zustände in der Diözese, wenigstens teilweise gerecht werden. Beruhigend wirkte sich aber vor allem die kompetente Vertretung durch den späteren Bischof Karl Klein aus, der sich in seinen Briefen an Blum als Herr der Lage zeigte.
Insgesamt sieben Jahre dauerte Blums Exil, bis er am 8. Dezember 1883 die offizielle Nachricht seiner Begnadigung erhielt. Der Kulturkampf hatte zu viele innenpolitische Komplikationen herbeigeführt und sein Scheitern war inzwischen evident geworden. Bismarck brach mit den Liberalen und suchte die Kooperation mit den Konservativen. Zudem war 1878 mit Leo XIII. ein kompromissbereiterer Papst an die Spitze der katholischen Kirche getreten.
Die Heimreise BI ums konnte nun geplant werden. Seinem Sekretär Höhler war angesichts der Heimreise des Bischofs gar nicht wohl zu Mute, denn die Aufregung habe ßlum magenleidend und appetitlos gemacht. Er fürchtete, die Aufregung bei einem feierlichen Empfang könnte dem Heimkehrer schwer schaden: 11 Er ist nervös arg herunter. Mir bangt so schon. "62 Doch der triumphale Empfang des so lange vermissten Bischofs ließ sich nicht verhindern. Am 19. Dezember traf Blum in einem Sonderzug von Frankfurt im mit Fahnen, Kränzen und Ehrenpforten festlich geschmückten Limburg ein. Ein ausführlicher Bericht des Nassauer Boten vom 20. Dezember schrieb dazu unter anderem: 11 überrascht war jeder Begleiter des Hochwürdigsten Herrn von der Begeisterung, die sich auf der ganzen Route in Böllerschießen, Glockengeläute, Musikbegrüßung und Hochrufen kundgab; auch die weitgehendsten Hoffnungen des Festkomites in Limburg wurden durch die Betheiligung der Bürgerschaft wie der Bewohner der näheren und ferneren Umgebung übertroffen. Besonders befriedigt äußerte sich der Hochwürdigste Herr Bischof über den Empfang, den ihm seine Bischofsstadt bereitet hat; wohl habe er gedacht, daß die Stadt ihn mit einer entsprechenden Feier empfangen würde, aber das Gebotene habe alle Vermuthungen weit übertroffen."
Auch der liberalen Neuen Würzburger Zeitung blieben die Ereignisse in Limburg nicht verborgen, sie sah die Rückkehr des Bischofs aber keineswegs so enthusiastisch wie der katholische Nassauer Bote. In der Ausgabe vom 21.Dezember schrieb sie: ,, Ohne die Unterstützung der konservativen Partei hätten die Klerikalen es niemals dahin bringen können, daß soeben ein wegen andauernder, absichtlicher Verletzung der Staatsgesetze, wegen prinzipieller Leugnung des Gesetzgebungsrechts des Staates aus dem Amte entlassener Bischof zur Wiederaufnahme seines Amtes als Triumphator in ,seiner Residenzstadt' eingezogen ist, beharrend in der Renitenz gegen die Gesetze, seiner Diözese und allen Ultramontanen ein lebendiges Beispiel, daß man bei einiger Hartnäckigkeit klerikalerseits mit der preußischen Regierung fertig werden kann. //63 Nur noch etwas länger als ein Jahr nach seiner Rückkehr blieb Bischof Blum am Leben, nach Verschlechterung seines Gesundheitszustandes im Herbst 1884 starb er am 30. Dezember 1884.
Bischof Peter Joseph Blum, der über 40 Jahre die Diözese Limburg leitete, hatte seine Tätigkeit nicht als Beruf, sondern als Aufgabe verstanden. In Hebung der Frömmigkeit unter Klerikern wie Laien sah er eine unabdingbare Voraussetzung für eine kollektiv-sittliche wie eine individuell-religiöse Erneuerung. So nahm er in seinen schriftlich hinterlassenen Dokumenten oft eine Verbindung zwischen den Interessen der Kirche und dem Seelenheil der Katholiken vor. Nur in einer starken, vitalen und von staatlicher Bevormundung befreiten Kirche sah er die Voraussetzungen dafür gegeben, dass die katholischen Gläubigen sittlich-religiös geleitet werden konnten. Eine schädliche, den Staat gefährdende Wirkung bestritt er lebhaft. Der Bischof erfuhr von Seiten der katholischen Laien stets starken Zuspruch in Beibehaltung seines Kurses und avancierte durch das ihm auferlegte Exil zum katholischen Volkshelden. In früheren Zeiten wurde er deshalb auch oft als //Bekennerbischof// tituliert. Inwieweit persönliche Sympathie für den katholischen Oberhirten, der durch seine lange Amtszeit eine Konstante in der obrigkeitlichen Vorstellung der Diözesanen darstellte, auch das Verhalten und Empfinden der Katholiken gegenüber der staatlichen Autorität beeinflusste, bleibt zu bedenken.
Trotz all ihrer Wandlungen und der Konflikte mit der staatlichen Autorität blieb die katholische Kirche auch im Bistum Limburg eine konservative Kraft; zu keiner Zeit führte sie einen direkten Angriff auf die Monarchie. So wie seine Amtskollegen wollte aber auch Bischof Blum ein Wort bei der Gestaltung der Gesellschaft und der Politik mitreden. Die Kirche mischte sich ein; und sie versuchte ihren gesellschaftlichen und politischen Einfluss auszuweiten, um (um in der Logik ihrer Argumentation zu bleiben) die Staatsuntertanen vor den „ verderblichen Einflüssen" des Liberalismus und später des Sozialismus zu schützen.
Engpässe in der Nahrungsversorgung
Der Hungerwinter: Aufgrund der global spürbaren Nachwirkungen der Vulkanausbrüche des Fonualei im Pazifik (1846) und des Tambora in Indonesien (1815) fällt im August 1846 im Westerwald Schnee. Das führt zu erheblichen Ernteausfällen. Weiterhin breitet sich die Kartoffelfäule aus. Lebensmittel werden knapp, was zur Folge hat, dass die Preise für Lebensmittel stark steigen.
In dieser Zeit gründet Friedrich Wilhelm Raiffeisen den „Weyerbuscher Bordverein“, der sich um die Verteilung von Lebensmitteln für die Bevölkerung kümmert.
Deutsche Revolution und Nationalversammlung
Die Frankfurter Nationalversammlung war von Mai 1848 bis Mai 1849 das verfassungsgebende Gremium der Deutschen Revolution sowie das vorläufige Parlament des entstehenden Deutschen Reiches. Die Nationalversammlung tagte in der Paulskirche in Frankfurt, daher steht häufig der Name Paulskirche für die Nationalversammlung. Als Parlament beschloss die Nationalversammlung auch die Reichsgesetze. Am 28. Juni 1848 richtete die Nationalversammlung mit dem Zentralgewaltgesetz die Provisorische Zentralgewalt ein, also eine vorläufige deutsche Regierung.
aus: Wikipedia.de/Frankfurter_Nationalversammlung
Bedeutung für das Bistum Limburg
Die Märzrevolution 1848 und die Wahlen zu einer verfassunggebenden
Nationalversammlung, die am 18. Mai 1848 in der
Paulskirche zusammentrat, blieben nicht ohne Einfluss auf das
kirch liche Leben. 1848 war die Geburtsstunde einer katholischen
Laienbewegung mit politischem Engagement, es entstand eine
vielfältige katholische Vereinsbewegung, die sich zunehmend auch
sozial caritativen Zielen verpflichtete.
1850 holte Bischof Blum den Orden der Redemptoristen zur
Wiederbelebung der Wallfahrt nach Bornhofen (Rhein). Dort
sowie in Limburg und Frankfurt hielten die Mönche Volksmissionen,
unterstützt durch die Jesuiten. Besonders in der protestantischen
Reichsstadt Frankfurt gewannen die Katholiken Selbstbewusstsein.
In diese Zeit fällt die Gründung der Dernbacher Schwestern (1851)
und der Barmherzigen Brüder von Montabaur (1856).
Der Wunsch nach Durchsetzung der kirchlichen Freiheitsforderungen
führte zum Konflikt mit der Regierung, dem »Nassauischen
Kirchenstreit«. Zwischen 1853 und 1861 rang die bischöfliche Behörde
mit dem nassauischen Kabinett um das Recht der Besetzung von
Pfarrstellen. Der 1861 eingegangene Kompromiss anerkannte die
Kirche erstmals als Partner und sah sie nicht mehr als einen zu
beaufsichtigenden Untertan.
Weitere Informationen zum Thema
Veröffentlichung des Kommunistischen Manifests durch Karl Marx und Friedrich Engels
Das Manifest der Kommunistischen Partei, auch Das Kommunistische Manifest genannt, ist ein programmatischer Text aus dem Jahr 1848, in dem Karl Marx und Friedrich Engels große Teile der später als „Marxismus“ bezeichneten Weltanschauung entwickelten.
Das Manifest entstand um die Jahreswende 1847/48 im Auftrag des Bundes der Kommunisten, der darin seine Anschauungen darlegen wollte. Es erschien am 21. Februar 1848 in London, kurz vor der Februarrevolution in Frankreich sowie der Märzrevolution im Deutschen Bund und in dessen größten Staaten Österreich und Preußen. Im Laufe der Zeit in mehr als 100 Sprachen übersetzt, wurde das Kommunistische Manifest im Juni 2013 in das UNESCO-Dokumentenerbe aufgenommen.
aus: Wikipedia.de/Manifest_der_Kommunistischen_Partei
Weitere Informationen zum Thema
Bau eines kleinen Hauses durch Katharina Kasper
Regelmäßig traf sich Katharina mit gleichgesinnten jungen Frauen, um gemeinsam zu beten und zu besprechen, welche Kranken die einzelnen Frauen im Laufe der Woche besuchen und wo sie ihre Hilfe anbieten können. Da die Mietwohnung nur wenig Platz für einen ungestörten Umgang mit den Frauen bot und diese für ein gemeinschaftliches Leben nicht ausreichte, begann sie mit dem Bau eines kleinen Hauses.
Obwohl mir keine Mittel zu Gebote standen, machte ich doch (…) im Jahre 1847 damit den Anfang. Ich dachte anfangs nur, ein kleines Zimmer an ein Häuschen anzubauen.
Zuerst reiste ich nach Limburg zum Hochwürdigsten Herrn Bischof und sprach mit Seiner Bischöflichen Gnaden, ob ich den Bau im Vertrauen auf Gott und wohltätige Menschen übernehmen solle, da mir gar keine Mittel zu Gebote ständen.
Das wenige Vermögen, welches ich besaß, (…) mußte ich (…) zur Unterstützung meiner Mutter verwenden. Der Hochwürdigste Herr Bischof hielt mich in meinem Unternehmen nicht zurück, sprach mir Mut zu, überließ jedoch die Ausführungen mir ganz. … Den wirklichen Bau fing ich an mit einigen Gulden, welche ich mit Handarbeiten verdient hatte und deckte mit diesen die ersten Auslagen.
Herr Bürgermeister Leiendecker war mir behilflich, einen passenden Bauplatz zu suchen und riet mir, ein zweistöckiges Häuschen zu bauen. Im Monat März 1847 wurde mit dem Hausbau begonnen, welches aus 3 Zimmern bestehen sollte und einem kleinen Holz- und Ökonomiegebäude. (…)
Da nun im Jahre 1848 die Revolution ausbrach, wurde mir allgemein geraten, den Bau nicht fortzusetzen. Ich bleib aber ganz ruhig und ließ mich von nichts abhalten, da ich nur den Willen Gottes erfüllen wollte … Im selben Jahre (1848), am 20. März, starb meine Mutter. Da im August selben Jahres diese unsere Wohnung fertig wurde, zog ich mit einem kranken Mädchen, Anna Gilles von hier, den 15. August ein.
Gründung der ersten kleinen Gemeinschaft
Bald fühlen sich andere junge Frauen von Katharinas Beispiel angezogen, und es kommt zu einer Vereinsgründung. Als Zweck des „frommen Vereins", wie Katharina den Zusammenschluss nennt, geben die Vereinsstatuten an: „Ausbreitung der Tugend durch Beispiel, Belehrung und Gebet".
Wie Katharina diesen Zweck praktisch zu erreichen sucht, beschreibt sie in den Vereinsstatuten: „Bei der Pflege der Kranken müssen die Mitglieder für die geistlichen und leiblichen Bedürfnisse derselben eifrig und pünktlich besorgt sein."
Gründung des Ordens "Arme Dienstmägde Jesu Christi"
Nachdem sie seit 1846 den Limburger Bischof Peter Joseph Blum mehrmals vergebens um eine Genehmigung gebeten hatte, besuchte dieser 1849 die kleine Gruppe in Dernbach und unterstützte ab da ihr Vorhaben. Erste Vorbereitungen zu den bischöflichen Statuten forderten einen Namen für die Gemeinschaft. Katharina entschied sich für »Arme Dienstmägde Jesu Christi«.
Im selben Jahr, den 15. August, wurden die ersten fünf eingetretenen Jungfrauen eingekleidet. Es waren diese: Katharina Kasper, Katharina Schönberger, Anna Maria Müller, Elisabetha Meuser und Elisabetha Haas. Dieselben wurden feierlich in Prozession von der Geistlichkeit und der Gemeinde in ihrer Wohnung abgeholt und zur Kirche geführt, wo sie vom Hochwürdigsten Herrn Bischof das Ordenskleid erhielten. Es hatte sich eine große Menge Volkes eingefunden aus der ganzen Gegend; da in dieser Gegen keine Ordensleute waren, hatten die guten Leute gar keinen Begriff und kannten nicht die Bedeutung dieses Festes. Der Hochwürdigste Herr sprach in seiner Predigt von der Entstehung unseres Vereins und Entwicklung desselben und dass, wenn Gott Wohlgefallen daran habe, derselbe zu einer Klostergemeinde später werde. An diesem Tage legten wir im Stillen unsere Gelübde vor dem Hochwürdigsten Herrn Bischof ab im Pfarrhause.
aus: Chronik des Mutterhaus
Katharina nimmt den Ordensnamen „Mutter Maria“ an
Einkrafttreten einer erweiterten bischöflichen Ordensregel
Reformen im Herzogtum Nassau
Stil des aufgeklärten Absolutismus wurde seitens der Landesherren
Ernennung Jakbob Wittayers zum Superior
1853 wurde Jakob Wittayer zum Superior der Gemeinschaft ernannt. Er nahm die erste Einkleidung von 12 Frauen in Dernbach vor.
"Im Jahr 1852 besuchte uns Herr Pfarrer Münz von Oberelbert (...) und bot sich an. zu uns als Priester zu kommen. Doch da seine Eltern ihm die größten Hindernisse in den Weg legten, so wurde aus der Sache nichts. Gott schien ihn nicht für uns bestimmt zu haben. Im selben Jahr kam ein Geistlicher aus unserer Nähe, Pfarrer Johann Jakob Wittayer, in Berod eingestellt, zu uns und erkundigte sich nach unserem Zweck und Berufe. (...) Dann fragte er an, ob wir die Kranken seiner Pfarrei daselbst pflegen wollten und ob es sein dürfe, daß die Schwestern. welche die Kranken pflegten, seine Haushaltung dabei fahrten. Es kam mir jedoch vor, als wenn dieser Priester derjenige sei, welcher uns von Gott zur Leitung bestimmt sei. (...) Seine Bischöflichen Gnaden gestatteten 2 Schwestern . (...) Da nun Herr Pfarrer Wittayer duch den Aufenthalt der Schwestern in seiner Genzeinde den Beruf und die Aufgabe unserer Genossenschaft mehr und mehr kennenlernte, so erkannte er die Notwendigkeit, daß ein Priester die Leitung derselben übernähme . (...) Im September 1853 kam Herr Pfarrer Wittayer zu uns. Hochw. Herr Bischof führte ihn ein und setzte ihn als Superior über uns."
aus: Chronik Sr. Beata
Erste Niederlassung in Camberg
Die erste Filiale entstand 1854 in Camberg, es folgten rasch Hadamar, Montabaur, Rüdesheim und Wiesbaden. Die Grüdnung in Camberg wurde veranlasst vom lokalen Politiker und Teehändler, Legationsrat Dr. iur. Moritz Josef Josias Lieber. Er war ein führender Kopf des nassauischen politischen Katholizismus. Hier wird schon das dominierende Prinzip der Gründungen sichtbar: Die Schwestern gehen nur dorthin, wohin sie auch eingeladen werden.
Weitere Informationen zum Thema
Eröffnung eines Lehrerinnenseminars in Dernbach
Der Orden eröffnet ein Lehrerinnenseminars in Dernbach, zu diesem Zeitpunkt zählt die Gemeinschaft bereits 138 Schwestern und hat 29 Filialhäuser im und außerhalt des Bistums Limburg.
Erste Filiale im Ausland: Niederlassung in Amstenrade
Der Orden eröffnet eine Filiale in Amstenrade (Bistum Roermond/Niederlande). 1859 brachte die Gründerin die ersten drei Schwestern aus Deutschland nach Amstenrade in die Niederlande. Die Gräfin Elvira d 'Ansembourg hatte Schwestern gebeten, sich um kranke und ältere Menschen zu kümmern. Vorher hatte sie ein Kloster bauen lassen. Damals gab es in der ganzen Gegend nicht viele Ärzte und gar keine Krankenhäuser. Die Schwester der Gräfin hatte ein Haus, in dem alte Leute gepflegt werden konnten. Allerdings mussten die entsendeten Schwestern sich zunächst in die dortige Lebensweise einfinden und die holländische Sprache lernen.
Otto von Bismarck wird Preußischer Ministerpräsident
Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen war ein deutscher Politiker und Staatsmann. Von 1862 bis 1890 – mit einer kurzen Unterbrechung im Jahr 1873 – war er in Preußen Ministerpräsident, von 1867 bis 1871 zugleich Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes sowie von 1871 bis 1890 erster Reichskanzler des Deutschen Reiches, dessen Gründung er maßgeblich vorangetrieben hatte.
Als Kanzler bestimmte er die Politik des neu geschaffenen Reiches – allgemein im Volksmund und in der Geschichtsschreibung wurde Bismarck daher auch der „Eiserne Kanzler“ genannt – und, bis auf eine kurze Unterbrechung, als preußischer Ministerpräsident bis zu seiner Entlassung 1890 entscheidend mit. Er setzte außenpolitisch auf einen Ausgleich der europäischen Mächte.
Innenpolitisch ist seine Regierungszeit nach 1866 in zwei Phasen einteilbar. Zunächst kam es zu einem Bündnis mit den gemäßigten Liberalen. In dieser Zeit gab es zahlreiche innenpolitische Reformen wie die Einführung der Zivilehe, wobei Bismarck Widerstand von katholischer Seite mit drastischen Maßnahmen bekämpfte.
Seit den späten 1870er-Jahren wandte Bismarck sich zunehmend von den Liberalen ab. In diese Phase fällt der Übergang zur Schutzzollpolitik und zu staatsinterventionistischen Maßnahmen. Dazu zählte insbesondere die Schaffung des Sozialversicherungssystems. Innenpolitisch geprägt waren die 1880er-Jahre nicht zuletzt vom repressiven Sozialistengesetz. 1890 führten Meinungsverschiedenheiten mit dem seit knapp zwei Jahren amtierenden Kaiser Wilhelm II. zu Bismarcks Entlassung.
aus: Wikipedia.de/Otto_von_Bismarck
Weitere Informationen zum Thema
Gründung erster Raiffeisengenossenschaften
Die von Raiffeisen gegründeten Darlehnskassenvereine in Anhausen, Engers und Heddesdorf verpflichten die Kreditnehmer erstmals zur Mitgliedschaft und können daher als echte Genossenschaften bezeichnet werden. Sie gelten heute als erste Genossenschaften im Raiffeisenschen Sinne.
aus: Raiffeisen2018.de
Deutscher Krieg
Der Deutsche Krieg, auch Preußisch-österreichischer Krieg, von 1866 war die kriegerische Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Bund unter Führung Österreichs einerseits und Preußen sowie dessen Verbündeten andererseits. Zu diesen Verbündeten Preußens gehörte außer kleineren deutschen Staaten auch Italien. Österreich hatte zudem einen Geheimvertrag mit Frankreich abgeschlossen, das neutral blieb.
Den Konflikt bezeichnete man später als den zweiten deutschen Einigungskrieg. Der vorhergegangene Krieg, der Deutsch-Dänische von 1864, schuf mit der preußisch-österreichischen Eroberung von Schleswig-Holstein einen der Gründe für den Deutschen Krieg. Der dritte dieser Kriege war der Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71.
Eigentliche Ursache für den Deutschen Krieg war die Rivalität von Österreich und Preußen im Deutschen Bund. Österreich galt als die Präsidialmacht, wollte seine Stellung bewahren und den Deutschen Bund im Wesentlichen erhalten. Preußen hingegen drang darauf, den Deutschen Bund in einen Bundesstaat umzuwandeln
aus: Wikipedia.de/Deutscher_Krieg
Das Herzogtum Nassau fällt an Preußen
1866 wurde das Herzogtum Nassau im Deutschen Krieg durch den preußischen Staat annektiert. Nassau war einer der Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes gewesen und hatte unter Führung Österreichs gegen Preußen und seine Verbündeten gekämpft. Das Gebiet des Herzogtums erstreckte sich im Wesentlichen auf Taunus und Wester wald. Im Deutschen Krieg pflegten die Armen Dienstmägde als Lazarett schwestern Verwundete.
Nach der völkerrechtswidrigen Eingliederung Nassaus in Preußen schlug Bischof Blum in Anerkennung der politischen Realitäten einen Preußen-freundlichen Kurs ein. Von vielen Katholiken – Klerus wie Laien – wurde diese Haltung abgelehnt.
Gründung in den Vereinigten Staaten von Amerika
Die Kongregation breitet sich rasch aus, zumal immer wieder junge Frauen um die Aufnahme in die Gemeinschaft bitten. 1868 fordert Bischof Blum Mutter Maria dazu auf, Schwestern in die Diözese Fort Wayne im Staat Indiana in Nordamerika zu schicken, nach¬dem der dortige Bischof um Schwestern für die Arbeit unter deutschen Auswanderern nachgesucht hat. Von Le Havre aus reisten die Schwestern mit dem Schiff nach New York.
Nach dem Bürgerkrieg in Amerika kam eine Anfrage aus der Diözese Fort Wayne, Indiana, um Hilfe, um den vielen deutschen Einwanderern zu dienen, die sich in der Gegend niedergelassen hatten. Unter den 200 Freiwilligen, die sich freiwillig für die Mission in Amerika gemeldet hatten, wurden acht deutsche Schwestern ausgewählt. Am 30. Juli 1868 verließen die acht Schwestern, begleitet von Catherine Kasper und ihrer Assistentin, das Dernbach. Am 14. August stiegen die Schwestern an Bord des Schiffes Pereyre und trafen zehn Tage später in New York ein. Nach einem kurzen Aufenthalt reisten sie weiter nach Hessen Cassel, einer kleinen Stadt außerhalb von Fort Wayne. Bis zum 10. September hatten die Schwestern die Leitung der Pfarrschule übernommen, wurden mit der Krankenpflege beauftragt und übernahmen die Verantwortung für die Belange der Pfarrkirche.
aus: www.poorhandmaids.org
Kaum in Amerika angekommen, bat der Generalvikar von Chicago die Schwestern bereits um ihren Einsatz in einem deutschen Waisenhaus im Norden Chicagos. Die Armen Dienstmägde leiteten das Angel- Guardian-Waisenhaus von 1868 bis 1974.
Deutsch-Französischer Krieg
Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 war eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich einerseits und dem Norddeutschen Bund unter der Führung Preußens sowie den mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt andererseits.
Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Nachdem Leopold von Hohenzollern seine Kandidatur bereits zurückgezogen hatte, stellte die französische Regierung weitere Forderungen an König Wilhelm I.: Wilhelm war nicht nur König von Preußen und Inhaber des norddeutschen Bundespräsidiums, sondern auch Haupt der Dynastie Hohenzollern. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck informierte die Presse über den Kontakt zwischen König und französischem Botschafter auf provokante Weise („Emser Depesche“). Dies erregte in Deutschland und Frankreich nationalistische Empörung. Am 19. Juli 1870 erklärte der französische Kaiser Napoléon III. den Krieg an Preußen.
aus: Wikipedia.de/Deutsch-Französischer_Krieg
Weitere Informationen zum Thema
Anerkennung der Kongregation durch Rom
Ein Institut des geweihten Lebens wird als Institut päpstlichen Rechts, lat. iuris pontificii, bezeichnet, wenn es vom Apostolischen Stuhl errichtet oder von ihm durch förmliches Dekret anerkannt wurde.
Institute päpstlichen Rechts stehen unter der Aufsicht des Heiligen Stuhls. Sie sind jeder Einflussnahme eines Bischofs entzogen, den sie lediglich noch zur Errichtung einer Niederlassung um Erlaubnis bitten müssen. Die oberste Aufsicht über Ordensmitglieder und Wirtschaftsführung wird durch die "Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens" durchgeführt, welcher der bzw. die Generalobere jährlich Bericht erstatten muss.
Päpstlichen Rechts können sowohl Männer- als auch Frauengemeinschaften sein.
Gründung des Deutschen Kaiserreichs
Die deutsche Reichsgründung erfolgte im Januar 1871 angesichts des gemeinsamen Sieges der deutschen Staaten im Deutsch-Französischen Krieg. Infolge der Novemberverträge von 1870 traten die süddeutschen Staaten Baden, Hessen-Darmstadt mit seinen Gebieten südlich der Mainlinie, Württemberg und Bayern zum 1. Januar 1871 dem von Preußen dominierten „Deutschen Bund“ bei.
Am gleichen Tag trat die neue Bundesverfassung in Kraft, wodurch der föderale deutsche Staat erheblich zum neu geschaffenen Deutschen Reich ausgedehnt wurde.
Als Reichsgründungstag wurde später jedoch der 18. Januar gefeiert, an dem der preußische König Wilhelm I. in Versailles zum Deutschen Kaiser proklamiert worden war. Zeitgenössisch wurde es als das „Zweite Deutsche Reich“ nach dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation bezeichnet.
aus: Wikipedia.de/Deutsche_Reichsgründung
Weitere Informationen zum Thema
Kulturkampf
In Deutschland wird als Kulturkampf im wissenschaftlichen Kontext ursprünglich der Konflikt zwischen dem Königreich Preußen bzw. später dem Deutschen Kaiserreich unter Reichskanzler Otto von Bismarck und der katholischen Kirche unter Papst Pius IX. bezeichnet; diese Auseinandersetzungen eskalierten ab 1871; sie wurden bis 1878 beendet und 1887 diplomatisch beigelegt.
Politisch ging es in Deutschland in erster Linie um die Macht und den Einfluss der organisierten katholischen Minderheit. Auch die protestantischen Kirchen waren vom Kulturkampf betroffen; sie standen aber nicht im Zentrum der Auseinandersetzung. Sie lassen sich auch nicht eindeutig einem Lager zurechnen, weil Maßnahmen gegen die katholischen „Konkurrenten“ durchaus auch in ihrem Sinne waren. Otto von Bismarck ging mit scharfen Mitteln gegen die katholische Geistlichkeit vor; dafür wurde er schließlich sogar von Protestanten und Liberalen kritisiert.
Ab 1878 kam es wieder zu einer Annäherung zwischen Staat und katholischer Kirche.
aus: Wikipedia.de/Kulturkampf
Der Kulturkampf im Bistum Limburg
1871 fand der von Bischof Blum unterstützte Aufbruch und die katholische Erneuerung mit dem Beginn des Kulturkampfs ein jähes Ende. Bischof Blum handelte bewusst gegen die neu erlassenen »Maigesetze« von 1873 und stellte verbotswidrig Geistliche ein.
Für seine kritische Haltung erhielt er vom Kirchenvolk viel Sympathie und Solidarität, wie beispielsweise durch das Bekenntnis durch die Urkunde der „Sieben Knaben zu Obertiefenbach“ vom 16. Juni 1874. Am 13. Juni 1877 wurde er vom staatlichen Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten wegen angeblicher Überschreitung der Maigesetze abgesetzt. Nachdem Blum seine Abwesenheitsverpflichtungen geregelt hatte, reiste er doch in vollem Ornat und eigener Kutsche zu den Dernbacher Schwestern nach Dernbach. Nach dort mit Beratungen verbrachter Nacht wechselte er in „normale priesterliche Tracht“ und fuhr mittels Klosterkutsche nach Koblenz. Von dort floh er ins Exil nach Böhmen, wo er im Schloss Haid des katholischen Fürsten Karl zu Löwenstein Zuflucht fand. Erst im Dezember 1883, ein Jahr vor seinem Tod, konnte er nach Limburg zurückkehren.
aus: Wikipedia.de/Peter_Joseph_Blum
Die Maigesetze
Bismarck und der preußische Kultusminister Adalbert Falk reagierten auf die Beschlüsse des 1. Vatikanums. Den Kern einer ganzen Reihe neuer Bestimmungen bildeten die so genannten Maigesetze des Jahres 1873. Nach der Änderung der kirchenfreundlichen preußischen Verfassung von 1850 im April 1873 war der Weg frei für schärfere Maßnahmen gegen die katholische Kirche. Eine Reihe von Gesetzen verlangte die deutsche Staatsbürgerschaft für Geistliche und ihre wissenschaftliche Ausbildung (Kulturexamen). Die Besetzung von Priesterstellen wurde an staatliche Zustimmung geknüpft. Die kirchliche Aufsicht über Priester sollte ausschließlich bei deutschen Kirchenbehörden liegen, wodurch die päpstliche Disziplinargewalt ausgeschlossen wurde. Priester, die sich nicht an die neuen Staatsgesetze hielten, konnten aus ihren Ämtern entfernt werden. Die Gesetze ergänzten ältere Bestimmungen, wie den Kanzelparagraphen, und bereiteten spätere vor, wie die Einführung staatlicher Personenstandsregister, aber auch Strafverfolgungen katholischer Priester und Bischöfe.
Im Bistum Limburg führte vor allem die staatliche Mitbestimmung bei der Besetzung kirchlicher Ämter zu erbitterten Konflikten. 11 Während der Staat dies nur als die Rückkehr zum bestehenden Recht vor 7 866 begriff, sah die katholische Kirche hierin einen tiefen Eingriff in ihre neuerstarkte Autonomie. 11 Nachdem bereits 1872 das Verbot des Jesuitenordens zur Auflösung seiner Niederlassung in Marienthal geführt hatte, eskalierte der Konflikt im Oktober 1873. Die Ernennung des Pfarrers von Balduinstein ohne staatliche Zustimmung durch Bischof Blum ahndete der Staat mit dessen strafrechtlich er Verurtei I u ng. Mehrere entsprechende Konflikte schlossen sich an. Allerdings führte die Solidarität der katholischen Bevölkerung, aber auch von Teilen der preußischen Verwaltung zu Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Maigesetze im Alltag. Die Maigesetze wurden in den Jahren nach 1878 teilweise abgemildert oder abgeschafft.
Stefan Ruppert
Weitere Informationen zum Thema
Ablegung der Ewigen Gelübde und erstes Generalkapitel
Katharina Kasper wird zur Generaloberin gewählt
Katharina Kasper war eine charismatische Persönlichkeit. Für sie stand das geistliche Leben, die Erfüllung des Willens Gottes, an erster Stelle. Auf diesem Fundament baute sie die Gemeinschaft auf und übte das Amt der Generalmutter aus: mit Gottvertrauen und Demut, zugleich aber mit Selbstbewusstsein. Schon früh begann sie damit, die Lei tungs aufgaben in einem Team von mehreren Assistentinnen aufzuteilen, denen sie hohes Vertrauen schenkte. Im Umgang mit Geist lichen respektierte sie deren kirchliches Amt, gab aber als Generalmutter nie die Letztverantwortung für Entscheidungen ab. Mit Beharrlichkeit verfolgte sie ihre Pläne, selbst wenn sie zunächst nicht durchzusetzen waren.
Katharina Kasper wurde in ihrem Amt fünfmal einstimmig vom Generalkapitel wiedergewählt, zuletzt drei Jahre vor ihrem Tod.
Um die Verbindung der Schwestern untereinander und den Glauben zu stärken, fanden jährlich Exerzitien im Mutterhaus statt.
Die Generaloberin sah in der Einhaltung der Ordensregel die Garantie für den Zu sammenhalt der Gemeinschaft. Sie erwartete von jeder einzelnen Schwester das Leben dieser Regel, die sie als Vor aussetzung dafür ansah, die innere Kraft für den täglichen Dienst aufzubringen und »Mühseligkeiten von aller Art« (Brief 64) anzunehmen. Die Verantwortung für die ihr Anvertrauten legte Katharina Kasper oft schwere Bürden auf. Mit einem gesunden Blick für Realitäten kümmerte sie sich persönlich um die Einsatzorte. Sie fragte nach dem Einvernehmen der Schwestern innerhalb der Konvente und mahnte, sich bei allem Einsatz gesundheitlich nicht zu übernehmen. Mit Fehlern anderer ging sie barmherzig um und versuchte zur Lösung in Konflikten beizutragen. Die oft mühevollen Visitationsreisen führten sie viele Wochen im Jahr zu den einzelnen Niederlassungen, die sie auch auf die Ausrichtung der Arbeit und die wirtschaftliche Tragfähigkeit hin prüfte.
Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands
Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) war eine sozialistische Partei im deutschen Kaiserreich. Sie entstand 1875 aus dem Zusammenschluss der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV). Ihre Geschichte war zwischen 1878 und 1889 geprägt von den Auswirkungen des Sozialistengesetzes. Nach dessen Ende benannte sich die Partei 1890 in Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) um, wie sie bis heute heißt.
aus: Wikipedia.de/Sozialistische_Arbeiterpartei_Deutschlands_(1875)
Dernbacher Schwestern im Kulturkampf
Das »Klostergesetz« (1875), durch das alle Genossenschaften aufgehoben wurden, die nicht in der Krankenpflege tätig waren, traf auch die Lehrschwestern an den Schulen der ADJC. Sie mussten Preußen verlassen.
Weitere Informationen zum Thema
Erste Sozialgesetzgebung im Deutschen Reich
Die Sozialgesetzgebung bzw. Sozialgesetze waren ein Versuch des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck, auf die – im Zuge der Industrialisierung entstandene – soziale Not der Arbeiterschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert zu reagieren. Bismarck hatte die politische Sprengkraft der extremen sozialen Gegensätze erkannt und wollte dem entgegenwirken, nicht zuletzt, um der sozialistischen Bewegung den Nährboden zu entziehen. Es galt, der noch jungen Nation zu beweisen, dass der Staat mehr zu bieten habe als die politischen Vertretungen der Arbeiterschaft, und sie auf diese Weise fest an die Regierung zu binden.
aus: Wikipedia.de/Sozialgesetzgebung
Weitere Informationen zum Thema
Endgültige Bestätigung der Kongregation durch päpstliche Anerkennung
Gründung des Deutschen Caritasverbands in Köln
Der Deutsche Caritasverband ist Dachverband der organisierten Caritas (lateinisch für Nächstenliebe, Hochschätzung) und Wohlfahrtsverband der römisch-katholischen Kirche in Deutschland. Er ist Teil der Liga der so genannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland. Die Spitzenverbände arbeiten zusammen in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Als Zusammenschluss von rund 6.180 rechtlich eigenständigen Trägern mit rund 617.000 Mitarbeitern gilt der Verband als der größte privatrechtliche Arbeitgeber Deutschlands. Zusätzlich engagieren sich rund 500.000 ehrenamtliche Helfer in den Einrichtungen der Caritas
Prälat Lorenz Werthmann gründete am 9. November 1897 in Köln den Charitasverband für das katholische Deutschland; der Sitz des Verbandes liegt heute in Freiburg im Breisgau. Bald entstanden weitere nationale Caritas-Organisationen in der Schweiz (1901), in Österreich (1903) und in den USA (Catholic Charities, 1910). 1916 erkannte die Deutsche Bischofskonferenz den Caritasverband als Zusammenfassung der Diözesan-Caritasverbände zu einer einheitlichen Organisation an. Im Jahre 1922 hatten alle deutschen Diözesen einen eigenen Diözesan-Caritasverband.
aus: Wikipedia.de/Deutscher_Caritasverband
Weitere Informationen zum Thema
Tod von Maria Katharina Kasper
Als sie am 2. Februar 1898 stirbt, hat sie 47 Jahre lang an der Spitze ihrer Gemeinschaft gestanden. Im Jahr 1871, auf dem ersten Generalkapitel der Kongregation, ist sie zum ersten Mal zur Generaloberin gewählt worden. Doch hat sie zu dem Zeitpunkt ihre Gemeinschaft –gerechnet von den ersten Anfängen an – bereits seit 23 Jahren geleitet.