Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Stefan Böntert / Winfried Haunerland / Julia Knop / Martin Stuflesser (Hg.)

 

Im Vorwort des vorliegenden Bandes heißt es, dass die Frage nach Macht in der Kirche noch lange nicht beantwortet sei, was ebenfalls durch die Beiträge nicht eingeholt werden könne. Dennoch zeigen die verschiedenen Autorinnen und Autoren die große Bandbreite dieser Fragestellung auf. In fünf Kapiteln wird sich dem Themenkomplex von Gottesdienst, Macht und Klerikalismus aus verschiedenen Perspektiven angenähert.

Beginnend mit den Symbolen von Macht und deren Inszenierung zeigt Julia Knop die „systemische Hervorhebung des Klerikers“ auf. So sei der liturgische Leitungsdienst den Männern „auf den Leib zugeschrieben“. Die Repräsentation Christi werde auf die Person im Sinne der Gestalt Jesu (vor seinem Tod), nicht auf die Rolle (des Auferstandenen) bezogen (29). Daran anschließend zeigt...

Heinrich Timmerevers / Thomas Arnold: Gefährliche Seelenführer?

 

Diese Publikation enthält die auf dem Kongress unter gleichnamigem Titel in der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen gehaltenen Vorträge. Das Themenheft bietet einen sehr guten Überblick über Vielfalt und Mehrdimensionalität des sog. geistigen und geistlichen Missbrauchs. Bischof Heinrich Timmerevers verweist auf die Verpflichtung, sich als Kirche umfassend zu sensibilisieren, um sie so als sicheren Ort einer gemeinsamen Glaubenserfahrung gestaltbar zu machen. Hierfür gilt als Voraussetzungen eine präzise Analyse von Mechanismen und Umständen, die einen geistlichen Missbrauch zulassen. Im Weiteren stellt er fest, dass geistiger und geistlicher Missbrauch dem sexuellen vorausgehen. Eine vermeintliche, missbräuchlich im Voraus geschaffene Vertrauens- und Glaubensbeziehung wird...

Charles de Foucauld: Allen ein Bruder

Der selige Charles de Foucauld, der von 1858 bis 1916 lebte, zeigte in seinem Denken und Glauben mögliche Wege geistlicher Vertiefung auf. Aufrichtig demütig zu sein, war sein Ziel. Er suchte den „letzten Platz“ in dieser Welt und wollte – in der Nachfolge Christi – ein „Unbekannter“ sein, „zu den Verlassensten“ sich begeben, nach Marokko und Nordafrika.

Die Menschen dort begegnen ihm sehr offen und mit großem Vertrauen. Er bewundert die Schönheit der Natur, die Schöpfung, das Heilige Land und den Nahen Osten. In jedem Lächeln, das ihm geschenkt wird, erkennt er Gottes Spuren. 1897 schreibt Charles eine kleine Betrachtung in Nazareth: „Jeder Arme, jeder Bedürftige, jeder Betrübte, jeder Leidende ist Jesus!“ Mit zärtlicher Emphase sieht er das Antlitz Christi in seinem Nächsten. Mit...

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (Hg.): Sünde, Schuld und Vergebung aus Sicht der evangelischen Anthropologie

Das Sündersein jedes Menschen ist wohl die anstößigste Botschaft des Christentums. Gottes Liebe wird gerne verkündigt und gehört, aber selbst als Sünder dastehen zu sollen, erscheint in unserer modernen Gesellschaft wie ein archaisches Ansinnen, das alte Opfervorstellungen und Bußriten hervorruft. Dagegen hält man es besser mit dem realistischen gegenseitigen Zugeständnis, dass jeder neben seinen Stärken auch Fehler und Schwächen habe. Diese entspannte Ansicht verflüchtigt sich aber bekanntermaßen schnell, wenn man die Fehler der anderen genauer in den Blick nimmt. Da heißt es, den Finger in die Wunde zu legen, vor der der andere die Augen verschließen will. Überhaupt hat unsere Mediengesellschaft das Richteramt auf ungeahnte Weise demokratisiert und jeder ist befugt und fühlt sich...

Thomas Quartier: Rituale Leben

Nach „Das Kloster im eigenen Leben. Monastische Spiritualität als Provokation“ (2016), „Heilige Wut. Mönch sein heißt radikal sein“ (2018) und „Lebenslieder. Ein Soundtrack für Klosterspiritualität“ (2019) erkundet der Benediktinerpater Thomas Quartier, Mönch der Abtei Keizersberg und Professor für Monastische Studien an der Katholischen Universität Leuven (BE), mit dem vorliegenden Band abermals die Relevanz von Klöstern für unsere heutige Gesellschaft. Grundmelodie dieser Suchbewegung ist die Frage nach Ritualen, die in Krisen- und Übergangszeiten Halt und in den Vollzügen des Alltags Struktur geben können.

Die Überlegungen gliedern sich in 10 Kapitel, die jeweils mit einer Schwarz-Weiß Fotographie eröffnet werden, die mehr als bloß schmückende Beigabe sind. Dem Kapitel „Zeit für...

Tomáš Halík: Die Zeit der leeren Kirchen

Die Abwendung von der Kirche ist nicht nur in Westeuropa ein bekanntes Phänomen. Der Prozess lief und läuft auch in den ehemals kommunistischen Ländern des Ostens ab. Zu beklagen ist damit nicht in erster Linie ein Verlust an Einfluss und Macht, sondern, viel tragischer, eine intellektuelle Auszehrung der Institution. Es sind ja gerade die redlich auf der Höhe der Zeit fragenden und suchenden Menschen, die sich mit den verfassten Kirchen Osteuropas, ihren mit der modernen Kultur fremdelnden Hierarchen, deren politischer Positionierung und letztlich deren Art zu denken und zu sprechen nicht mehr anfreunden können.

Der tschechische Theologe Tomáš Halík bemüht sich in seiner an der Touristenmeile gelegenen Prager Akademischen Pfarrgemeinde darum, gerade dieser Gruppe von Menschen ein...

Monika Neugebauer-Wölk: Kosmologische Religiosität am Ursprung der Neuzeit 1400-1450

Eine vertraute, durch Aufklärungsoptimismus und Fortschrittsglaube geprägte Lesart unserer Vergangenheit lautet ungefähr so: Ist im Mittelalter der Blick auf das in analoger Erkenntnis erfahrbare Wesen der in Gott fundierten Wirklichkeit bezogen, so verändert sich mit dem Beginn der Neuzeit die Perspektive. Die Naturbetrachtung wendet sich von der Wesensbeschreibung ab und zur Empirie hin, deren Gesetzmäßigkeiten für sich relevant werden. Das 15. und das beginnende 16. Jahrhundert sind etwa das Zeitalter großer geographischer, technischer und astronomischer Entdeckungen. Dann kommt die Aufklärung: Kritische Vernunft will sich von sich aus in den Kosmos einordnen. Sie betrachtet sich nicht mehr als durch göttliche Vernunft im Universum geborgen, sie will sich vielmehr selbst, wenn überhaupt...

Gerhard Lohfink: Ausgespannt zwischen Himmel und Erde

„Ausgespannt zwischen Himmel und Erde“: Der Titel dieses Buches des bekannten Neutestamentlers Gerhard Lohfink umschreibt treffend nicht nur den grundlegenden Standpunkt eines jeden Glaubenden zwischen der Erfahrung des Himmlischen und der festen Verwurzelung in allem Irdischen. Er passt zur inhaltlichen Weite der insgesamt siebzig kleinen Beiträge zu oft prominenten biblischen Texten, die über mehrere Jahre hinweg in verschiedenen Kontexten entstanden sind.

Der Autor bündelt die Vielfalt der angesprochenen Aspekte unter drei großen Überschriften: Teil I („Grundlegendes“) entfaltet die Eckpfeiler des christlichen Welt- und Menschenbildes auch vor dem aktuellen pandemischen Hintergrund von COVID-19 im Bogen von Schöpfung, Geschichte und Vollendung, von Gottes- und Christuserfahrung, von...