Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Walter Faerber: Visionen gegen die Monster

Die Offenbarung des Johannes fristet innerhalb der Liturgie und noch vielmehr innerhalb des Religionsunterrichtes und der pastoralen Praxis ein Schattendasein. Und wenn, dann wird dieses Beispiel neutestamentlicher apokalyptischer Literatur meist als ein Endzeit-Text gelesen. Völlig zu Unrecht, aber auch völlig nachvollziehbar. Denn der Reichtum ihrer Bilderwelt, ihrer Symbolik und ihrer innerbiblischen Bezüge hat nicht nur eine äußerst breit gefächerte Wirkungsgeschichte gezeitigt, sondern kann verstörend, ja abschreckend wirken. Daher verdient Walter Faerber Respekt, dass er als Pastor einer evangelischen Gemeinde bei Hannover und engagierter Unterstützer von Fresh X die Herausforderung nicht gescheut und die Texte der Johannes-Offenbarung in die Liturgie eingebunden und in Predigten...

Tiemo Rainer Peters: Entleerte Geheimnisse

„Was nicht festgehalten wird, ist nichts. Was festgehalten wird, ist tot.“(17) Dieses Wort von Paul Valéry zeigt das Spannungsfeld, in dem sich Tiemo Rainer Peters‘ Buch „Entleerte Geheimnisse – Die Kostbarkeit des christlichen Glaubens“ bewegt. Motiviert, etwas von dem Reichtum des Christseins dem Leser unserer Zeit zugänglich zu machen, etwas, von dem heutzutage oft kaum mehr als eine Worthülse oder ein den aktuellen Bedürfnissen angepasster Inhalt übriggeblieben scheint, lenkt Peters in jedem Kapitel den Blick auf einen Grundbegriff des Glaubens. Seine Absicht ist es, das verständlich zu machen, was die Tradition, insbesondere die Botschaft der Evangelien birgt, und damit zu vermeiden, den Glaubensinhalt dem Zeitgeschmack anzupassen.

So wird in jedem Kapitel nach einer einleitenden...

Hans Joas: Die Macht des Heiligen

 

Nicht nur die Mehrheit der Sozialwissenschaftler, sondern auch große Teile der Öffentlichkeit gingen bis vor kurzem noch davon aus, dass der Prozess der Säkularisierung unaufhaltbar sei, dass Religion und Kirchen im Zuge von Modernisierungsprozessen an Bedeutung verlören und sich irgendwann einmal vollständig auflösten. Die Geschichte der Moderne wurde als eine Geschichte der Entzauberung und der Emanzipation von kirchlicher Vormundschaft gedacht, wobei man sich immer gerne auf einen der Gründungsväter der modernen Soziologie, Max Weber, und dessen Narrativ von der Entzauberung der Welt als Teil des okzidentalen Rationalisierungsprozesses berief. In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die dieses Narrativ in Frage stellen. Zu den prominentesten und wohl einflussreichsten Kritikern der...

Manfred Lütz: Der Skandal der Skandale

 

Titel und Umschlagtext versprechen Großes: „Die geheime Geschichte des Christentums“ und „spektakuläre Ergebnisse“ werden dem Leser angekündigt. Manfred Lütz will die Geschichte der „unbekannteste(n) Religion der westlichen Welt“ (9) wissenschaftlich darstellen und landläufige Falschinformationen widerlegen, kurz: „Aufklärung im besten Sinne“ (12) betreiben. Dazu bedient der Autor sich des 800 Seiten starken Buches „Toleranz und Gewalt“ von Arnold Angenendt, dessen Ergebnisse er „einer breiteren Öffentlichkeit“ (12) zugänglich machen möchte.

Die zwölf Kapitel des Buches widmen sich Entstehung und Ausbreitung des Christentums im ersten Jahrtausend, Kreuzzügen, Inquisition und Hexenverfolgung, Indianermission und Aufklärung sowie Konfliktfeldern im 19. und 20. Jahrhundert. Den Abschluss...

Horst Dreier: Staat ohne Gott

Der Titel „Staat ohne Gott“ klingt nach einer atheistischen Streitschrift für eine Welt oder eine Gesellschaft ohne Gott. Bereits zu Beginn der Einführung stellt der Jura-Professor Horst Dreier, einer der renommiertesten Verfassungsrechtler Deutschlands, allerdings klar, dass dem keineswegs so ist. Denn die titelgebende Wendung zielt vielmehr auf den Umstand ab, dass sich der Staat in der modernen Grundrechtsdemokratie religiös-weltanschaulich neutral zu verhalten hat. Diese Neutralität des Staates und ihre Kehrseite – die Religionsfreiheit der Bürger – sind die beiden Säulen der Säkularität des freiheitlichen Verfassungsstaates.

Das erste Kapitel widmet Horst Dreier dem für das Buch grundlegenden Begriff der „Säkularisierung“, dessen Vieldeutigkeit die interdisziplinäre Diskussion...

Gerhard Lohfink: Der christliche Glaube erklärt in 50 Briefen

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Lohfink,

Sie versuchen, Familie Westerkamp in 50 Briefen den christlichen Glauben zu erklären. Ein informativer Anhang mit der kurzen Erläuterung wichtiger Begriffe ergänzt Ihre Ausführungen. Jeder Brief – mit Ausnahme des letzten an die junge Tochter, deren Situation in Ihren Briefen dennoch eine wichtige Rolle spielt – ist als Antwort auf einen vorangegangenen Brief von Frau bzw. Herrn Westerkamp konzipiert.

Von Anfang an gelingt Ihnen ein „wirkliches Gespräch“, dessen herzlicher Ton zu einer wachsenden Nähe zu Ihren Adressaten und den Lesern führt. Die Familie Westerkamp ist zwar fiktiv, die Briefe geben aber verdichtet reale Begegnungen mit und Fragen von Menschen aus Ihren vielen seelsorglichen Gesprächen wieder.

Die 50 Briefe können nicht den ganzen...

Hubert Philipp Weber: Credo

Hubert Philipp Weber, seines Zeichens Lehrbeauftragter für Dogmatik an der Universität Wien sowie theologischer Mitarbeiter von Kardinal Schönborn, legt mit „Credo“ eine kurze Einführung in die Glaubensartikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses vor. Dass ein Autor bei einem derart komplexen Gegenstand von vorne herein Schwerpunkte setzen muss und Auslassungen unvermeidlich sind, dürfte eine Selbstverständlichkeit sein. Ob eine solche Verdichtung in einer Einführung gelingen kann, die dem Leser keinerlei Vorkenntnisse abverlangen möchte, sei aber doch bezweifelt, selbst wenn der Verfasser einen trotz der Komplexität seiner Gedanken sehr angenehmen Stil schreibt.

Die Schwerpunkte seines Buches decken sich weitgehend mit seinen Interessen- und Arbeitsfeldern (mittelalterliche Theologie,...

Kardinal Óscar Rodríguez Maradiaga: Papst Franziskus und die Kirche von morgen

Interviews mit führenden Kirchenmännern haben Konjunktur. Benedikt XVI. nutzte dieses Instrument bereits, ebenso sein Nachfolger Franziskus. Interviews haben den Vorteil, dass unterschiedliche Themen angesprochen werden können. Das Gespräch mit dem honduranischen Kardinal Rodriguez Maradiaga ist voller Facetten. Aufgewachsen in einem Internat der Salesianer, nach Ausbildung und Studium als Lehrer tätig, mit 36 Jahren zum Weihbischof ernannt, ist seine große Leidenschaft die Sorge um die Jugend. Als Präsident von Caritas Internationalis war ihm die Sorge für die Krisenregionen der Erde anvertraut. Als Generalsekretär und Präsident des Lateinamerikanischen Bischofsrats kennt er den Episkopat des Kontinents weitgehend persönlich. Mit Kardinal Bergoglio arbeitete er unter anderem bei der...