Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Tiemo Rainer Peters: Entleerte Geheimnisse

„Was nicht festgehalten wird, ist nichts. Was festgehalten wird, ist tot.“(17) Dieses Wort von Paul Valéry zeigt das Spannungsfeld, in dem sich Tiemo Rainer Peters‘ Buch „Entleerte Geheimnisse – Die Kostbarkeit des christlichen Glaubens“ bewegt. Motiviert, etwas von dem Reichtum des Christseins dem Leser unserer Zeit zugänglich zu machen, etwas, von dem heutzutage oft kaum mehr als eine Worthülse oder ein den aktuellen Bedürfnissen angepasster Inhalt übriggeblieben scheint, lenkt Peters in jedem Kapitel den Blick auf einen Grundbegriff des Glaubens. Seine Absicht ist es, das verständlich zu machen, was die Tradition, insbesondere die Botschaft der Evangelien birgt, und damit zu vermeiden, den Glaubensinhalt dem Zeitgeschmack anzupassen.

So wird in jedem Kapitel nach einer einleitenden...

Moshe Navon / Thomas Söding: Gemeinsam zu Gott beten

 

Dieses Buch präsentiert eine interreligiöse Zusammenarbeit zwischen einem Rabbiner und einem Neutestamentler, nämlich von Moshe Navon, Landesrabbiner der liberalen Juden in Hamburg und Mitglied der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, und Thomas Söding, Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Nordrhein-Westfalen. Es ist der Versuch einer Auslegung der jüdischen wie christlichen Lesart des Vaterunsers. Beide Autoren sind darum bemüht, auch für Juden einen Zugang zum Vaterunser zu schaffen, und stellen die Frage, ob Juden gemeinsam mit Christen dieses Gebet sprechen können.

Diese Fragestellung ist berechtigt, denn das Vaterunser wurde von dem Juden Jesu gesprochen, der es an seine jüdischen Mitstreiter weitergab. Manche gehen...

Gerd Lindner (Hg.): Sakulowski. Weltbild

 

Ein irritierendes Titelbild voller emotionaler Wucht – besser gleich wegsehen oder doch hinschauen? Wer genauer hinsieht, wird mit dem Antlitz eines bärtigen Mannes konfrontiert, der ihn mit weit aufgerissenem Mund anzubrüllen scheint und mit beiden Augen, das rechte halb, das linke weit geöffnet, fixiert. Warum fletscht er seine Zähne? Ist er wütend – warum? Ist er empört – worüber? Quälen ihn Schmerzen – welche? Will er sein Gegenüber vertreiben – oder im Gegenteil seine Hilfe einfordern? Solche Uneindeutigkeiten fordern den Betrachter heraus – und lenken den Blick auf die außerordentliche Qualität der Zeichnung. Über dem Schreienden stehen die Worte „Sakulowski. Weltbild“: Wer ist „Sakulowski“ – und was meint „Weltbild“?

Horst Sakulowski ist Thüringer. 1943 in Saalfeld geboren,...

Mouhanad Khorchide / Klaus von Stosch: Der andere Prophet

In den letzten 15 Jahren sind einige Bücher und Beiträge erschienen, welche mithilfe einer Zusammenschau koranischer Texte und unter Berücksichtigung ihrer klassischen islamischen Auslegung die besondere Bedeutung Jesu im Koran betonen. Das vorliegende Buch ist allerdings der erste Text, der gemeinsam von einem muslimischen und einem katholischen Theologen verantwortetet wird. Er ist Ergebnis eines jahrelangen gemeinsamen Denk- und Suchprozesses zweier Systematiker. Während Klaus von Stosch sich mithilfe der komparativen Theologie dem Wahrheitsanspruch der Religion des anderen zu öffnen versucht, ist für Mouhanad Kkorchide die Barmherzigkeit Gottes im Koran der Garant für die Freiheit seiner Geschöpfe, denen er eine dialogische empathische Beziehung anbietet, so wie sie diese auch...

Hans Joas: Die Macht des Heiligen

 

Nicht nur die Mehrheit der Sozialwissenschaftler, sondern auch große Teile der Öffentlichkeit gingen bis vor kurzem noch davon aus, dass der Prozess der Säkularisierung unaufhaltbar sei, dass Religion und Kirchen im Zuge von Modernisierungsprozessen an Bedeutung verlören und sich irgendwann einmal vollständig auflösten. Die Geschichte der Moderne wurde als eine Geschichte der Entzauberung und der Emanzipation von kirchlicher Vormundschaft gedacht, wobei man sich immer gerne auf einen der Gründungsväter der modernen Soziologie, Max Weber, und dessen Narrativ von der Entzauberung der Welt als Teil des okzidentalen Rationalisierungsprozesses berief. In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die dieses Narrativ in Frage stellen. Zu den prominentesten und wohl einflussreichsten Kritikern der...

Thomas Bauer: Die Vereindeutigung der Welt

 

Beim Versuch, die jeweilige Zeit in Gedanken und Begriffe zu fassen, gab es immer schon soziologische Favoriten und Moden; in jüngster Zeit etwa die Termini „Erlebnisgesellschaft“, „Risikogesellschaft“ oder „postmaterielles Zeitalter“. Zur Zeit hat die „Ambiguität“ bzw. die „Ambiguitätstoleranz“ Konjunktur – gerade für Thomas Bauer (geb. 1961), den Münsteraner Professor für Islamwissenschaft und Arabistik, hochdekoriert 2012 mit dem „Leibniz-Preis“, der sich in seinem Reclam-Bändchen nicht nur zu Themen seines Spezialgebietes äußert, sondern auf gedrängtem Raum eine generelle Zeitanalyse im globalen Maßstab der westlichen und islamischen Welt versucht.

Zunächst präsentiert Bauer eine pessimistische Perspektive von Verfall und Dekadenz: Die moderne Welt entwickelt sich – materiell und...

Manfred Lütz: Der Skandal der Skandale

 

Titel und Umschlagtext versprechen Großes: „Die geheime Geschichte des Christentums“ und „spektakuläre Ergebnisse“ werden dem Leser angekündigt. Manfred Lütz will die Geschichte der „unbekannteste(n) Religion der westlichen Welt“ (9) wissenschaftlich darstellen und landläufige Falschinformationen widerlegen, kurz: „Aufklärung im besten Sinne“ (12) betreiben. Dazu bedient der Autor sich des 800 Seiten starken Buches „Toleranz und Gewalt“ von Arnold Angenendt, dessen Ergebnisse er „einer breiteren Öffentlichkeit“ (12) zugänglich machen möchte.

Die zwölf Kapitel des Buches widmen sich Entstehung und Ausbreitung des Christentums im ersten Jahrtausend, Kreuzzügen, Inquisition und Hexenverfolgung, Indianermission und Aufklärung sowie Konfliktfeldern im 19. und 20. Jahrhundert. Den Abschluss...

Christian Brüning / Robert Vorholt: Die Frage des Bösen

Der vorgelegte Themenband der Neuen Echter Bibel zur „Die Frage des Bösen“ hält, was der Klappentext verspricht: „Auf überschaubarem Raum und in verständlicher Sprache zeigen ausgewiesene Fachleute, was das Alte und das Neue Testament in den wesentlichen Fragen des Glaubens zu sagen haben“ – auch wenn Christian Brüning in seinem Fazit klar zusammenfasst, dass es sich bei der Frage des Bösen, zumindest in der Bibel, nicht um eine wesentliche Frage des Glaubens handelt.

Um zu diesem Fazit zu kommen, analysiert er im ersten Teil des Buches die Frage nach dem Bösen aus Sicht des Alten Testaments. Er gliedert seine Ausführungen in vier Teile; zuerst werden die Wirklichkeit und der Ursprung des Bösen beleuchtet, dann das Verhältnis von Gott und dem Bösen und zuletzt die Frage der Bewältigung...