Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Manuel Nägele: Die Bibel auslegen. Eine Methodenlehre

Dieses Buch ist eine sehr kenntnisreiche und umfassende Methodenlehre zur Auslegung biblischer Texte. Man spürt beim Lesen die Leidenschaft des Verfassers für sein Thema und seine vielfältigen Erfahrungen, vor allem in der neutestamentlichen Exegese. Das besondere Profil des Buches liegt zum einen darin, dass es sich auf alt- und neutestamentliche Texte bezieht. „Altes Testament“ meint dabei implizit den evangelischen Kanon ohne die Spätschriften. Zum anderen setzt Nägele für die Anwendung der Methoden keine Hebräisch- oder Griechischkenntnisse voraus. Allerdings nimmt er seine Leserschaft trotzdem in die Pflicht, sich mit den Urtextausgaben zu beschäftigen und philologisch präzise zu arbeiten.

Die vorgestellten Methodenschritte decken das Spektrum ab, das man bei einer Herangehensweise...

Gerhard Lohfink: Die wichtigsten Worte Jesu

Den Verfasser kennt man hierzulande. Er stammt aus dem Bistum, viele Seelsorger verfolgten seine Vorträge, kaum eine theologische Handbibliothek ohne eines seiner zahlreichen Bücher. Da erscheint seine neue Veröffentlichung als ein naheliegender Lückenfüller – nach zahlreichen Titeln über Jesus jetzt: dessen wichtigste Sprüche.

Worum geht es? Gesucht wird nach der authentischen Stimme Jesu in den Traditionstexten. Zu dieser Suche bedient der Verfasser sich der Methoden der Literarkritik; doch greift er weitgehend die festgefahrenen Fragen der wissenschaftlichen Vorgeschichte nicht auf, sondern setzt einen wissenschaftlichen Konsens über bekannte Antworten voraus. Diese konfrontiert er direkt mit den biblischen Belegstellen. In 70 Kapitel werden Logien, also in den Evangelien überlieferte...

Benjamin Dahlke / Cornelia Dockter / Aaron Langenfeld (Hg.): Christologie im Horizont pneumatologischer Neuaufbrüche

 

Das Dogma von der Dreifaltigkeit stellt die Grundlage des christlichen Glaubens dar. Dabei ist die Lehre von der Trinität als solcher (trinitas immanens) nur sinnvoll, um die Selbstmitteilung Gottes an uns („ökonomische Trinität“) auszusagen: Die Offenbarung Gottes besteht darin, uns Anteil an seinem dreifaltigen Leben zu geben. Die Menschen bekommen durch das sie in Anspruch nehmende Wort Gottes, das in Jesus Fleisch geworden ist (vgl. Joh 1,14), „im Heiligen Geist Zugang zum Vater“ (vgl. Vat. II, DV 2). Das Wort Gottes wird im Glauben als Wort Gottes erkannt, wobei der Glaube selbst Frucht des Heiligen Geistes ist. Glaube ist nicht Leistung des Menschen, sondern Gabe Gottes.

Den hier nur angedeuteten komplex-komplizierten Zusammenhängen von Christologie und Pneumatologie im Kontext...

Raphaela Brüggenthies: „Heilige Schwelle" Der frühe Heine – ein jüdisch-christliches Itinerarium

Wenn man lesend den Kosmos Heinrich Heines (1797-1856) betritt, nähert man sich gleich zwei Welten: einmal der eines der herausforderndsten deutschsprachigen Dichters seiner Epoche, darin ganz und gar individuell und einzigartig; gleichzeitig aber auch dem Leben einer repräsentativen Gestalt, hin- und hergerissen zwischen den Welten des ererbten Judentums und der durch Konversion erschlossenen Welt des (evangelisch geprägten) Christentums. Dass Heines Konversion kaum einer wirklich religiösen Überzeugung entsprochen hatte, dass er sie umgehend bereuen und später herunterspielen würde, das war bekannt. Auch, dass diese Taufe ihm primär als billet d’entrée zur kulturellen Zugehörigkeit dienen sollte – eine Wunschvorstellung, die sich nicht erfüllen würde – gehörte zum Allgemeinwissen über...

Wolfgang Beinert / Rosemarie Egger (Hg.): So viel Leid und Gott?

 

Große Fragen sind meist dadurch gekennzeichnet, dass es keine einfachen Antworten gibt. Oder wie es im Vorwort zum Buch heißt: „Fragen, die das Leben immer wieder Glaubenden, Suchenden, Zweifelnden stellt, Glaubensfragen, die uns existenziell bewegen. Darum geht es in diesem Buch.“ (5) Konkret geht es um die Frage nach der Vereinbarkeit von Leid und Gottes Existenz, dem großen Warum des Glaubens. Viel ist bereits dazu geschrieben worden – Traktate in der Philosophie und Theologie, literarische Umsetzungen, die biblische Hiobserzählung und ihre Auslegung.

Die beiden Herausgeber – die Schriftstellerin und Lyrikerin Rosemarie Egger (*1938) sowie Wolfgang Beinert (*1933), ehemaliger Professor für Dogmatik und Priester – wählen einen zweifachen methodischen Zugang mit einem reichen Angebot...

Martin W. Ramb / Holger Zaborowski (Hg.): Solidarität und Verantwortung oder Was Europa zusammenhält

Publikationen, die sich in besonderer Weise um Tagesaktualität bemühen, stehen in einer spezifischen Gefahr. Was im Moment der Planung und Durchführung eines solchen Projektes von drängender Aktualität ist, kann zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon überholt sein. So ist es dem vorliegenden Sammelband ergangen, der angesichts der Corona-Epidemie, der Finanzkrise, des Klimawandels und der nach Europa strömenden Migrationsbewegungen die Frage stellt, was Europa zusammenhält. Das Titelbild zeigt eine über der europäischen Landkarte schwebende Rettungsweste, und dass der Rand des Buchdeckels dabei ausgerechnet die Ukraine durchschneidet, wird zur traurigen Allegorie. Erst recht wirkt es aus der Zeit gefallen, wenn ein Beitrag die Europäische Union nicht nur einen „Glücksfall der Geschichte“...

Stefan Seidel: Grenzgänge. Gespräche über das Gottsuchen

Der Theologe, Psychologe und Journalist Stefan Seidel geht davon aus, dass Gott den allermeisten Menschen von heute „schlichtweg abhandengekommen“ sei. Spurenelemente des Glaubens oder auch nur des Staunens, wie sie an den Feiertagen oder im Urlaub aufkommen, sollten darüber nicht hinwegtäuschen. Über diese Annahme ließe sich trefflich disputieren, vermutlich trifft sie zuvorderst auf den spätmodernen, seinen spirituellen Quellen entfremdeten „Westen“ zu. Davon abgesehen lag es für den leitenden Redakteur der Leipziger Wochenzeitung „DER SONNTAG“ nahe, mit Zeitgenossen ins Gespräch zu kommen, die etwas von Gott, von ihren Erfahrungen mit Ihm, zu berichten wissen. Neunzehn Gespräche sind in dem Band versammelt, Glaubensweisen bekannter Persönlichkeiten wie der Autorin Marica Bodrožić, des...

Michael Theobald: Der Prozess Jesu

 

Die Frage nach dem historischen Jesus und den Anfängen der Christologie stehen nach wie vor im Zentrum der neutestamentlichen Exegese. Dennoch sind diachrone, überlieferungskritische Analysen heute eher selten. Besonders in der Johannesforschung überwiegt heute eine synchrone, narratologische Perspektive. Michael Theobald aber begreift die synchrone und diachrone Lesart als sich nicht ausschließende, sondern ergänzende Methoden. So verfolgt er mit vorliegendem monumentalen Band das doppelte Ziel, zum einen die vier kanonischen Passionserzählungen (PE) in synchronischer Lektüre literarisch und theologisch zu profilieren und zum anderen ihre Genese soweit wie möglich überlieferungskritisch zu rekonstruieren, um der Notwendigkeit eines historischen Diskurses und der Pluralität der...