Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Uwe von Seltmann: Wir sind da! 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Das Buch lässt sich am besten als eine Collage biografischer Skizzen beschreiben. Das Namensverzeichnis hat etwa 200 Positionen; es geht um Juden und einige wenige Menschen, die in Beziehung zum Judentum stehen. Die Lebensgänge werden im Zuge der Kapitel geschildert, einigen Kurzbiografien sind grafisch hervorgehobene Boxen gewidmet, viele Juden werden im Porträt gezeigt. Schließlich sind im Buch Boxen enthalten, die zentrale Begriffe des Judentums, zum Beispiel die Bedeutung des Schabbats und die Unterschiede zwischen Sephardim und Aschkenasim, kurz und durch Illustrationen unterstützt vorstellen. Markige Zitate werden an vielen Stellen farbig und in Großschrift zum Memorieren angeboten. Das Buch ist grafisch gelungen; es lädt dazu ein, bei einem Bild, einem Satz einzusteigen, um...

Ludmila Peters: Religion als diskursive Formation

Unbestreitbar kennt der Dialog von Religion und Literatur vielfältige Facetten. Entgegen dem vermeintlich unaufhaltsamen Dahinschmelzen des Religiösen durch Säkularisierungsprozesse ist ein weit verbreitetes und beständiges Interesse der Gegenwartsliteratur an religiösen Motiven, Fragestellungen und Konstellationen zu beobachten. Bemerkenswert ist dabei der Umstand, dass die Untersuchung religiöser Sujets vornehmlich und breit von einer literaturinteressierten Theologie betrieben wird, während sich die literaturwissenschaftliche Seite bislang eher verhalten an diesem Dialog beteiligte.

Ludmila Peters, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik und vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Paderborn, bearbeitet dieses Desiderat mit einer überaus anregenden...

Rüdiger Sünner: Zeige deine Wunde. Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys

Der Strom intellektueller Deutungen zur Kunst ist gewaltig; die Auffassung des Ästhetischen als eines „sinnlichen Scheinens der Idee“ (Georg W.F. Hegel) öffnete Schleusen, die die Abstraktion der Moderne und ihre konzeptuellen Ansätze noch weiter aufstießen.

Rüdiger Sünner, 1953 in Köln geborener und heute in Berlin tätiger Filmemacher und Musiker, stellt seine sensible spirituelle „Spurensuche“ im hochkomplexen und vielgestaltigen Gesamtwerk Joseph Beuys‘ eigenwillig mitten in diesen Strom hinein – ohne der akademischen Deutungslogik zu folgen. Was er erspürt hat, präsentiert der eindrückliche Film „Zeige deine Wunde“ von 2015. Fundierte Erkenntnisse sowie teils sehr persönliche Empfindungen und Gedanken schrieb der freie Autor während der Film-Produktion nieder und veröffentlichte sie...

Pierre Claverie: An der Nahtstelle zweier Welten. Muslime und Christen im Dialog

Mit einiger Ehrfurcht nimmt man diese Auswahl von Texten des 2018 seliggesprochenen Dominikaners Pierre Claverie über den Dialog zwischen Muslimen und Christen zur Hand, denn um den Preis seines eigenen Lebens hat sich Claverie im nachkolonialen Algerien in einer von Gewalt gegen Christen geprägten Zeit für ein friedliches Zusammenleben der Religionsgruppen eingesetzt. Als Bischof von Oran wollte er mit unbedingtem Willen zum Dialog auch angesichts des zunehmenden Terrors nicht resignieren und seine ihm anvertraute Herde der noch im Land verbliebenen Christen nicht verlassen. Doch der Hass sparte ihn nicht aus und so fiel er am 1. August 1996 zusammen mit dem erst 21-jährigen Mohamed Bouchikhi, der als Moslem ehrenamtlich für ihn arbeitete, einem Bombenanschlag zum Opfer.

Wer also wäre...

Andreas Knapp: noch knapper

Groß ist die Welt, winzig der Mensch. Freilich kann der Winzling über die ungeheuren Raum-Zeit-Dimensionen des Weltalls nachsinnen, diese wissenschaftlich erkunden. Die Erkenntnisse, die er dabei gewinnt, sind atemberaubend. Gedankliche und empirische Reisen in die Welt des Allerkleinsten wie des Allumfassenden bringen die Kenntnis von einer Welt, die uns genauso fasziniert wie befremdet. Wir wissen (fast) alles – und wir wissen (fast) nichts. Beide Positionen sind möglich, beide künden gleichzeitig vom Menschen selbst; dem „denkenden Schilfrohr“, der für Pascal „eine Mitte zwischen Nichts und All“ war.

Andreas Knapp, als Priester Mitglied der Ordensgemeinschaft der „Kleinen Brüder vom Evangelium“, als Poet kreativ und erfolgreich, legt mit den „99 Miniaturen“ auf knappstem Raum seine...

Martin W. Ramb / Holger Zaborowski (Hrsg.): Advent trotz(t) Corona

Was bedeutet Advent, wenn das unsichtbare Corona-Virus Leben bedroht und menschliche Begegnungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden müssen? Tastende Antwortversuche wurden zwischen dem 1. und dem 25. Dezember 2020 auf www.kath.de veröffentlicht, die von Martin W. Ramb und Holger Zaborowski in dem vorliegenden Buch zusammengestellt wurden. Es ist ein schönes Buch geworden, denn jeder Text wird von einem Foto einer in St. Agnes in Hamm erstmals gezeigten Krippeninstallation des „Instituts für Inszenierung“ begleitet: Kugeln aus unterschiedlichem Holz und in verschiedener Größe und Anordnung sowie ein herabschwebendes Licht ermöglichen einen ungewöhnlichen Blick auf das weihnachtliche Geschehen; zwei Beiträgen widmen sich dem Konzept dieser abstrahierenden Krippe.

Die 25 kurzen „Impulse...

Karl-Siegfried Melzer: Den 1. Johannesbrief heute lesen

Dieser (Kurz-)Kommentar zum 1. Johannesbrief des pensionierten Pfarrers Karl-Siegfried Melzer ist eine gelungene Hinführung in exegetische und bibeltheologische sowie religionskritische Fragestellungen für Religionslehrerinnen und -lehrer in der Sekundarstufe I und II. „Im Vorfeld“ werden einige einleitungswissenschaftliche (Er-)Klärungen zum 1. Johannesbrief – ohne Angabe des Verfassers und des Adressaten bzw. der Gemeinde wegen der „johanneischen Gemeinschaft im Ganzen“ (79) – kurz und prägnant gegeben, die der Rezensent ebenso teilt wie zum Beispiel die, dass die „Offenbarung ‚des Johannes‘“ nicht zu den johanneischen Schriften gehört. Diese Schrift greift der Autor nach einer 65-seitigen Durchsicht des 1. Johannesbriefes nochmals auf, um auf die eingangs kurz angeschnittenen Thesen...

Hans Kessler: Auferstehung?

Auferstehung – was soll das bedeuten? Die Auffassungen gehen weit auseinander: Was nicht wenige für reines Wunschdenken halten, gilt anderen als eine historische Tatsache; während gelegentlich bestritten wird, dass Jesus überhaupt am Kreuz gestorben ist, sehen manche in der Auferstehung ein psychologisch bedeutsames Hoffnungssymbol. Derartig widerstreitende Ansichten haben Hans Kessler veranlasst, sich noch einmal eingehend mit dem Thema zu befassen. Dazu ist er wie kaum ein Zweiter qualifiziert, hat er doch unter dem Titel „Sucht den Lebenden nicht bei den Toten“ 1985 ein Standardwerk über die Auferstehung Jesus Christi veröffentlicht, das in der 1995 ergänzten Neuauflage auf über fünfhundert Seiten angewachsen ist. Nun hat der inzwischen emeritierte Systematische Theologe unter...