Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Ansgar Beckermann: Naturalismus

Ansgar Beckermann ist bekannt für seine naturalistisch-materialistischen Bücher. Nun also erneut ein solches Buch, das sich zum Zweck dieser Weltanschauung auf die Naturwissenschaft beruft. Doch diese Berufung beruht auf gravierenden Missverständnissen. Der Verfasser geht davon aus, dass Naturwissenschaft Ganzheiten bottom-up aus den Teilen erklärt. Wenn ich die Eigenschaften der Teile kenne und die in ihnen wirkenden Gesetze, dann kann ich die Eigenschaften des Ganzen ableiten, so dass es also nichts Höheres, Eigenständiges gibt, das top-down wirken würde.

Diese Vorstellung wird weder von der Physik noch von der Biologie bestätigt. Wenn wir z.B. die Eigenschaften des Lichtes aus den Maxwellgleichungen ableiten, dann ist nirgends von „Teilen“ die Rede. Das ist ganz allgemein der Fall bei...

Stefan Böntert / Winfried Haunerland / Julia Knop / Martin Stuflesser (Hg.)

 

Im Vorwort des vorliegenden Bandes heißt es, dass die Frage nach Macht in der Kirche noch lange nicht beantwortet sei, was ebenfalls durch die Beiträge nicht eingeholt werden könne. Dennoch zeigen die verschiedenen Autorinnen und Autoren die große Bandbreite dieser Fragestellung auf. In fünf Kapiteln wird sich dem Themenkomplex von Gottesdienst, Macht und Klerikalismus aus verschiedenen Perspektiven angenähert.

Beginnend mit den Symbolen von Macht und deren Inszenierung zeigt Julia Knop die „systemische Hervorhebung des Klerikers“ auf. So sei der liturgische Leitungsdienst den Männern „auf den Leib zugeschrieben“. Die Repräsentation Christi werde auf die Person im Sinne der Gestalt Jesu (vor seinem Tod), nicht auf die Rolle (des Auferstandenen) bezogen (29). Daran anschließend zeigt...

Heinrich Timmerevers / Thomas Arnold: Gefährliche Seelenführer?

 

Diese Publikation enthält die auf dem Kongress unter gleichnamigem Titel in der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen gehaltenen Vorträge. Das Themenheft bietet einen sehr guten Überblick über Vielfalt und Mehrdimensionalität des sog. geistigen und geistlichen Missbrauchs. Bischof Heinrich Timmerevers verweist auf die Verpflichtung, sich als Kirche umfassend zu sensibilisieren, um sie so als sicheren Ort einer gemeinsamen Glaubenserfahrung gestaltbar zu machen. Hierfür gilt als Voraussetzungen eine präzise Analyse von Mechanismen und Umständen, die einen geistlichen Missbrauch zulassen. Im Weiteren stellt er fest, dass geistiger und geistlicher Missbrauch dem sexuellen vorausgehen. Eine vermeintliche, missbräuchlich im Voraus geschaffene Vertrauens- und Glaubensbeziehung wird...

Monica Black: Deutsche Dämonen

Die amerikanische Historikerin Monica Black sucht das Nachkriegsdeutschland der 1950er Jahre nach Dämonen, Hexen und Wunderheilern ab. Ihre These: Es gab in jener Zeit der unmittelbaren Kriegsvergangenheit eine auffallend hohe Zahl an Menschen, die davon überzeugt waren, dass höhere Mächte, böse Geister, wundersame Heiler existierten. Dahinter steckte der Versuch, so ihre Deutung, Schuldgefühle kollektiven moralischen Versagens zu kompensieren. Tatsächlich wurden Menschen der Hexerei bezichtigt, was dazu führte, dass ganze Dorfgemeinschaften sich spalteten. Für die Historikerin zeigen sich darin tiefe soziale Verwerfungen, die sich aus nicht aufgearbeiteten Verstrickungen (oder Nichtverstrickungen) von Menschen während des Dritten Reichs erklärten. Das Misstrauen in die Nachbarin, die...

Hans-Joachim Höhn: Experimente mit Gott

Die gängigen Methoden theologischen Denkens führen bei den Studierenden zu Langeweile und Lustlosigkeit. Deshalb will der Autor sich den zentralen Themen des christlichen Glaubens auf einem anderen, dem experimentellen Weg unter dem Motto „Versuch’s doch mal!“ nähern. Ihm liegt daran, nicht nur die Vernunft, sondern auch die Anschauung und die Kreativität einzubeziehen, um für die Sache zu begeistern.

Das 1. Kapitel lädt zum Experimentieren ein. Gegen die dogmatische Sperrformel „Mit dem Glauben experimentiert man nicht“ steht die Tatsache, dass Jesus sich auf Versuche und Experimente einlässt. Gleichnisse mit ihren ungewöhnlichen Szenen zielen auf die Vorstellungsmöglichkeiten seiner Zeitgenossen und leiten ein Umdenken ein. Dieses Vorbild greift die von Höhn skizzierte experimentelle...

Hans Joas: Im Bannkreis der Freiheit. Religionstheorie nach Hegel und Nietzsche

Als Jürgen Habermas im Jahre 2019 sein umfängliches Alterswerk „Auch eine Geschichte der Philosophie“ vorlegte, reagierte der Religionssoziologe Hans Joas in der Süddeutschen Zeitung mit einer würdigenden und gleichzeitig schneidenden Kritik. Der Philosoph und Soziologe Habermas hatte in seinem Werk die Leitfrage „Was ist Philosophie?“ im Sinne einer genealogischen Rekonstruktion durchbuchstabiert und in der Menschheits- und Philosophiegeschichte eine soziale Evolution hin zu einem nachmetaphysischen Denken, also hin auf die kommunikative Vernunft, entdeckt bzw. konstruiert. Hans Joas kritisiert genau diesen teleologischen Wurf, denn das Verhältnis von Glauben und Wissen sei zu eindimensional beschrieben und Habermas wiederhole mit seiner sozialen Evolution die Fortschrittsgeschichte...

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (Hg.): Sünde, Schuld und Vergebung aus Sicht der evangelischen Anthropologie

Das Sündersein jedes Menschen ist wohl die anstößigste Botschaft des Christentums. Gottes Liebe wird gerne verkündigt und gehört, aber selbst als Sünder dastehen zu sollen, erscheint in unserer modernen Gesellschaft wie ein archaisches Ansinnen, das alte Opfervorstellungen und Bußriten hervorruft. Dagegen hält man es besser mit dem realistischen gegenseitigen Zugeständnis, dass jeder neben seinen Stärken auch Fehler und Schwächen habe. Diese entspannte Ansicht verflüchtigt sich aber bekanntermaßen schnell, wenn man die Fehler der anderen genauer in den Blick nimmt. Da heißt es, den Finger in die Wunde zu legen, vor der der andere die Augen verschließen will. Überhaupt hat unsere Mediengesellschaft das Richteramt auf ungeahnte Weise demokratisiert und jeder ist befugt und fühlt sich...

Eugen Drewermann / Martin Freytag: Gott, wo bist du? Eugen Drewermann antwortet jungen Menschen

 

„Gott, wo bist du?“ Die Titelfrage des neuen Interviewbandes von Eugen Drewermann und Martin Freytag, der an den Vorgänger „Das Geheimnis des Jesus von Nazareth“ (Patmos Verlag, 2018) anknüpft, stellt sich im Erfahrungsraum aktueller (Natur-)Katastrophen noch einmal ganz neu. Es ist eine Frage, in der sich im Grunde sämtliche Fragen des Buches konzentrieren wie in einem Brennglas: die Kernfrage der Theodizee, die Drewermann als „Infragestellung der gesamten Schöpfungsordnung“ versteht (51). Zusammen mit seinem Interviewpartner Martin Freytag, Religionslehrer am Gymnasium Remigianum in Borken, möchte er seinen Zeitgenossen – gläubigen, suchenden, zweifelnden und atheistischen Menschen – argumentierend, kontextualisierend und illustrierend das Wagnis des Glaubens erschließen, den er als...