Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Uwe von Seltmann: Wir sind da! 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Das Buch lässt sich am besten als eine Collage biografischer Skizzen beschreiben. Das Namensverzeichnis hat etwa 200 Positionen; es geht um Juden und einige wenige Menschen, die in Beziehung zum Judentum stehen. Die Lebensgänge werden im Zuge der Kapitel geschildert, einigen Kurzbiografien sind grafisch hervorgehobene Boxen gewidmet, viele Juden werden im Porträt gezeigt. Schließlich sind im Buch Boxen enthalten, die zentrale Begriffe des Judentums, zum Beispiel die Bedeutung des Schabbats und die Unterschiede zwischen Sephardim und Aschkenasim, kurz und durch Illustrationen unterstützt vorstellen. Markige Zitate werden an vielen Stellen farbig und in Großschrift zum Memorieren angeboten. Das Buch ist grafisch gelungen; es lädt dazu ein, bei einem Bild, einem Satz einzusteigen, um...

Rachel de Boor u.a.(Hg.): „Und endlich konnten wir reden …“ Eine Handreichung zu jüdisch-muslimischem Dialog in der Praxis

 

In einer Zeit, in der die Stimmen populistischer Gruppierungen immer lauter und sowohl der Antisemitismus als auch der antimuslimische Rassismus immer häufiger in Erscheinung treten, ist der Dialog wichtiger denn je. Dieses Buch versteht sich als „Handreichung“ zum jüdisch-muslimischen Dialog. Verfasst wurde es von Stipendiatinnen und Stipendiaten des jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerkes (ELES) und des muslimischen Avicenna-Studienwerkes im Rahmen des jüdisch-muslimischen Thinktanks Karov-Qareeb (Hebräisch und Arabisch) für Nähe/Annäherung.

„MIT- statt ÜBEREINANDER“ zu reden ist das Motto des Buches, das weit über den Rahmen eines interreligiösen Dialoges hinausgeht. Im Vorwort, verfasst von den beiden Geschäftsführern Jo Frank (ELES) und Hakan Tosuner (Avicenna Studienwerk),...

Mauro Fosco Bertola / Christiane Solte-Gresser (Hg.): An den Rändern des Lebens

Im Hinblick auf Dz̑evad Karahasans Roman „Der nächtliche Rat“ schreibt Hanna Matthies: „Erst die Begegnung mit den Toten bringt ihm (dem Protagonisten, L. H.) seine Handlungsfähigkeit und seine Lebendigkeit zurück.“ (213) Der Titel des Sammelbandes ist passend gewählt: Die Ränder des Lebens zeigen sich dort, wo man seine Handlungsfähigkeit verliert. Wir können paradoxerweise durch den Tod allem eine Bedingung stellen: Entweder dieses oder jenes geschieht oder ich töte mich. Wir können aber nicht sagen: Ich lasse mich nur geboren werden oder ich sterbe nur, wenn … Die Ränder eines Lebens haben ihre eigene Bedingungslosigkeit und so wundert es nicht, wenn sie im künstlerischen Bereich wichtige Themen werden. Und weil der Traum auch eine Form der seine eigene Realität bedingenden...

Ludmila Peters: Religion als diskursive Formation

Unbestreitbar kennt der Dialog von Religion und Literatur vielfältige Facetten. Entgegen dem vermeintlich unaufhaltsamen Dahinschmelzen des Religiösen durch Säkularisierungsprozesse ist ein weit verbreitetes und beständiges Interesse der Gegenwartsliteratur an religiösen Motiven, Fragestellungen und Konstellationen zu beobachten. Bemerkenswert ist dabei der Umstand, dass die Untersuchung religiöser Sujets vornehmlich und breit von einer literaturinteressierten Theologie betrieben wird, während sich die literaturwissenschaftliche Seite bislang eher verhalten an diesem Dialog beteiligte.

Ludmila Peters, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik und vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Paderborn, bearbeitet dieses Desiderat mit einer überaus anregenden...

Thomas Alexander Szlezák: Platon

Thomas A. Szlezák, international renommierter Platon-Kenner, weist in seiner neuesten, ebenso voluminösen wie kenntnisreichen Studie nach: Platon will zur klaren Welt des Geistes und der Ideen emporsteigen. Sein berühmtes „Höhlengleichnis“ in der Politeia zeigt es: Ohne Ab- und Umkehr, metanoia, gibt es kein Verhältnis zur Wahrheit. Die Wahrheit aber gilt es zu erkennen. Sie ist das eigentliche Ziel und die Erfüllung des menschlichen Lebens. Es geht darum, den Weg aus der dunklen Höhle zu finden, den Aufstieg aus der Schattenwelt ins Licht zu wagen.

Erkenntnis und Leben, Wahrheit und Interesse gehören nach Platon zusammen. Zugegeben: Den Standpunkt des Protagoras, der Mensch sei das Maß aller Dinge, teilte er in letzter, d.h. ontologischer Konsequenz nicht. Dennoch war für Platon die...

Pierre Claverie: An der Nahtstelle zweier Welten. Muslime und Christen im Dialog

Mit einiger Ehrfurcht nimmt man diese Auswahl von Texten des 2018 seliggesprochenen Dominikaners Pierre Claverie über den Dialog zwischen Muslimen und Christen zur Hand, denn um den Preis seines eigenen Lebens hat sich Claverie im nachkolonialen Algerien in einer von Gewalt gegen Christen geprägten Zeit für ein friedliches Zusammenleben der Religionsgruppen eingesetzt. Als Bischof von Oran wollte er mit unbedingtem Willen zum Dialog auch angesichts des zunehmenden Terrors nicht resignieren und seine ihm anvertraute Herde der noch im Land verbliebenen Christen nicht verlassen. Doch der Hass sparte ihn nicht aus und so fiel er am 1. August 1996 zusammen mit dem erst 21-jährigen Mohamed Bouchikhi, der als Moslem ehrenamtlich für ihn arbeitete, einem Bombenanschlag zum Opfer.

Wer also wäre...

Martin W. Ramb / Holger Zaborowski (Hrsg.): Advent trotz(t) Corona

Was bedeutet Advent, wenn das unsichtbare Corona-Virus Leben bedroht und menschliche Begegnungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden müssen? Tastende Antwortversuche wurden zwischen dem 1. und dem 25. Dezember 2020 auf www.kath.de veröffentlicht, die von Martin W. Ramb und Holger Zaborowski in dem vorliegenden Buch zusammengestellt wurden. Es ist ein schönes Buch geworden, denn jeder Text wird von einem Foto einer in St. Agnes in Hamm erstmals gezeigten Krippeninstallation des „Instituts für Inszenierung“ begleitet: Kugeln aus unterschiedlichem Holz und in verschiedener Größe und Anordnung sowie ein herabschwebendes Licht ermöglichen einen ungewöhnlichen Blick auf das weihnachtliche Geschehen; zwei Beiträgen widmen sich dem Konzept dieser abstrahierenden Krippe.

Die 25 kurzen „Impulse...

Werner Schüßler: Warum die Welt nicht alles ist

 

Der Titel des Buches verweist auf die Sinnfrage, auf das, was unser Leben trägt. Der Autor stellt die Frage nach dem guten, erfüllten Leben im Kontext der von Wissenschaft und Technik geprägten Gegenwart und in Auseinandersetzung mit der immer weiter verbreiteten naturalistischen bzw. reduktionistischen Weltsicht. Dabei bezieht er Einsichten der philosophischen Tradition von der Antike bis zur Gegenwart ein und ist der Existenzphilosophie besonders verpflichtet.

Die Einleitung „Worum es hier geht“ kennzeichnet pointiert Schüßlers Anliegen, dass die Wirklichkeit mehr ist als das, was sich wissenschaftlich beweisen lässt. Es folgen drei etwa gleich lange Kapitel.

Das erste, grundlegende „Warum Philosophie kein überflüssiger geistiger Luxus ist“ thematisiert die metaphysischen, letzten...