Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Gerhard Lohfink: Das Geheimnis des Galiläers

Gerhard Lohfink will in einem fiktiven Nachtgespräch mit dem wissbegierigen, mitdenkenden Herrn Westerkamp, dem Repräsentanten seiner vielen treuen Leser, den wahren Anspruch Jesu aufweisen. Dieser bilde nämlich die verlässliche Basis des urchristlichen Kerygmas und der kirchlichen Christologie. Damit tritt der Autor der in der gegenwärtig wieder aufgenommenen liberalen Auffassung von der Vergottung Jesu ebenso entgegen wie dessen Verharmlosung in aktuellen Jesusbildern, z.B. als Heiler, Dichter oder religiöser Lehrer (Vorwort).

Zuversichtlich stellt Lohfink nach kurzem „Vorgeplänkel“ (1. Kapitel) schon am Anfang des Gesprächs heraus, dass im „Gestrüpp der Jesusforschung“ (2. Kapitel) festzuhalten sei: Die vier kirchlichen Evangelien berichten zuverlässig von Jesus und bringen zugleich...

Matthias Freudenberg / Georg Plasger (Hg.): Barth lesen

Karl Barth und seine Theologie gewinnbringend wahrzunehmen, wird nicht nur durch verschiedene (Vor-)Urteile – abstrakte Gedankengänge, endlose Sätze! – erschwert, sondern auch durch die Tatsache, dass sein Hauptwerk, die „Kirchliche Dogmatik“, an die 9.000 Seiten umfasst. Wer will sich das heute noch antun? Dass Barth ein humorvoller, leidenschaftlicher, pointierter, auf Verständlichkeit bedachter Schreiber und Redner war, der gerade in Predigt, Vortrag und Aufsatz zu großer Form auflief, ist weitgehend unbekannt. Da kommt das angezeigte Buch ganz recht, das ca. siebzig kürzere Textabschnitte aus verschiedenen Schriften Barths – darunter freilich auch die „Kirchliche Dogmatik“ – nach Themen geordnet vorlegt.

Den Anfang macht eine Sammlung biographisch gehaltener Texte und darauf folgen...

Hans G. Kippenberg: Regulierung der Religionsfreiheit

Der Autor geht in seinem Buch fundiert auf das Verhältnis Recht und Religion ein und spannt dabei einen weiten Bogen. Zunächst zeigt er auf, dass trotz der großen Bedeutung der Menschenrechte in der Gegenwart und ihres historischen Einzugs in den USA und in Frankreich gegen Ende des 18. Jahrhunderts keine durchgehende Kontinuität zwischen damals und heute vorliegt. Dieses legt er anhand einer detaillierten Auseinandersetzung mit dem Recht und der tatsächlichen Realität in der Gesellschaft dar. Die Gewährung von Religionsfreiheit war eine Pflicht von Staaten und Regierungen, die dem Völkerbund angehörten. Es war aber weder ein einklagbares individuelles noch ein einklagbares kollektives Recht einer Minderheit. Dann geht Hans G. Kippenberg darauf ein, wie sich ab 1945 die Religionsfreiheit...

Christoph Theobald: Christentum als Stil

„Auflösung oder Reform?“, vor dieser Alternative stand „das Christentum“ Europas in den Augen des Autors schon im Jahr 2015, als er in Regensburg die Joseph Ratzinger-Gastprofessur innehatte. Sie bildet das Grundgerüst für den inzwischen mit viel Aufmerksamkeit bedachten und hier zu besprechenden Band. Für Christoph Theobald kumuliert diese dezidiert europäische Frage konkreter in der Formulierung „Wie kann heute Hoffnung gemeinsam bezeugt und gegenseitiges Vertrauen ermöglicht werden?“ Der Fundamentaltheologe und Dogmatiker an der französischen Hochschule der Jesuiten in Paris (Centre Sévres) gliedert seine Überlegungen in fünf Kapitel und folgt dabei den beiden Reden von Papst Franziskus vor dem Europaparlament am 25. November 2014.

Ausgehend von der Diagnose, Europa stehe am...

Mirko Breitenstein: Die Benediktiner

Auf knapp 130 Seiten legt Mirko Breitenstein eine konzise und gut lesbare Einführung in die Geschichte der Benediktiner von den Anfängen bis in die Gegenwart vor. Als Ausgangs- und Angelpunkte nimmt der Autor dabei die Benediktsregel und deren Auslegungsgeschichte durch die benediktinischen Gemeinschaften.

Folgerichtig widmet Breitenstein das erste Kapitel der Regel selbst, die er als Norm und Lehrbuch des monastischen Lebens vorstellt. Dargestellt werden die Vorgaben zu Ämtern, Strukturen und Organisation des Klosters, die Wege ins Kloster – Eintritt, Übertritt und Kindesoblation – sowie der typisch benediktinische Wechsel von Gebet und Arbeit. Im Anschluss wendet sich der Autor Benedikt von Nursia zu, dessen Historizität letztlich fraglich bleibt, und erläutert, wie diese Figur etwa im...

Heinrich Wullhorst: Soziallehre 4.0

Unsere Lebenswelt verändert sich. Unsere Arbeitswelt verändert sich. Das Digitale ermöglicht neue Infrastrukturen, neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten. Lebens- und Arbeitswelt werden revolutioniert. So der Ausgangspunkt des Autors Heinrich Wullhorst. Welche Rolle spielt hierbei, in den Welten 4.0, der Mensch; welche Rolle kann der Mensch einnehmen?

Der Verfasser geht in seinem Buch „Soziallehre 4.0“ den aktuellen Fragen und Herausforderungen nach, die sich im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel stellen, und lässt dazu Wissenschaft und Politik zu Worte kommen. Lars P. Feld, Thomas Sternberg, Ulrich Hemel und weitere machen sich in kurzen Beiträgen Gedanken darüber, wie wir im digitalen Zeitalter (zwischen)-menschlich bleiben können. Auch diese Beiträge sind für Wullhorst der...

Burkhard Hose: Warum wir aufhören sollten, die Kirche zu retten

Mit seinem neuen Buch wirbt der zeitkritische Würzburger Hochschulpfarrer provokativ „für eine neue Vision des Christseins“. Nicht nur als Priester erfährt und hält er die heutige Kirche für tot. Wider jeglichen Klerikalismus plädiert er für Weltbetroffenheit und Geistesoffenheit. Außerhalb der Mauern der Kirche – gerade im Lebensalltag – gebe es mehr Wahrheiten zu entdecken als die kirchliche durch die Jahrhunderte tradierte „Wahrheit“, beispielhaft gefasst in Dogmen. Kirche ist dann wirklich in der Gegenwart angekommen, wenn sie nicht länger Antworten auf nicht gestellte Fragen gibt, sondern vielmehr auf die tatsächlichen Anliegen und Bedürfnisse heutiger Menschen hört. Auf den Punkt gebracht: eine Kirche, die endlich wieder lebendig ist. Diese Überzeugung spiegelt sich schon in der...

Martin Mosebach: Die 21. Eine Reise ins Land der koptischen Martyrer

Ein bemerkenswerter, aber nur selten thematisierter Aspekt von „Weltoffenheit“ besteht darin, dass die Offenheit gegenüber fremden Einstellungen und Gepflogenheiten häufig umso größer ist, je weiter die betreffende Kultur räumlich oder mental entfernt liegt. So verfolgt der aufgeklärte westliche Tourist mit Neugier und Interesse die Gesänge und Zeremonien der buddhistischen Mönche in dem Bergkloster, an dem er auf seinem Himalaya-Treck vorbeikommt, während er gegebenenfalls im heimischen Umfeld die religiösen Ausdrucksformen seiner christlichen Mitbürger als zu überwindendes Relikt aus der Kindheitsphase der Menschengattung empfindet und dies nach außen bekundet, ohne die Befürchtung hegen zu müssen, der Intoleranz geziehen zu werden. Auch innerhalb christlicher Kreise selbst lässt sich...