Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Arthur Schopenhauer: Das metaphysische Bedürfnis des Menschen

Zur Frage nach der Bedeutung von Religion für den Menschen ruft dieses Bändchen den Philosophen Arthur Schopenhauer als Experten auf. Zwei aus seinem Werk ausgewählte Texte sollen klären, „was dies alles bedeutet“. Den größten Raum nimmt ein Dialog aus den „Parerga und Paralipomena“ ein, in dem ein Demopheles (Mann des Volkes) und ein Philalethes (Freund der Wahrheit) gegeneinander auftreten. Man kann sich ausmalen, wie sich Schopenhauer genüsslich das Gespräch ausgedacht hat, in dem der Religionsgegner Philalethes durch den Mund seines Schöpfers spricht. Religion ist „Lug und Trug“, argumentiert Philalethes, sie beziehe ihre Kraft daraus, dass sie den Kindern früh durch die „Pfaffen“ eingeimpft wird. Sie gedeihe nur auf dem Boden der Unwissenheit. Demopheles unternimmt nur schwache...

Michael Domsgen: Religionspädagogik

An systematischen Darstellungen religionspädagogischer Theoriebildung herrscht im deutschsprachigen Raum weder auf evangelischer noch auf katholischer Seite Mangel. Die Fülle der Veröffentlichungen und deren Gehalt stehen freilich in einem umgekehrten Verhältnis zum religiösen Ertrag in schulischer und gemeindlicher Praxis. Das ist der Religionspädagogik nicht vorzuwerfen. Die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts zunächst im evangelischen Raum etablierende „Krisenwissenschaft“ (Grethlein) bemüht sich seither intensiv und mit wechselnden Strategien, Grundlagenwissen bereitzustellen für die Planung und Umsetzung zeitgemäßer und „pünktlicher“ religiöser Bildungsprozesse. Die nun erschienene profunde, fast sechshundert Seiten umfassende Darstellung des evangelischen Hallenser Religionspädagogen...

Hans-Joachim Höhn: Gottes Wort – Gottes Zeichen

Dem Autor geht es darum, den christlichen Glauben zu verstehen und rational zu verantworten. Bei dessen Vermittlung muss den Glaubenden das vernunftgemäße Verstehen ihrer Botschaft wichtiger sein als deren fromme Bezeugung. Die intellektuelle Redlichkeit ist jedoch eine spirituelle Tugend. Auf einem hohen philosophischen, sprachtheoretischen und theologischen Niveau stellt Höhn die Frage nach der Korrelation zwischen der Glaubensüberlieferung und der Lebenswirklichkeit des Einzelnen in der heutigen säkularen Gesellschaft, die im Denken, im Verhalten und in der Sinnorientierung auch ohne Gott auskommt.

Den Einstieg (Kapitel I) bildet die Frage, was das Leben, den Glauben und die Theologie bedeutsam macht. Die Sinnfrage, was es mit dem Menschen im Letzten auf sich hat, ist aus...

Gerhard Lohfink: Die vierzig Gleichnisse Jesu

Bitte, bitte – erzähl mir eine Geschichte …! So lernen Kinder die Welt kennen und verstehen: in Geschichten, die den schlichten Alltag ebenso umfangen wie die tiefsten Wahrheiten. Und vielleicht hört es nicht auf, dieses Lernen, wenn Menschen erwachsen geworden sind. Sie betteln dann nur nicht mehr so ungeschützt um die nächste Geschichte.

Die Menschen um Jesus herum lernten durch ihn und seine Geschichten eine neue Sicht auf die Wirklichkeit. Er spricht darin über Alltag und Fest, über Sorgen und Nöte, Normales und Außergewöhnliches – wie im echten Leben. Die insgesamt vierzig Gleichnisse Jesu finden sich eingefügt in die Texte der Evangelien. Klingt trivial? Nur auf den ersten Blick, denn die jeweilige Rahmung ist selbst schon ein Stück Auslegung. Gerhard Lohfink bemüht das passende...

Jochen Sautermeister (Hg.): Kirche – nur eine Moralagentur?

Eines gleich vorweg: Das hier zu rezensierende Buch kann als Urlaubslektüre niemandem mit gutem Gewissen empfohlen werden! Und das hat nicht einmal etwas mit dem durchaus relevanten Thema des 158 Seiten zählenden Bändchens zu tun. Im Gegenteil: Der Titel weckt größere Erwartungen, als sein Inhalt zu erfüllen in der Lage ist. Letzteres liegt weniger an den durchaus namhaften Autoren als an einer gewissen – mit Verlaub – herausgeberischen Naivität: Wer kaum ein Jahr, nachdem die MHG-Studie die moralische Glaubwürdigkeit der Kirche geradezu annihiliert hat, glaubt, auf die kirchlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen mit einem rein innerakademischen Diskurs reagieren zu können, hat wenig von den realen Spielräumen kirchlicher Selbstbehauptung in einem pluralistischen Lebenskontext...

Carlo Maria Martini: Maria Magdalena

 

Über den Dienst und die Aufgabe der Frau in der Kirche wird heute lebhaft diskutiert. Könnte Maria Magdalena ein Vorbild für unsere Zeit sein? Dieser besonderen Gestalt aus dem Neuen Testament nimmt sich der 2012 verstorbene Kardinal und Mailänder Erzbischof Carlo Maria Martini an. Er porträtiert einfühlsam Maria Magdalena und zeichnet ihr Charisma nach.

aria Magdalena erhebt keine Ansprüche auf Macht oder Geltung. Sie ist erfüllt, ja betört von Gott, von innen her sehnsüchtig nach der Nähe des Herrn. Martini weist darauf hin, dass der Auferstandene ihr zuerst erscheint. Demütig korrigiert er das Frauenbild des Kirchenvaters Ambrosius, der „sehr darauf bedacht ist, dass seine Jungfrauen einen reinen Geist und ein reines Herz haben“. Ambrosius kritisiert Maria Magdalena, die am Grab noch...

Hans-Dieter Mutschler: Was läuft falsch im Christentum?

Beiträge zur Analyse der Krise der Kirchen liegen zuhauf vor. Der Titel des vorliegenden Bandes sticht heraus. Nicht: Was läuft schief in der Kirche? – sondern: Was läuft falsch im Christentum? Hans-Dieter Mutschlers These: Das Handeln Jesu entspringt seinem Sein als wahrer Mensch und wahrer Gott. Es äußert sich in bedingungsloser Liebe. Die aus dem Leben und der Person Jesu abgeleitete Ethik ist, so Mutschler, eine Eliteethik in dem Sinne, dass ihr die Erfahrung gnadenhaften Beschenktseins durch die Liebe Gottes vorausgeht und den durch sie erfüllten Christen befähigt, diese göttliche Liebe durch sich selbst vorbehaltlos anderen zu schenken. Die radikale Christusnachfolge ist nicht für alle, sondern nur für die so Beschenkten. Alle anderen, die, in welcher Weise auch immer, sich dem...

Ludwig Feuerbach: Das Wesen der Religion

Wenn man den in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig erschienenen Text Ludwig Feuerbachs über „Das Wesen der Religion“ aufschlägt, ist man doch sehr gespannt, wie dieser atheistische Philosoph in einer Buchreihe positioniert wird, die „Große Texte der Christenheit“ vorstellen will. Feuerbach belegt immerhin nach fünf Bänden mit Texten von Luther, Bonhoeffer, Barth, Tillich und Lessing „Platz 6“ dieser offenbar protestantischen Größen gewidmeten Hitliste. Man erwartet Aufklärung vom Vorwort und von der ausführlichen Kommentierung des Herausgebers Georg Neugebauer. Der verweist mit seinem Vorwort aber nur kurz darauf, dass Feuerbach sich auf Luther und Schleiermacher berufe und seine Religionsforschung „unverkennbar auf Grundbegriffen und -motiven der protestantischen Theologie“ aufbaue,...