Eulenfisch - Limburger Magazin für Religion und Bildung

Andreas Stegmann: Die Kirchen in der DDR

Andreas Stegmann stellt in fünf chronologischen Kapiteln einen Überblick über die Geschichte der protestantischen und der katholischen Kirche in der DDR vor, die beide das Feld der etwa dreißig christlichen Religionsgemeinschaften auf dem Gebiet der DDR dominierten (8). Die die Diaspora als ihren Identitätsmarker verstehende katholische Kirche umfasste aufgrund der Fluchtbewegungen nach dem 2. Weltkrieg zunächst etwa ein Zehntel der Bevölkerung der Sowjetischen Besatzungszone / DDR, das rasch jedoch auf ein Zwanzigstel zusammenschmolz. Dem landeskirchlichen Protestantismus waren zunächst vier Fünftel der Bürgerinnen und Bürger der DDR zugehörig. Bis zum Jahr 1990 sank dieser Anteil auf ein Viertel. Unter den Freikirchen stellten mit etwa zehntausend Mitgliedern die Methodisten und...

Bernhard Maier: Die Bekehrung der Welt

Der Tübinger Religionswissenschaftler Bernhard Maier hat eine umfassende Missionsgeschichte seit dem 15. Jahrhundert vorgelegt. Allein das Literaturverzeichnis umfasst 53 Seiten!

Die Studie beginnt mit einer knappen Darstellung der Ausbreitung des Christentums in Antike und Mittelalter, geographisch gegliedert, aber immer in der Spannung zwischen „Bekämpfung und Aneignung fremder Religionen“ (22). In zwölf Kapiteln schreitet der Autor dann die Großregionen der Missionierung ab: Lateinamerika und die Karibik, Nordamerika, Indien, Japan, China, die Philippinen und die pazifische Inselwelt, den hohen Norden Europas, Asiens und Amerikas, den Vorderen Orient und Afrika. Einen besonderen Blick richtet er auf Indien, Japan und China im 19. und 20. Jahrhundert. Dabei werden einige Gemeinsamkeiten...

Ansgar Wucherpfenning: Wie hat Jesus Eucharistie gewollt?

Nach der dogmatischen Konstitution über die Kirche (Lumen Gentium 11) ist die Eucharistie „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“. Ihr kommt im kirchlichen Leben und in kirchlicher Lehre ein nicht zu unterschätzender Stellenwert zu. Bis zur Beschreibung der Eucharistie durch das 2. Vatikanum in Lumen Gentium 11 hat das eucharistische Mahl vielfältige Entwicklungen durchlaufen, verdankt sich aber ursprünglich jüdischer und hellenistischer Mahltradition, die von Jesus aufgenommen wurde und im Laufe der Kirchengeschichte ihre heutige Gestalt angenommen hat.

Ansgar Wucherpfenning, Professor für Exegese des Neuen Testaments an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen, fragt in der hier zu besprechenden Publikation provokativ: Wie hat Jesus die Eucharistie gewollt?...

Konrad Schmid: Die Bibel. Entstehung, Geschichte, Auslegung

Eine meisterhafte Einführung in die Bibel auf dem neuesten Forschungsstand.“ Das verspricht der Rückentext dieser Publikation von Konrad Schmid, der an der Universität Zürich als Professor für Alttestamentliche Wissenschaft und Frühjüdische Religionsgeschichte tätig ist und im Jahr 2019 zusammen mit Jens Schröter im C.H.Beck Verlag das Buch „Die Entstehung der Bibel. Von den ersten Texten zu den heiligen Schriften“ veröffentlicht hat. Es liegt die Vermutung nahe, dass das im selben Verlag und in der Reihe Beck Wissen erschienene Werk gewissermaßen das kleinere Geschwister der umfangreicheren Koproduktion ist.

Auf das einleitende Kapitel unter der Überschrift „Was ist die Bibel?“ (7-16) folgen der umfangreiche zweite Teil „Die Schriften der Hebräischen Bibel“ (17-77), der dritte Teil „Die...

Klaus Wengst: Wie das Christentum entstand

„Wie das Christentum entstand“, sollte uns nach 2.000-jähriger Geschichte und den Erkenntnissen, die wir mit Hilfe historisch-kritischer Analysen der biblischen und außerkanonischen Schriften erlangt haben, doch annähernd bekannt sein. Warum also lohnt es sich, darüber ein weiteres Buch zu verfassen oder zu lesen?

Der evangelische Neutestamentler Klaus Wengst nimmt jedenfalls an, dass selbst in kirchlichen Kreisen nicht immer klar sei, dass Jesus Jude und nicht „der erste Christ“ war und dass es mindestens mehrere Jahrzehnte gedauert hat, bis die an Jesus Glaubenden ein Bewusstsein und Selbstverständnis als eigene religiöse Gruppierung neben dem Judentum entwickelt haben. Dieser These geht er in seiner „Geschichte mit Brüchen im 1. und 2. Jahrhundert“ in einer dreistufigen Annäherung...

Die anarchische Kraft des Monotheismus. Eckhard Nordhofens „Corpora“ in der Diskussion

Versteht man den Monotheismus besser, wenn man seine Geschichte als Mediengeschichte erzählt? Eckhard Nordhofen hat diese Frage in seinem 2018 erschienenen, inzwischen in der 3. Auflage vorliegenden Bestseller „Corpora. Die anarchische Kraft des Monotheismus“ aufgeworfen – und bejaht. Seine souverän entfaltete Geschichte der wechselnden Gottesmedien Bild, Schrift und Körper hat in den betroffenen Wissenschaften und der interessierten Öffentlichkeit für Aufsehen gesorgt. Denn Nordhofen hat sich nichts Geringeres vorgenommen als den jüdisch-christlichen Monotheismus zu (re-)habilitieren. Dazu sucht er dessen anarchische Kraft nachzuweisen: Der zugleich an- und abwesende Gott entzieht sich sämtlichen Funktionalisierungen, so eine zentrale These des Buches; er bleibt bei aller Vertrautheit mit...

Gerhard Haase-Hindenberg: „Ich bin noch nie einem Juden begegnet...“

„Ich bin noch nie einem Juden begegnet ...“ ist ein Satz, den Juden häufig hören und Nichtjuden häufig äußern. Das ist nicht verwunderlich, denn das Judentum macht nur 0,19 % der Weltbevölkerung aus. Problematisch ist es allerdings der Judenhass, der früher und heute häufig von Menschen ausgeht, die keinen einzigen Juden kannten oder kennen. Wie gut, dass es Initiativen wie „Meet a Jew“ oder dieses Buch gibt. Der Autor beginnt mit einem Prolog, der einen historischen Überblick skizziert über „Das Leben mit den Juden – seit 1700 Jahren.“

Sehr berührend und eindrucksvoll werden die „Kurzbiographien“ der „zweiten Generation“, der Töchter und Söhne von Überlebenden des Holocaust vorgestellt. Der Leser erfährt, wie schwer die Integration dieser jüdischen Kinder, gerade kurz nach der Shoah, in...

Rüdiger Safranski: Einzeln Sein. Eine philosophische Herausforderung

In den letzten zwei Jahrzehnten hat der Begriff Influencer eine erstaunliche Karriere gemacht. Als solche werden – tendenziell jüngere – Menschen bezeichnet, die sich durch eine starke Präsenz in den sozialen Medien und ihren dort vermittelten Lebensstil ein Ansehen und vor allem eine große Zahl an Followern erworben haben. Die Influencer versuchen, Trends zu setzen und etwas Einzigartiges zu verkörpern, zugleich beruht ihr Geschäftsmodell darauf, dass sie von einer möglichst großen Schar von Fans geklickt und bejubelt werden. Das Phänomen veranschaulicht in den Farben des digitalen Umbruchs ein altes philosophisches, wohl auch anthropologisches Rätsel. Der Aufrechtgeher Mensch ist gerne „besonders“ und individuell, kann in der Regel jedoch nicht auf die Anerkennung durch die Gesellschaft...